Wie bereits angekündigt, veröffentlicht der "Falter" nun jeden Mittwoch einen Fall aus der Weisungsabteilung des Justizministeriums. Die Unterlagen waren der Wiener Wochenzeitung vergangene Woche zugespielt worden. In der morgen erscheinenden Ausgabe geht es um einen prominenten Strafrichter, der von einem Bauunternehmer und dem Chefinspektor der Grazer Polizei, Anton Kiesl, schwer belastet wurde. Der Richter soll Geld, Reisen und eine Waffe geschenkt bekommen haben, um in Strafverfahren zu intervenieren.

Kiesl gab zu Protokoll, er sei Zeuge geworden, wie der Unternehmer und der Richter über die Bezahlung von mehr als 300.000 Schilling gesprochen hätten. Chefinspektor Kiesl laut Protokoll: "Ich konnte das Gespräch mithören, wobei der Unternehmer den Richter auf diesen Geldbetrag (300.000 bis 400.000 Schilling, Anm.) ansprach. (...) Zu meiner absoluten Überraschung hat der Richter den hohen Geldbetrag bestätigt." 

Verfahren eingestellt

Die Anti-Korruptionstruppe BIA übernahm den Fall damals wegen des Verdachts auf Betrug und Amtsmissbrauch. Der Richter habe laut "Falter" zugegeben, vom Bauunternehmer immer wieder Geldgeschenke, Städtereisen und sogar eine Beretta 98, geschenkt bekommen zu haben. Diese Geschenke seien jedoch nur "aus Freundschaft" überbracht worden. Das Justizministerium urteilte damals, der Fall müsse keinem unabhängigen Gericht vorgelegt werden. Die Verantwortung des Richters sei "unwiderlegbar"; eine kriminelle Handlung "nicht beweisbar".

Jedoch gab es innerhalb des Ministeriums "Fachdiskussionen" zwischen der Weisungssektion und anderen Abteilungen über diesen Fall. Die Sektion 2 schrieb: "Es steht ein Verdacht im Raum, der zu den schwerwiegensten Vorwürfen zählt, die man einem Richter gegenüber erheben kann und der das Ansehen der Justiz insgesamt in Mitleidenschaft ziehen kann". Man möge doch härter ermitteln. Das war Ende September 2008. Im Winter 2008, so zeigt die Akte der Weisungsabteilung, wurde das Verfahren eingestellt - ohne nochmalige Einvernahme des Beschuldigten, wie der Anwalt des Richters, Gerald Ruhri dem "Falter" bestätigt.

Ministerium weist Kritik zurück

Das Justizministerium hat am Dienstagnachmittag die Kritik des "Falter" zurückgewiesen. Das Ministerium habe im Fall des genannten Richters einen entsprechenden Vorhabensbericht der zuständigen Staatsanwaltschaft genehmigt, nachdem der Verdacht widerlegt worden sei, hieß es in einer Aussendung.

Gegen den Richter sei 2006 ein Strafverfahren unter anderem wegen des Verdachtes des schweren Betruges eingeleitet worden. Um jeglichen Anschein der Befangenheit auszuschließen, sei das Verfahren nicht von der grundsätzlich zuständigen Staatsanwaltschaft, sondern von einer in einem anderen Bundesland geführt worden, erläuterte das Ministerium den Fall.

Keine Beweise

Die Staatsanwaltschaft habe nach umfangreichen Erhebungen und sorgfältiger Prüfung der Beweise die Einstellung des Verfahrens beabsichtigt. Die zuständige Oberstaatsanwaltschaft habe diese Ansicht geteilt und den Vorhabensbericht im April 2007 an Ministerium weitergeleitet. Im September 2007 habe das Ministerium den Auftrag zu ergänzenden Ermittlungen erteilt. Dadurch habe der Verdacht der Intervention zur Wiederaufnahme eines Strafverfahrens klar widerlegt werden können. (APA, red/derStandard.at, 17.8.2009)