Bild nicht mehr verfügbar.

Die neue Premier League-Saison hat noch vor den letzten beiden Wochen des Transferfensters ihr erstes Wochenende hinter sich. Im Sommer hat sich einiges getan. Höchste Zeit für einen Ausblick auf die verbleibenden 37 Runden.

Foto Getty/Regan

Bild nicht mehr verfügbar.

Der Abstiegskampf

Für Aufsteiger und kleinere Klubs lautet die Devise "Überleben". Drei Teams werden an dieser Vorgabe scheitern, Kandidaten gibt es freilich ein paar mehr.

Burnley war zum Beispiel schon zwei mal englischer Meister (zuletzt vor genau 50 Jahren), wird an diese glorreichen Zeiten aber sicher nicht anschließen können. Die Mannschaft ist als Tabellenfünfter der Championship aufgestiegen, trotz teilweise grauenerregender Defensive und dank einer gut geölten Tormaschinerie. In der höchsten Spielkasse wird das Treffen freilich schwieriger, das Tore bekommen aber umso einfacher. Einkäufe gab es demnach vor allem im Bereich der Abwehr, allerdings keine außergewöhnlichen. Die direkte Rückreise in die Zweitklassigkeit gilt als sehr wahrscheinlich.

Dieser entging Hull in der vergangenen Saison gerade noch. Nach einem beeindruckenden Beginn lag das Team nach neun Runden mit nur einer Niederlage an dritter Stelle. Über den Rest der Saison gab es aber Dresche. 18 Niederlagen und nur noch zwei Siege folgten, insgesamt setzte es 64 Gegentore. Am Schluss überlebte Hull mit einem Punkt vor Newcastle und durfte das zurecht als größten Triumph der Klubgeschichte feiern. Entscheidend verbessert hat sich Mannschaft jedoch nicht, auf eine Wiederholung dessen zu setzen wäre also riskant.

Für Stoke ist es die verflixte zweite Saison nach dem Aufstieg, deshalb wird es auch dieses Team schwer haben, den Klassenerhalt zu schaffen. Der 2:0-Sieg gegen Burnley könnte täuschen, da die Gäste sich den selbst eingebrockt haben. Mit einem wenig attraktiven, zuweilen ruppigen Stil und großartiger Heimkulisse erreichte die Mannschaft im Vorjahr den 12. Platz. Stoke ist sozusagen das Mattersburg der Premier League. Gefahr strahlt die Mannschaft vor allem bei Standard-Situationen aus.

Wolverhampton kommt als Meister der Championship in die Erstklassigkeit und bekam zuhause gegen West Ham am Wochenende gleich eine kalte Dusche (0:2). Das Team ist mit einem Schnitt von 24 Jahren relativ jung. Nenad Milijas von Roter Stern Belgrad ist der wichtigste Neuzugang im Mittelfeld. Trotz Niederlage machte er eine gute Figur. Mit Michael Mancienne konnte man für die Innenverteidigung ein großes Chelsea-Talent ausleihen - dort braucht man auch Verstärkung. Ähnlich wie Burnley ist der Aufstieg vorrangig über die Offensive erarbeitet worden, die in 46 Spielen 80 Tore erzielt hat. Es wird eine harte Saison für die "Wolves", aber der Klassenerhalt sieht machbar aus.

Letzteres gilt auch für Sunderland. Die neue Mannschaft des erfahrenen Ex-Wigan-Trainers Steve Bruce hat sich mit Lorik Cana (Marseille), Frazier Campbell (Manchester United) und Darren Bent (Tottenham) gut verstärkt. Bent hat der Mannschaft just auch den ersten Saisonsieg beschert (1:0 bei Bolton). An einem guten Tag kann Sunderland gegen jedes Team etwas ausrichten, aber die mangelnde Dichte im Kader dürfte eine beständige Siegesserie verhindern. Schon in den letzten beiden Saisonen musste der Klub gegen den Abstieg spielen, diesmal wird das nicht anders aussehen, aber vielleicht mit etwas weniger Bauchweh.

Eine ähnliche Prognose lässt sich für Blackburn stellen. Nach den Abgängen von Roque Santa Cruz, Tugay und Mokoena steht das Team plötzlich ziemlich ohne Stars da. Nur der launische El Hadji-Diouf bleibt. Gegen den Erfahrungsmangel der jungen Truppe gab es ein dänisches Rezept: Lars Jacobsen (früher Everton) verstärkt die Abwehr. Beim 0:2 gegen Manchester City wurde auch schnell klar: Offensiv fehlt jemand mit guten Ideen. Trainer Sam Allardyce wird es schwer haben, die Mannschaft von den Abstiegsrängen allzu weit entfernt zu halten.

