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"Fünf Kinder gibt's nur in Talkshows, nicht im echten Leben. Bei unserem Junior – meinem dritten Kind in drei Jahren und dem sechsten Kind meines Mannes – äußerten viele Leute offen ihre Kritik an unserer Familienplanung. Andere wiederum dachten sich, dass bei uns offensichtlich sowieso schon Hopfen und Malz verloren war", schreibt Therese Bauer.

Foto: APA/La Sept/ARTE

Spagat. Im Ballettunterricht habe ich es nie so ganz geschafft und mich irgendwie durchgeschummelt. Beim Thema Kind und Karriere geht es mir genauso. Der Spagat missglückt. Im Gegensatz zur Ballettübung ist es meiner Erfahrung nach aber so gut wie unmöglich, als Mutter all das zu sein, was man will und dabei auch noch die Außenwelt zufrieden zu stellen.

Vor wenigen Jahren war ich Managerin, beruflich nach einer abenteuerlichen Odyssee im Traumjob gelandet. Der Kinderwunsch war schon lange da, der richtige Mann dazu fehlte noch. Als er dann auftauchte, dauerte es auch bis zur ersten Schwangerschaft nicht lange. Seither sind vier Jahre vergangen. Ich habe in drei Jahren drei Kinder bekommen. Außerdem bin ich Teilzeit-Stiefmutter von drei weiteren Kindern. Als meine Tochter auf die Welt kam, wurde ich mit einem Schlag vierfache Mutter – von meinem eigenen Wickelkind, das pausenlos brüllte, von einem Kindergartenkind, einem Volksschüler und einer angehenden Gymnasiastin. Managementfähigkeiten waren für diese Aufgabe unbedingt erforderlich. Ich war dazu gezwungen, im Schnellverfahren alles über die Kunst, als Familie zu leben, zu erlernen.

Mein erstes Kind hat mein Leben natürlich verändert, trotzdem behaupte ich, dass das Baby nur ein Meilenstein auf dem Weg in eine neue Lebensphase war. Sich für einen Lebenspartner zu entscheiden, mit ihm zusammen zu ziehen und in eine große Familie hinein zu wachsen, waren andere wichtige Erfahrungen. Ich habe meine Jugend ausgekostet, aber ich wollte niemals eine Berufsjugendliche werden. Ich habe meinen beruflichen Erfolg früher genossen und dennoch gewusst, dass es noch einige andere Projekte gibt, die ich irgendwann durchziehen möchte. Mein Mann hat mich immer unterstützt: bei der Babypflege, beim Kochen, Putzen, Organisieren... ich habe mich nie allein gelassen gefühlt mit der großen neuen Verantwortung.

Bei meiner Nummer zwei waren alle verblüfft, dass mein Mann und ich noch ein Kind wollten. Schließlich hatte er schon vier – das scheint in unserer Gesellschaft die Schmerzgrenze zu sein. Fünf Kinder gibt's nur in Talkshows, nicht im echten Leben. Bei unserem Junior – meinem dritten Kind in drei Jahren und dem sechsten Kind meines Mannes – äußerten viele Leute offen ihre Kritik an unserer Familienplanung. Andere wiederum dachten sich, dass bei uns offensichtlich sowieso schon Hopfen und Malz verloren war.

Denn trotz des Kindersegens wagte ich es, nicht nur Hausfrau zu sein. Rabenmutter, die ich bin, schicke ich meine Sprösslinge in die Krabbelstube (wo es ihnen unheimlich gut gefällt). Ein Aupair oder eine Babysitterin habe ich nicht. Wer erklärt sich schon bereit, auf drei winzige Kinder aufzupassen und ist flexibel genug, ab und an auch noch drei weitere unter seine Fittiche zu nehmen? Niemand, der sich bei mir vorgestellt hat, jedenfalls. Was das Karenzgeld angeht, ist es in einer derartig großen Familie ziemlich egal, wofür man sich entscheidet: reichen wird es nie; aber es ist gut, dass es da ist. Dass der Kindergarten bald weniger kosten wird, ist eine große Erleichterung.

Wenn alle Kinder in ihren Schule und Kindergärten untergebracht sind und das Baby schläft, betreibe ich am Vormittag meine beruflichen Projekte. Abends, wenn alle schlafen, mache ich weiter damit. Eine oder zwei Stunden weniger Schlaf – damit kommt eine junge Mutter locker zurecht. Ich bin zwar nicht in meinen Manager-Job zurück gekehrt, habe aber während meiner diversen Karenzzeiten stets gearbeitet und Geld verdient. Darauf, dass ich unsere große Familie immer finanziell mit unterstützt habe, bin ich stolz. Dass ich meine Träume umgesetzt, mich in der Entwicklungshilfe engagiert und Bücher geschrieben habe, freut mich ebenfalls.

Umso mehr schmerzt es, wenn man von den "Nur-Hausfrauen" als schlechte Mutter betrachtet wird und von den "Büro-Müttern" als Home-Office-Dilettantin. Wenn einem Großmütter klar machen, dass es herzlos ist, die Kleinen in die Krabbelstube abzuschieben oder wenn man daran erinnert wird, dass man seinem Mann jeden Tag etwas Warmes kochen sollte. Wenn Außenstehende sich in unser funktionierendes Patchwork einmischen und erklären, wie Familie auszusehen hat. Wenn sie dann meiner Dreijährigen den genauen Unterschied zwischen "Halbbruder" und "Bruder" beibringen wollen, die doch beide gleich gern hat.

Ich habe mit jeder Schwangerschaft und jeder Geburt dazu gelernt. Jetzt traue ich mich, es zu sagen: Ich bin eine gute Mutter. Ich bin eine unheimlich schlechte Hausfrau. Ich habe etwas drauf. Ich lasse mich aber nicht in einem 50StundenJob einspannen, sondern schaffe mir meine eigene Berufswelt. Ich schaffe den Spagat nicht ganz. Doch irgendwie bekomme ich immer alles unter einen Hut... (Therese Bauer/dieStandard.at, 19.8.2009)