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Vor dem von einer Autobombe beschädigten Außenministerium werden "blast walls" abgeladen

Foto: Getty Images/Muhannad Fala'ah

Bagdad - Vier Tage nach der verheerenden Anschlagsserie in Bagdad haben die Behörden weitere Konsequenzen gezogen: In der irakischen Hauptstadt wurde der Abriss von Schutzmauern aus Beton gestoppt, wie am Sonntag aus dem Innen- und aus dem Verteidigungsministerium verlautete.

Nach den Anschlägen mit 95 Toten habe die Regierung entschieden, die widerstandsfähigen Mauern gegen Sprengstoffanschläge vorerst nicht weiter abzubauen, sagten zwei Ministeriumsvertreter, die anonym bleiben wollten.  Die Mauern ziehen sich an den Grenzen vieler Stadtteile Bagdads entlang und hemmen den Verkehrsfluss in der Hauptstadt.

Die Entscheidung stellt einen Rückschritt auf dem Weg in Richtung einer Normalisierung des Lebens in Bagdad dar. Seit dem Rückzug der US-Truppen aus irakischen Städten und Dörfern in ihre Hauptstützpunkte hat die Zahl der Anschläge im Land wieder stark zugenommen. Am Mittwoch waren bei den Autobombenanschlägen in der Nähe des Finanz- und des Außenministeriums mindestens 95 Menschen getötet und mehr als 550 weitere verletzt worden. Vor dem schwer beschädigten Außenamt bauten Arbeiter am Sonntag eine neue Betonmauer, die Straße war weiterhin für den Verkehr gesperrt. 

Geständnis

 

Vier Tage nach der Anschlagsserie mit mehr als 100 Toten haben die irakischen Streitkräfte am Sonntag das Geständnis eines mutmaßlichen Drahtziehers der Bluttat veröffentlicht. Zuvor war scharfe Kritik an Sicherheitslücken laut geworden, und Abgeordnete hatten Ermittlungen gefordert um zu klären, wie die Attentäter Kontrollstellen in der Nähe von Regierungsgebäuden passieren konnten. Die Männer hätten Bestechungsgelder von mehreren tausend Dollar gezahlt, erklärte der Verdächtige in seinem Geständnis.

Bei dem Mann handele es sich um ein ranghohes Mitglied von Saddam Husseins Baath-Partei, der vor seinem Anwalt und der Staatsanwaltschaft gestanden habe, erklärten die Streitkräfte. Der 57-Jährige floh nach eigenen Angaben im Juli 2006 nach Syrien und kehrte ein Jahr später in den Irak zurück. Er habe in der Stadt Mukdadiya, 90 Kilometer nördlich von Bagdad, die Baath-Partei wiederbeleben wollen, erklärte er.

Nach Militärangaben ist der Sunnit der Drahtzieher eines der Autobombenanschläge vom Mittwoch. Das gesamte Netzwerk, das für zwei Anschläge auf das Außen- und Finanzministerium verantwortlich war, sei festgenommen worden, sagte Militärsprecher Kassim al-Moussawi. Weitere Geständnisse sollten in den kommenden Tagen veröffentlicht werden.

Außenminister beschuldigt Polizei und Militär

Der irakische Außenminister hat schwere Vorwürfe gegen die Sicherheitskräfte des Landes erhoben. Hoschijar Sebari beschuldigte Polizei und Militär am Wochenende der Komplizenschaft mit den Attentätern, die am Donnerstag fast 100 Menschen in den Tod gerissen hatten. Zugleich kritisierte der kurdische Politiker die Entscheidung von Ministerpräsident Nuri al-Maliki, Kontrollpunkte und Schutzmauern an mehreren Ministerien entfernt zu haben.

Maliki ging in seiner ersten Erklärung seit den Anschlägen nicht auf die Vorwürfe ein und zeigte sich am Samstag sicher, den Kampf gegen den Extremismus zu gewinnen. Sebari, dessen Ministerium bei den Anschlägen schwer beschädigt worden war, warf der Regierung vor, sich in falscher Sicherheit zu wiegen. "Man sollte die Dinge beim Namen nennen und aufhören, unnötige optimistische Erklärungen abzugeben", sagte er. Die Sicherheitslage habe sich verschlechtert und werde sich in den nächsten Tagen weiter verschlechtern.

Schwere Vorwürfe erhob Sebari gegen die Sicherheitskräfte. "Nach unseren Informationen gab es eine Zusammenarbeit von Sicherheitsbeauftragten und den Mördern und Killern." Beweise dafür lieferte er nicht. Er begründete seine Aussage aber damit, dass die Angreifer von Polizisten oder Soldaten unterstützt worden sein müssten, um die Kontrollpunkte passieren zu können, da große Lastwagen tagsüber nicht ins Stadtzentrum dürften. Die irakische Regierung ist nach dem Abzug der US-Kampftruppen aus den Innenstädten für die Sicherheit dort verantwortlich.

Die Anschläge, die gegen mehrere besonders bewachte Ministerien gerichtet waren, haben das Vertrauen in die irakischen Sicherheitskräfte erschüttert. Die Regierung hat Al Kaida und Anhänger der verbotenen Baath-Partei des früheren Machthabers Saddam Hussein für die Anschläge verantwortlich gemacht. Eine Zunahme der Gewalt wird nach einem Jahr relativer Ruhe auch aus der Provinz Anbar gemeldet. Sie war in einem massiven Militäreinsatz der USA befriedet worden, nachdem sie lange als gefährlichste Region im Golfstaat gegolten hatte. (APA/Reuters)