Foto: AP/Hambury

Bild nicht mehr verfügbar.

Die Gefährdeten

Mannschaften die rein von der Papierform nicht absteigen dürften, die aber mit etwas Pech oder Unvermögen doch in Gefahr laufen könnten.

Portsmouth hat mit Glen Johnson (zu Liverpool) und Peter Crouch (zu Tottenham) zwei hervorragende englische Teamspieler abgegeben. Der Grund dafür ist die schwierige finanzielle Lage des Vereins, der von einem saudischen Investor übernommen wird. Der Deal zieht sich jedoch in die Länge, das Geld bleibt aus und der Kader ist im Moment nicht schlecht aber sehr klein, weil viele Spieler Gelegenheiten zum Wechseln ergriffen haben. In der Winter-Transferzeit sollte der Investor dann an Land gezogen sein. Wenn Portsmouth sich sportlich bis dahin über Wasser hält, könnte dann die nötige Qualität zugekauft werden. Der unglückliche Start macht es nicht leichter: Gegen Fulham setzte es zu hause eine unverdiente 0:1-Niederlage.

Ebenfalls 1:0 verloren hat Birmingham. Die Aufsteiger haben dabei gegen Manchester United aber gar keine schlechte Figur gemacht und könnten mit ihrem Konterfußball so manchem Team gefährlich werden. Gegenüber der Vorsaison wurde die Innenvereidigung neu besetzt, mit Lee Bowyer ein guter Mann für die Zentrale geholt und der 23-jährige Ecuadorianer Cristian Benitez wird mit seinen schnellen Vorstößen die Konterqualitäten verbessern. Zwei Fragezeichen bleiben: Wird Joe Hart im Tor sicherer als im Eröffnungsmatch und können vorne die wenigen Chancen auch in Tore umgemünzt werden?

Bolton wurde in der vergangenen Spielzeit zwar 13., verlor aber mehr Spiele als Absteiger Newcastle. Das Team hat sich deshalb vor allem in der Abwehr verstärkt und den Kader in dieser Hinsicht verbreitert. Trainer Gary Megson holte mit Zat Knight (Aston Villa) und Sam Ricketts (Hull) zwar respektable Spieler, aber ein echter Klassemann fehlt der Mannschaft. Abgesehen vom schwedischen Teamspieler Johan Elmander gibt es kaum bekannte Namen, mit Jussi Jaaskelainen aber einen hervorragenden Tormann. Die Vorjahres-Position ist drinnen, die Möglichkeiten aber eher nach unten als nach oben geöffnet.

Foto Getty/Lewis

Die Verfolger

Mannschaften die das Potential haben, von Ausrutschern der Europa-Anwärter zu profitieren

Aston Villa sah im Vorjahr lange so aus, als könnte man mit Arsenal um den vierten Platz rangeln. Am Ende blieb dann doch nur jener sechste Platz, der nun die Europa League-Qualifikation gegen Rapid bedeutet. Was war passiert? Kapitän und Verteidigungs-Manager Martin Laursen musste wegen einer Knieverletzung seine Karriere beenden. Ein Ersatz ist bis heute nicht gefunden. Zusätzlich musste Villa mit Gareth Barry eine zentrale Figur gehen lassen. Nachdem Liverpool mehrmals bei ihm anklopfte und abgewiesen wurde, haben dann die Millionen von Manchester City doch ein Loch ins Villa-Mittelfeld gerissen. Am Flügel kam der vielversprechende Stewart Downing von Middlesborough für 13 Millionen Euro. Er fällt aber bis Dezember aus. Ein erneuter Startplatz in der Europa League wäre ein großer Erfolg. Wahrscheinlicher ist, dass Villa die Verfolger anführt.

