"Der Lehrer wird gleichgesetzt mit einer Art Sozialarbeiter, der vielleicht noch das Glück hat, dass er dafür einen gewissen Raum zur Verfügung hat, weil sonst müsste er vielleicht sogar als Streetworker arbeiten", beklagt Rosenkranz, dass das Ansehen des Lehrers als "Respektsperson" immer mehr "verkommt".

Foto: derStandard.at/Zielina

"In der Medienpoltik, Kulturpolitik und in der Bildungspolitik geht es um die letzten ideologischen Bastionen. Dort wird die Zukunft entschieden.", so Rosenkranz über die Frage, warum Bildungspoltik so gestritten wird.

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"Unsere Vorstellung wäre, dass ältere Lehrer nicht mehr in die Klasse gehen, sondern an der Schule eine gewisse Fachbereichsaufsicht haben", so Walter Rosenkranz über mögliche Ausstiegszenarien für Lehrer.

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Für den Bildungssprecher der FPÖ, Walter Rosenkranz, sollen sich die "autochthone Bevölkerung" und "die, die zugezogen sind" bei der Bildung nicht gegenseitig "im Weg herum stehen". Früher waren LehrerInnen noch "Respektspersonen", heute sind sie zunehmend Sozialarbeiter, beklagt Rosenkranz im Gespräch mit derStandard.at. Die FPÖ-Forderung nach getrennten Klassen für Kinder mit deutscher Muttersprache und solche mit nicht-deutscher Muttersprache will er in Form eines "intensiven Sprachtrainings" auch im Kindergarten umgesetzt sehen. Das Gespräch führte Sebastian Pumberger.

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derStandard.at: Sie begrüßen den Anmeldeboom an den Pädagogischen Hochschulen. Gleichzeitig fordern Sie Ausstiegsszenarien für burn-out-gefährdete Lehrer. Wie sollen solche Szenarien aussehen?

Rosenkranz: Im Moment bedeutet einmal Lehrer immer Lehrer. In sonstigen Verwaltungsdiensten kann man zwischen Abteilungen wechseln. Ausstiegsszenarien soll es bei älteren Lehrern geben, die mit der Klasse nicht mehr so zu Rande kommen. Wir wollen die Qualität der erfahrenen Lehrer aber nicht komplett missen. Unsere Vorstellung wäre, dass ältere Lehrer nicht mehr in die Klasse gehen, sondern an der Schule eine gewisse "Fachbereichsaufsicht" haben. Dies kann von der Beratung junger Kollegen bis zur Auswahl von Schulbüchern reichen. Es geht uns aber nicht nur um den Ausstieg, sondern auch um den Einstieg. Wir wollen Erfahrungen im Bildungsbereich interner wie externer Natur nutzen. Ein konkretes Beispiel, dass wir uns auch vorstellen, ist der erleichterte Zugang zum Bildungsbereich für Fachleute.

derStandard.at: Fachleute haben aber keine pädagogische Ausbildung. Müssen die dann Ihrer Meinung nach einen Kurs durchlaufen?

Rosenkranz: Es wäre sicher notwendig, dass man es in irgendeiner Form überprüfen kann. Wobei ich glaube, dass eine didaktische oder pädagogische Ausbildung speziell bei praxis-orientierten Dingen nicht so wahnsinnig gut ist. Alle die Personal- und Managementerfahrung haben, können auch sehr leicht in diesem Bereich tätig werden. Wenn man im Rahmen einer pädagogischen Hochschule einen qualitativ guten Kurs, nicht unbedingt einen Schnellsiedekurs, dazu macht, warum nicht.

derStandard.at: Muss man am Berufsbild von LehrerInnen selbst etwas ändern?

Rosenkranz: Wenn man es in den letzten 50 bis 100 Jahre betrachtet: Früher waren der Bürgermeister, der Pfarrer und der Oberlehrer die Respektspersonen. Das verkommt immer mehr. Der Lehrer wird gleichgesetzt mit einer Art Sozialarbeiter, der vielleicht noch das Glück hat, dass er dafür einen gewissen Raum zur Verfügung hat, sonst müsste er vielleicht sogar als Streetworker arbeiten. Die Diskussion um zwei Stunden mehr Unterricht in der Klasse hat ja auch gezeigt, welches Spannungsverhältnis von der Bevölkerung dem Lehrberuf entgegengebracht wird. Das sind die "Owezahrer", das sind die, die nur Ferien machen, und so weiter. Das Image des Lehrberufs hat deutlich gelitten. Schuld daran sind auch die eigenen Standesvertreter. Die Lehrergewerkschafter sind nicht diejenigen, die nach außen erkennbar für den Lehrerstand Positives bewirken.

derStandard.at: Die Grünen fordern, das "Sitzenbleiben" abzuschaffen. Sie hingegen sahen darin eine "Torpedierung des Leistungsgedankens". Sie fordern Wiederholungsprüfungen bei nur einem Fünfer. In diesen soll zumindest "der Wille zum Aufstieg" beurteilt werden, auch wenn die Prüfung selbst negativ ist. Trauen Sie den Schülern nicht zu, dass Sie sich im nächsten Jahr bessern?

