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Bagdad/Doha/London - Je näher die britischen und amerikanischen Truppen der irakischen Hauptstadt kommen, desto größer sind die Schwierigkeiten, in die sie geraten: In Kerbala, rund 80 Kilometer vor Bagdad, stieß die Koalition auf heftigen Widerstand. Dort ist die erste geschlossene Formation der Republikanischen Garden stationiert, die sich in einem ersten großen Verteidigungsring um die Stadt eingegraben haben (siehe Grafik). Die US-Luftstreitkräfte, die deren Stellungen mit Jagdbombern und Hubschraubern angriffen, erlitten Verluste. Das irakische TV meldete den Abschuss zweier Apache-Kampfhelikopter, Bauern hätten die 25 Millionen Dollar teuren Hubschrauber mit Kalaschnikows vom Himmel geholt. Die Airforce bestätigte den Verlust eines Hubschraubers. Die Piloten des abgestürzten Apache wurden vorerst vermisst.

Die 3. US-Infanteriedivision, die als erste Einheit auf Bagdad vorstößt, ist in Najaf in schwere Gefechte verwickelt worden. Weiter südlich, in Nasiriya, starteten die Amerikaner eine zweite Offensive. Dort waren am Sonntag mehrere GIs in einem Hinterhalt umgekommen und fünf Soldaten gefangen genommen worden. Die nachrückende 101. US-Luftlandedivision kommt indes kaum voran. Sandstürme behindern den Vormarsch. Die langen Nachschublinien sind weit gehend ungesichert.

Aus Basra wurden unterdessen Kämpfe um den dortigen Flughafen gemeldet, so genannte Fedajin-Saddam-Einheiten leisten britischen Panzer- und Infanterieverbänden erbitterten Widerstand. Ebenso ist Umm Kasr noch immer nicht zur Gänze in der Hand der Angreifer, an die 100 Iraker sollen laut britischem Verteidigungsministerium weiter kämpfen. Zwei Briten seien gefangen genommen worden. Reporter der BBC berichteten, dass die Kommandeure nicht so früh mit so großem Widerstand gerechnet hätten.

Tommy Franks, der Oberbefehlshaber der Koalitionstruppen am Golf, erklärte am Montag im Zentralkommando in Katar dennoch, dass die Offensive gut laufe. "Wir haben dramatische Fortschritte gemacht", so der amerikanische Vier-Sterne-General in dem Briefing, bei dem wieder Bilder von Luftangriffen gezeigt wurden. Es gebe "sporadischen Widerstand", dies sei aber keine Überraschung. Meldungen, dass US-Soldaten eine Chemiewaffenfabrik entdeckt hätten, relativierte der General. Darüber könne man erst in einigen Tagen etwas sagen. Man habe aber gute Informationen von den inzwischen etwa 3000 Kriegsgefangenen erhalten.

Spezialeinsätze

Auch über den Aufbau einer zweiten Front im Norden wollte Franks nichts Genaues sagen. Nur so viel: Amerikanische, britische und australische Spezialtruppen seien im irakischen Kurdengebiet im Einsatz. Außerdem wurde Krikuk im Zentrum des nördlichen Ölgebietes verstärkt bombardiert. Neuerliche Luftangriffe gab es auch auf Bagdad. Laut irakischen Behörden sind allein von Sonntag auf Montag dabei 62 Menschen umgekommen und mehr als 400 verletzt worden.

Lewis Moonie, Staatssekretär im britischen Verteidigungsministerium, erklärte am Montag: Die Eroberung von Bagdad sei eine "große Unbekannte" in dem Feldzug. Es gebe jedoch immer die "Möglichkeit, dass der Widerstand zusammenbricht, wenn man lange genug wartet". Moonie sprach von einer Kriegsdauer von "Wochen", wollte sich aber nicht auf eine Zeitbegrenzung festlegen. Die "Hauptzielsetzungen" der Kriegsstrategie seien trotz des erheblichen Widerstands irakischer Soldater intakt. Es gehe jetzt darum, die Lage "vorsichtig zu konsolidieren".

Konsolidiert war die Situation etwa in Rumaila nicht. Obwohl die Koalition das große Ölfeld südlich Basra als "sicher" eingestuft hatte, tauchten dort wieder bewaffnete Iraker auf. Eine bereits geplante Journalistenreise dorthin musste kurzfristig abgesagt werden. (DER STANDARD, Printausgabe, 25.3.2003, Reuters, AP, dpa, AFP, red)