Dass das Aufgabe genug ist, hat die 0:2-Heimniederlage gegen Wigan bewiesen. Paul Scharners Team  hat sich in den letzten Jahren beständig vom Abstiegskampf wegentwickelt und will nun langsam in die obere Tabellenhälfte. Nach vergleichsweise defensiven Jahren entwickelt der junge Neo-Coach Roberto Martinez mittlerweile ein offensiver ausgerichtetes Spiel. Antonio Valencias Abgang zu Manchester United dürfte das erschweren, füllt aber zumindest die Kassen. Ob noch eingekauft wird bleibt ebenso abzuwarten, wie der Verbleib von Paul Scharner, der nach wie vor verhandelt und sich nicht festlegen möchte. Mit einer gut laufenden Saison wäre ein Top 10-Platz möglich.

Etwa so ist auch der Vorjahres-Siebente Fulham einzuschätzen. Als Europa League-Teilnehmer (so man über die Russen von Amkar Perm drüber kommt) hat die Mannschaft einen relativ kleinen Kader für diese Doppelbelastung. Fulham hat unter Roy Hodgson eine beachtliche Defensive aufgebaut, hinter der mit Mark Schwarzer einer der besten Liga-Torhüter steht und ist vor allem zuhause im niedlichen Craven Cottage extrem schwer zu knacken. Im Angriff fehlt dafür die Klasse - in der vergangenen Saison glückten den "Cottagers" nur halb so viele Tore wie den Top-Scorern von Liverpool. Ein kleiner Rückfall scheint deshalb vorprogrammiert.

Bei West Ham befindet man sich mit Coach Gianfranco Zola in einer Aufbauphase. Die Klub-Finanzen lassen auch nur kleine Sprünge zu. Es wurden vor allem junge Spieler geholt. Eine Verstärkung sollte jedoch Luiz Jimenez sein. Der 25-jährige Chilene ist ein offensiver Mittelfeldmann und wurde von Inter Mailand ausgeliehen. Schmerzhafter sind hingegen die Abgänge von David di Michele und Lucas Neil. Wie schon das 0:2 bei Aufsteiger Wolverhampton gezeigt hat, sollte West Ham mit dem Abstieg nichts zu tun haben.

Foto EPA/Skarratt

Bild nicht mehr verfügbar.

Kampf um Europa

In der Premier League gibt es im Normalfall nur einen Startplatz für die Europa League zu erspielen, es sei denn in den Pokalen tun sich bestimmte Konstellationen auf.

Favorit auf diesen fünften Platz sind die Neureichen bei Manchester City. Wer deutlich über 100 Millionen Euro für neue Spieler ausgibt, muss diesen Anspruch auch stellen. Adebayor, Carlos Tevez, Gareth Barry, Roque Santa Cruz, Kolo Toure. Viele klingende Namen - und eben das ist für Trainer Mark Hughes auch die Herausforderung. Die Zufriedenheit von Spitzenspielern, wenn sie nicht aufgestellt werden, ist ein Hund. Klappt es mit den Egos, dann ist gar ein Champions League-Platz möglich. Wenn Unruhe einkehrt, kann es auch ganz schnell bergab gehen.

Denn die Konkurrenz im oberen Ligadrittel ist nicht ohne. Tottenham hat sich in der vergangenen Saison selbstverschuldet um die Chance auf einen Champions League-Startplatz gebracht. Das Potential dafür liegt jedenfalls im Kader, der auch den Abgang von Darren Bent verkraften können sollte. Mit Peter Crouch ist außerdem ein exzellenter Knippser geholt worden.  Mit Roman Pavlyochenko, Jermain Defoe und Robby Keane herrscht gerade im Angriff ohnehin ein Überangebot. Trainer Harry Redknapp bewies nach dem Abgang von Juande Ramos in der Vorsaison, dass er mit der Mannschaft gut zurecht kommt. Es ist nicht anzunehmen, dass das diesmal anders sein wird.

Die 1:6-Klatsche in der ersten Runde lässt an den Qualitäten von Everton (im Vorjahr 5.) natürlich Zweifel aufkommen. Das Problem des Teams von David Moyes, der als einer der besten Trainer der Liga gilt, ist die vergleichsweise mangelnde Finanzkraft. Während Everton gute Nachwuchsspieler (Jack Rodwell, Dan Gosling) aufbieten kann, sind spektakuläre Neuzugänge ausgeblieben. Ein Problem könnte sich noch in der Abwehr auftun: Manchester City angelt zum Missfallen der "Toffees" noch nach dem hervorragenden Innenverteidiger Joleon Lescott. Gerade der wird aber dringend gebraucht um weitere Niederlagen wie die  gegen Arsenal abzuwenden.

Foto: AP/Sang Tan

Bild nicht mehr verfügbar.

