Ökologe Wohlfahrt hat in der Wüste unerwartete CO2-Speicherung entdeckt.

Foto: Albin Hammerle

Tiroler Mähwiesen und die Mojave-Wüste in Nevada: Was in keinem Zusammenhang zu stehen scheint, war für Georg Wohlfahrt einen Vergleich wert. Der Ökologe übertrug seine Erfahrungen mit Mähwiesen erfolgreich auf die Wüste - und erhielt für eine Studie in Kooperation mit dem Desert Research Institut im US-Bundesstaat Nevada einen Liechtensteinpreis.

Innerhalb des Schwerpunkts "Alpiner Raum" der Universität Innsbruck beschäftigt sich der Leiter der Arbeitsgruppe Biometeorologie schon länger mit den Veränderungen von Wiesen-Ökosystemen durch Klimawandel und Landnutzung.

Im Projekt mit dem Wüstenforschungsinstitut wurden sogenannte Eddy-Covariance-Messungen über spärlich bewachsenen Wüstenökosystemen in Nevada durchgeführt. Eddy ist dabei die englische Bezeichnung für einen kleinen Luftwirbel. Erfasst werden Kohlendioxid-Konzentration und Windgeschwindigkeit dieser Wirbel. Ein gewöhnliches Anemometer mit Schalen (Windmesser) wäre dafür zu unpräzise und träge. Mittels Ultraschall werden die Luftwirbel zehnmal pro Sekunde in alle drei Raumrichtungen gemessen und so abgeschätzt, wie viel CO2 zu den pflanzlichen Spaltöffnungen transportiert wird.

"Das Ergebnis war unerwartet. Die Mojave-Wüste nimmt unseren Messungen zufolge mehr Kohlendioxid auf als eine Mähwiese in unseren Breiten", schildert Wohlfahrt. Das Ökosystem speichert 100 Gramm Kohlenstoff pro Quadratmeter und Jahr. Bisher ist man davon ausgegangen, dass Wüsten aufgrund des geringen Bewuchses kaum Kohlenstoff speichern. Sollte sich dieses Ergebnis in anderen trockenen Regionen der Erde bestätigen lassen, "deutet alles daraufhin, dass ihre Bedeutung im globalen Kohlenstoffkreislauf unterschätzt wurde." Das Paper hat viel Skepsis ausgelöst, "was auch der Charme an der Sache war".

In den nächsten Jahren will der Ökologe genauer untersuchen, wo das Kohlendioxid aufgenommen wird: In den stacheligen Sträuchern, den kryptobiotischen Krustenüberzügen, einjährigen Pflanzen oder im Boden. Dabei wird wohl auch sein seit der Dissertation 1999 gepflegtes SVAT-(Soil- Vegetation-Atmosphere-Transfer)-Modell zum Einsatz kommen: ein Werkzeug zur Prozessanalyse, mit dem er den Nettofluss von Kohlendioxid weiter zerlegen und zuordnen kann.

Das Team vermutet zudem langjährige Niederschlags-Zyklen, die das Ökosystem, sein Wachstum und damit die CO2-Aufnahme beeinflussen. In wenigen Wochen wird sich entscheiden, ob die National Science Foundation der USA ein Folgeprojekt genehmigt.

Jeweils 50 Prozent seiner Arbeit wird aus Drittmitteln finanziert, die andere Hälfte von der Uni: "Es wird einem schwergemacht zu bleiben", kommentiert er die Situation. Zwei FWF-Anträge sind noch in Schwebe, aber der Innsbrucker hofft, dass die Auszeichnung ein gutes Argument bei seinen Vertragsverhandlungen im Herbst sein wird. Auch am Programm "Sparkling Science", das Schülern und Jugendlichen Wissenschaft näherbringen soll, hat er sich beteiligt.

"Forscher sind wie Kinder: Sie dürfen ihrer Neugier nachgeben und wollen Dinge verstehen", weiß der Vater einer vierjährigen Tochter. (Astrid Kuffner/DER STANDARD, Printausgabe, 19.8.2009)