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IAAF-Präsident Lamine Diack ist "überhaupt nicht glücklich", über die Vorgangsweise seines Verbandes.

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Berlin/Johannesburg - Die Empörung wegen des vom Internationalen Leichtathletikverbandes IAAF für Südafrikas Ausnahmeläuferin Caster Semenya angeordneten Geschlechtstest schlägt auch über die WM hinaus hohe Wellen. Die IAAF übt sich in mittlerweile Selbstkritik. "Es ist ganz klar. Wir hätten es besser machen können", sagte Präsident Lamine Diack am Schlusstag der 12. Weltmeisterschaften in Berlin. Aber: "Das ist definitiv kein rassistischer Akt."

Zugleich betonte die IAAF, dass mit der Anordnung des Tests der Athletin kein bewusstes Fehlverhalten vorgeworfen wird. "Wenn die Ergebnisse des Tests vorliegen, werden sie in adäquater Weise in Absprache mit Semenya und dem nationalen Verband veröffentlicht." Semenya war vor drei Wochen aus dem Nichts mit dunkler Stimme und Weltjahresbestzeit (1:56,72) aufgetaucht, am Mittwoch hatte sie ganz überlegen den Titel über 800 Meter gewonnen.

"Wir waren überhaupt nicht glücklich über die unseriöse Behandlung des Falles", bekannte Diack, der Leonard Chuene - Vorsitzender des südafrikanischen Verbandes und Councilmitglied - nur mit Mühe vom Rücktritt abhalten konnte. "Den Fehler hat die IAAF zu verantworten. Dadurch ist erheblicher Schaden entstanden, für den man sich bei der Athletin, dem Verband und Südafrika zu entschuldigen hat", sagte der Deutsche Helmut Digel, ebenfalls Mitglied im Council, zum Umgang mit der sensiblen Angelegenheit, die zur Affäre ausgewachsen ist.

"Ich lege Wert darauf, dass es keine Frage der Diskriminierung Südafrikas ist", so Digel. "Wir Deutschen haben bei dieser Geschichte keine Rolle gespielt. Da es aber hier bei der WM in Berlin passiert ist, hat es auch mit Deutschland zu tun." Ursache für die indiskrete Handhabe sei eine Informations-Panne in der IAAF gewesen.

Ergebnisse nicht anerkennen

Die Südafrikaner wollen sich aus Protest trotzdem bei der UNO-Menschenrechtskommission beschwerenl. Die IAAF habe in erheblichem Maße die "Rechte und Privatsphäre" der Läuferin untergraben, hieß es. Das Ergebnis des Tests lässt jedenfalls auf sich warten. Zunächst war man davon ausgegangen, innerhalb einer Woche Bescheid zu bekommen.  Chuene will diese aber ohnehin nicht anerkennen. Der Verband wird das Ergebnis, ob positiv oder negativ, nicht anerkennen", erklärte  er laut der Sonntagszeitung "City Express".

Im Land am Kap dominierte das Thema Semenya auch am Wochenende fast alle Titelseiten der Zeitungen. Der Vorsitzende der Nachwuchsorganisation des African National Congress (ANC), Julius Malema, forderte die Athletin auf, ihre WM-Goldmedaille aus Protest zurückzugeben: "Wir geben ihr hier echtes Gold in Afrika." Südafrikas Innenminister Nkosazana Dlamini Zuma hatte Semenya am Sonntag angerufen und ihr gesagt, dass das Land stolz auf sie sei. In einer Erklärung kritisierte er zudem, dass die Läuferin mit diesem "Angriff um ihren Lohn" gebracht werden soll.

Für Dienstag, wenn Semenya in ihre Heimat zurück erwartet wird, ist eine große Feier für ihren Empfang geplant. Zugleich wurde landesweit für diesen Tag zu Protestkundgebungen gegen den Test aufgerufen. Das Ganze wird mittlerweile zunehmend als "Beleidigung des Landes" verstanden. Der traumatisierte Teenager sei Südafrikas "neue Saartjie Baartman" - eine Buschmann-Frau, die einst als Kuriosität im kolonialen Europa begafft worden war. Ihre Gebeine wurden erst vor wenigen Jahren zur Bestattung in heimischer Erde von Frankreich nach Südafrika übergeführt, meinte Chuene in der "Saturday Star". (red)