Wien - Die Zahl der täglich neu bestätigten Schweinegrippe-Erkrankungen ist in den vergangenen Tagen mit etwa zehn pro Tag ziemlich konstant geblieben. Seit 9. August werden die Patienten in Österreich überwiegend zu Hause behandelt. Doch Kassen-Chefärzte bemühten sich vergangene Woche offenbar, Tamiflu-Rezepte bei der Bewilligung abzulehnen.

Trotz einer im Vergleich zu anderen Staaten in Österreich noch gar nicht richtig angelaufenen A(H1N1)-Welle wurden zwei Beispiele aus Wien bekannt, bei denen die Chefärzte erst nach Protest der verschreibenden Mediziner ihre Einwilligung für das Medikament Tamiflu gaben. In den vom Gesundheitsministerium herausgegebenen Regeln zur Verschreibung der antiviralen Medikamente Relenza oder Tamiflu heißt es, dass bei Verdachts- und Erkrankungsfällen die Medikamente "raschest, spätestens innerhalb von 48 Stunden, sofern nicht kontraindiziert" verabreicht werden soll.

Virusnachweis verlangt

Doch am 20. August hatte ein Wiener Hausarzt mit Kassenvertrag ein ganz anderes Erlebnis: Bei einer Patientin, die zuvor in Spanien war, stellte der Arzt einen hochgradigen Verdacht auf Influenza H1N1 fest. Er forderte die Bewilligung eines Tamiflu-Kassenrezepts an und bekam überraschenderweise eine Ablehnung zurück. Der Wiener Kassenarzt bestand auf die Bewilligung bzw. im Falle des Aufrechterhaltens der Ablehnung bitte er um eine ausführliche Begründung. Daraufhin bewilligte die Chefärztin zwar das Rezept, verlangte aber einen "Virusnachweis mittels PCR". Der Wiener Hausarzt: "Das hat mich mindestens eine Dreiviertelstunde gekostet. Wenn ich auf einen Labor-Virusnachweis warte, brauche ich Tamiflu gar nicht mehr zu verschreiben."

Zunächst war überlegt worden, ob die Patientin nicht ein Wiener Spital aufsuchen sollte. Als "umkomplizierter Fall" hätte sie dort aber laut den geltenden Empfehlungen nicht aufgenommen werden müssen. Außerdem hätte das wohl auch noch ein Infektionsrisiko für Schwerkranke im Krankenhaus bedeuten können.

Zweiter Fall in Wien

Eine ähnliche Erfahrung macht ein Hausarzt aus Wien. Seine Patientin war mit Grippesymptomen aus New York zurückgekommen. Zunächst funktionierte die Abwicklung der Bewilligung über das elektronische System (ABS) aus technischen Gründen nicht. Dann wurde das Medikament vom Chefarzt abgelehnt. Erst beim zweiten Anlauf bewirkte der Arzt die Umstimmung und Zusage der Bewilligung des Medikamentes.

Keine Bewilligungspflicht bei echter Krankheitswelle

Rudolf Holoubek, Chefarzt bei der KFA, erklärte dazu gegenüber der APA - ohne den speziellen Fall zu kennen -, dass es schon ein "harter Verdacht" auf Schweinegrippe sein müsse, um eine Bewilligung zu rechtfertigen. Bei einer echten Krankheitswelle werde sowieso die Bewilligungspflicht - wie bei einer normalen saisonalen Influenza-Epidemie - aufgehoben. (APA/red)