Rosenkranz: Ich traue jedem alles zu. Oft ist es so, dass zu Schulende feststeht, ob jemand aufsteigt oder nicht. Da sagt sich der Schüler: "Klass, jetzt ist absolute Lenzzeit". Ich weiß nicht ob die Eigenverantwortung so groß ist, dass über die Ferien nachgelernt wird. Daher unsere Forderung: Auch mit einem Fünfer Wiederholungsprüfung. Der Lehrer kann dann sehen, ob der Schüler etwas getan hat oder nicht und ob der Wille da war oder nicht. Das ist kein generelles "Nein" zum Aufsteigen mit dem Fünfer.

derStandard.at: Eine Forderung von Ihnen und Ihrer Partei ist die Einführung getrennter Klassen von österreichischen Kindern und nichtmuttersprachlichen Schülern. Haben Sie ein Problem damit, wenn Ihre Kinder gemeinsam mit Ausländern in einer Klasse sitzen?

Rosenkranz: Das Problem wird sich dann ergeben, wenn meine Kinder aufgrund des unterschiedlichen Aufnahmevermögens schlechten Schulerfolg bekämen. Damit ist beiden Gruppen nicht gedient. Selbstverständlich sollen aus der ganzen Bevölkerung Kinder in eine Klasse, wenn alle in der Lage sind, dem Unterricht gleich zu folgen. Sonst muss man immer auf die Schwächeren Rücksicht nehmen oder beinhart sagen "Nix kapiert, nichtgenügend, setzen". Das ist es aber auch nicht. Wir wollen, dass dort, wo die deutsche Sprache nicht ausreichend beherrscht wird, zuerst viel intensiver die Sprache gerlent wird und dann die Schüler in die Regelklassen hineinkommen.

derStandard.at: Für welche Altersgruppe soll dieses Modell angewandt werden?

Rosenkranz: Das soll möglichst früh beginnen, nach Möglichkeit schon im Kindergarten. Alle Parteien sind, glaube ich, einer Meinung, dass der Frühkindbetreuung ein viel stärkeres Augenmerk gewidmet werden muss. Auch was die Ausbildung der KindergärtnerInnen betrifft.

derStandard.at: Das heißt also, Sie wollen auch im Kindergarten schon getrennte Gruppen?

Rosenkranz: Beim Spielen nicht. Aber man kann zum Beispiel sagen, hier gibt es für eine bestimmte Gruppe ein-, zweimal die Woche ein intensives Sprachtraining.

derStandard.at: Würde diese Teilung nicht auch in den weiterführenden Schulen zu einer Trennung führen?

Rosenkranz: Die Sprache ist der wichtigste Integrationsfaktor. Wir wollen unterstützen, dass sich Kinder, auch Migrantenkinder, besser eingliedern und bessere Arbeitsplatzchancen haben. Das geht nur über die Sprache. Dazu gibt es auch Modelle, wie zum Beispiel in Skandinavien. Auch ÖVP-Bildungssprecher Amon schwärmt vom finnischen Modell, wo gesagt wird, zuerst muss die Sprache erlernt werden, dann wird in den ganz normalen Schulbereich eingegliedert.

Ich sehe die Linie der Freiheitlichen darin, dass wir den Neuzuzug verhindern und die, die da sind, bestmöglich integrieren. Da gehören die Bildungschancen für die Jungen dazu. Die die legal da sind, sollen auch gefördert werden. Wechselseitig sollen sich die autochthone Bevölkerung und die, die zugezogen sind, bei der Bildung nicht gegenseitig im Weg herum stehen.

derStandard.at: Sehen Sie Reformbedarf bei der Schulverwaltung?

Rosenkranz: Bildungspolitik muss vermehrt Bundespolitik werden. Gerade dort, wo es um die Verwaltungsposten geht, wird massiv parteipolitischer Druck ausgeübt. Das ist der Grund warum sich die ganzen Landesfürsten das nicht wegnehmen lassen wollen. Ich möchte gerne von der Ministerin geklärt haben - da wird es eine Anfrage geben in der nächsten Zeit - wie viele Lehrer in Landtagen, Gemeinderäten und Bundesorganen tätig sind. 

derStandard.at: Wie geht es Ihnen als Bildungssprecher in Ihrer Partei und im Nationalrat? Ist Bildungspolitik ein zähes Geschäft, das von Kollegen belächelt wird?

Rosenkranz: Nein, das nicht. Man weiß, es gibt drei Bereiche wo Ideologie maßgeblich ist. Wenn eine Autobahn oder ein Krankenhaus gebaut wird, ist es keine Frage, ob man ein Linker oder ein Rechter ist. In der Medienpolitik, Kulturpolitik und in der Bildungspolitik geht es um die letzten ideologischen Bastionen. Dort wird die Zukunft entschieden. (Sebastian Pumberger, derStandard.at, 24.8.2009)