Warschau - Nach dem Tod eines Soldaten in Afghanistan am Montag hat sich der polnische Premier Donald Tusk gegen den Vorschlag des Verteidigungsministeriums entschieden, das polnische Truppenkontingent dort zu verstärken. "In diesem kritischen Moment hat es nicht an Verstärkung gefehlt, sie konnte nur nicht zu Hilfe kommen", erklärte Tusk bei einer Pressekonferenz. Offenbar fehle es den polnischen Truppe in Afghanistan aber an Gerät, so Tusk.

"Wir haben dort nicht genug Hubschrauber, die Entsendung weiterer Soldaten würde die Sicherheit unserer Kräfte also eher schwächen", erklärte der Regierungschef. Tusk kritisierte die Ausstattung der polnischen Soldaten. "Wieso haben wir viele Jahre lang Milliarden von Zloty für die Bewaffnung ausgegeben, und nur ein kleiner Teil davon ist in diesem realen Krieg einsatzbereit, den wir in Afghanistan haben?", fragte Tusk.

Steigende Kritik

Die Verantwortlichen nannte der polnische Premier nicht, aber die Kritik richtete sich zumindest teilweise gegen Verteidigungsminister Bogdan Klich, der wie Tusk der rechtsliberalen Bürgerplattform (PO) angehört. Klich erklärte gegenüber Journalisten, dass während seiner Amtszeit die Ausstattung der Afghanistan-Truppen deutlich verbessert worden sei. So seien dort heute 40 Mehrzweck-Militärfahrzeuge vom Typ Rosomak und mehrere minengeschützte Fahrzeuge im Einsatz. Vor seinem Amtsantritt hätten die Truppen gar keine Hubschrauber besessen, heute seien es zehn.

Dennoch wird die Kritik von Experten und Militärs immer lauter. "Die Offiziere im Feld sind bereit, die Militär- und die Ministeriums-Verwaltung zu erschießen", sagte der Chefredakteur der Militär-Zeitschrift "Raport", Wojciech Luczak, der Zeitung "Polska". Denn ihre Bestellungen von neuem Gerät würden einfach ignoriert.

Nach Ansicht von Ex-Verteidigungsminister General Stanislaw Koziej war es ein Fehler, dass die Regierung "viel Geld ausschließlich für den Kauf von F-16 Bombern ausgab, die nicht mehr die neusten sind". Demgegenüber gebe es zu wenige Hubschrauber, so Koziej. Den Kauf der US-Kampfflugzeuge vom Typ F-16 hatte aber schon 2002 eine ganz andere, von der heutigen Oppositionspartei "Bündnis der demokratischen Linken" (SLD) geführte, Regierung beschlossen.

Am Montag waren polnische Soldaten, die mit afghanischen Sicherheitskräften in der Provinz Ghazni patrouillierten, in einen Hinterhalt von Taliban-Milizen geraten. Dabei wurde der 32-jährige Hauptmann Daniel Ambrozinski getötet. Der Vorfall trifft die Regierung hart, weil die Akzeptanz der Polen für Auslandseinsätze ständig abnimmt. Besonders dünnhäutig reagierte der Vize-Parlamentspräsident Stefan Niesiolowski (PO). Er spottete über die Kritiker des Einsatzes: "Wenn Hitler sie gesehen hätte, hätte er aus Angst Selbstmord begangen", sagte er. Polen hat derzeit 2.000 Soldaten in Afghanistan. (APA)