Der Titelkampf

Ein paar Unbekannte machen die Titelprognose schwieriger, als es auf den ersten Blick scheint. Schon im vergangenen Jahr war es knapp zwischen Manchester United, Liverpool und Chelsea. 

Arsenal war abgemeldet und wird von den meisten Experten auch in dieser Saison nicht ganz oben gesehen. Jedoch: Arsene Wengers Aufbauarbeit könnte langsam Früchte tragen. Seine junge Mannschaft kann nun nicht mehr über zu wenig Erfahrung klagen, die Klasse stand ohnehin immer außer Frage. Ein wichtiges Comeback hat sich in dieser Frage in der Vorbereitungsphase bereits abgezeichnet, wurde durch eine kleine Verletzung aber noch einmal verzögert: Tomas Rosicky wird die nötige Routine einbringen. Der Auftakt gegen Everton war jedenfalls sehenswert und - und das ist das Beachtliche - äußerst effizient. Neuzugang Thomas Vermaelen könnte der nötige Stabilisator in der Innenverteidigung sein.

Titelverteidiger Manchester United hat sich nach dem Abgang von Cristiano Ronaldo personell nicht verbessert, mit Antonio Valencia und Michael Owen aber gute Leute geholt. Außerdem erwartet man sich von bisherigen "Mitläufern" wie Nani und Nachwuchsspielern wie Dani Wellbeck deutliche Steigerungen. Die große Frage: Wer wird die Tore von Ronaldo ersetzen können? Findet sich jemand, ist Manchester United leicht zu favorisieren. Viel vom Old Trafford-Glück wird möglicherweise von Wayne Rooneys Leistungen und Torriecher abhängen.

Liverpool knabbert hart am Abgang von Xabi Alonso. Dessen offensichtlicher Ersatz aus Italien, Alberto Aquilani, hat nicht nur eine etwas andere Handschrift, sondern wird auch noch etwa zwei Monate ausfallen. Jungkicker Lucas Leiva muss bis dahin in die Bresche springen und dafür auch seinen Durchbruch schaffen. Zu viel lastet ansonsten auf den Schultern von Steven Gerrard, der von Alonsos grenzgenialem Passspiel vergangene Saison durch mehr Freiheiten profitiert hat. Ein interessanter Spieler, der diese Saison in die Mannschaft aufrücken könnte: Jay Spearing. Der 20-jährige Mittelfeldler wurde vom "Guardian" schon als "Nationalschatz" bezeichnet. Die zweite Schwachstelle ist die Dichte im Sturm: Fällt Fernando Torres öfter aus, ist der Titeltraum schnell vorbei. Geht hingegen alles gut, kann es auch den ersten Premier League-Titel für die "Reds" geben.

Bei Chelsea ist das Spielermaterial im Wesentlichen ident geblieben. Nur der linke Flügel Yuri Zhirkov (kam für 21 Mio. Euro von ZSKA Moskau) könnte sich neu in die Mannschaft spielen. Bei Publikumsliebling Andrej Shevchenko ist das nach seinem katastrophalen letzten Jahr beim AC Milan auf absehbare Zeit zu bezweifeln. Eine eingespielte Mannschaft, eine bessere Saison? Möglich, aber der hohe Trainerverschleiss könnte die Rechnung durchkreuzen. Carlo Ancelotti ist der fünfte Trainer in vier Saisonen - das ändert am Spielsystem und der Philosophie wieder so manches. Wie lange er die Starallüren seiner Mannschaft im Zaum halten kann, ist bedeutend für den Erfolg der Blauen. Ein Knackpunkt wird außerdem der Monat Jänner. Da findet der Afrika Cup in Angola statt und mit Michael Essien, John Obi Mikel und Didier Drogba fehlt Chelsea dann ein großes Stück vom Mannschaftsstamm.

Foto: EPA/Haroun

Bild nicht mehr verfügbar.

Der derStandard.at Tipp zur neuen Saison:

1. Manchester United
2. Liverpool
3. Arsenal
4. Chelsea
5. Manchester City
6. Tottenham
7. Everton
8. Aston Villa
9. Wigan
10. West Ham
11. Fulham
12. Portsmouth
13. Birmingham
14. Bolton
15. Blackburn
16. Sunderland
17. Wolverhampton
18. Stoke
19. Hull
20. Burnley

(tsc, derStandard.at, 17.8.2009)

Foto Reuters/Keogh