Der japanische Glücksgott Hotei (Privatbesitz) baumelte einst als Netsuke an einem Kimonogürtel.

 

Foto: Salzburg Museum

Ando Hiroshiges Farbholzschnitte wie "Rendezvous-Pinie am Ommaya-Ufer" (1856-1858) faszinierten Künstler wie Vincent van Gogh.

 

Foto: Salzburg Museum

Beharrlichkeit ehrt einen der unerschütterlichsten Sammler traditioneller japanischer Kunst: den Salzburger Hermann Freudlsperger (1887-1956). Nach seinem Akademiestudium reiste dieser nach Japan und blieb - der Liebe wegen -, er mauserte sich zu einem gerühmten Porträtisten des Hofes und der Beamtenschaft und häufte eine ansehnliche Sammlung an. Als ein Bombentreffer 1945 die komplette Sammlung verbrennen ließ, erneuerte Freudlsperger sie binnen elf Jahren.

Dass ein junger Künstler zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach Japan reiste, verwundert wenig, bedenkt man die Faszination, die japanische Werke damals auf die Wiener Jugendstilkünstler ausübten. Man ließ sich von Mustern, druckgrafischen Techniken und der besonderen Bildperspektive inspirieren, sammelte Kimonos und Farbholzschnitte der Meiji-Epoche (1868-1912). Auch Freudlsperger trug eine beträchtliche Anzahl grafischer Werke zusammen. Darunter zum Beispiel ein Surimono-Blatt (wie zu privaten Zwecken gefertigte Farbholzschnitte heißen) aus dem 20. Jahrhundert, das eine Kurtisane als siebente Glücksgöttin Jurojin zeigt.

Preziosa, die das Salzburg Museum bis 30. August in einer Ausstellung zur traditionellen Kunst aus Japan zeigt. Eine Schau, die in Lichtsdesign und Präsentation ästhetisch höchst anspruchsvoll inszeniert ist und damit den 2009 verliehenen Titel European Museum of the Year bestätigt. Reizvoll etwa das dramatische Schattenspiel, arrangiert aus kleinen Netsuke-Figuren - meistens Tiere asiatischer Sternzeichen oder mythologische Figuren, die am Kimono-Gürtel getragen wurden. Ein solches Elfenbeinobjekt, ein Häschen, ereilte 2001 bei Sotheby's New York bei 28.500 Euro der Zuschlag.

Präsentiert werden aber auch weitaus kostbarere Beispiele japanischen Farbholzschnitts von Ando Hiroshige (1797-1858), der zusammen mit Utagawa Kuniyoshi und Utagawa Kunisada zu den drei stilbildenden Meistern jener Technik am Ende der Edo-Zeit (Edo für Tokio) gilt. Seine Rendezvous-Pinie am Ommaya-Ufer gehört ebenso wie die Saruwaka-Straße zu Hiroshiges Serie der 100 berühmtesten Ansichten von Edo - (1856-1858, Privatbesitz). Ein kompletter Satz dieser Blätter (120 Stück) gelangte 2002 bei Sotheby's in London für netto 748.000 Euro (also gut 6230 Euro pro Blatt) unter den Hammer. "Hiroshiges Landschaften gehören zu den wertvollsten Holzschnitten des Ukiyo-e", erklärt Katsura Yamaguchi, Experte für japanische und koreanische Kunst bei Christie's New York. (Ukiyo-e nennt man den Stil, der das im 19. Jahrhundert in Japans großen Städten aufkommende bürgerliche Lebensgefühl widerspiegelt.) Auch der vom Japonismus-Fieber erfasste Vincent van Gogh hat Hiroshiges Drucke dieser Serie gut gekannt und einige Blätter von stimmungsvoller Farbigkeit - etwa Brücke von Atake oder Pflaumengarten - imitiert.

"Drucke von Katsushika Hokusai und Kitagawa Utamaro sind jedoch auch teuer", ergänzt Yamaguchi. "Auch teuer" ist mitnichten etwas untertrieben: Der wohl bekannteste japanische Farbholzschnitt - Die große Welle vor Kanagawa von Hokusai (ca. 1830) - spielte 2002 bei Sotheby's Paris als Einzelblatt netto 120.000 Euro ein! Abgesehen von diesem Ergebnis erzielen seine Drucke auch sonst Preise von 30.000 bis 70.000 Euro. Und bei dem um eine Generation älteren Utamaro klettern die Preise für signierte Drucke sogar auf über 300.000 Euro hinauf. Peanuts im Vergleich zum weitaus größeren Markt für traditionelle chinesische Kunst, die für den Kaiser geschaffen wurde. Im Gegensatz zur japanischen Kunst, die sich laut Yamaguchi dadurch auszeichnet, dass sie viele Gegenstände des täglichen Gebrauchs fertigte, die von jedem - vom Kaiser bis zu den einfachen Menschen - benutzt wurden.

Honoriert wird dieser egalitäre Ansatz von Sammlern aus den USA (die größten öffentlichen Sammlungen besitzt das Metropolitan Museum of Art in New York und das Museum of Fine Art in Boston) und Europa. Europäer begannen schon im 19. Jahrhundert mit dem Sammeln japanischer Kunst. Ihre Eleganz und Feinfühligkeit lockte einst auch Freudlsperger nach Japan. Er selbst kehrte nie nach Österreich zurück, dafür 400 grafische Blätter seiner Sammlung: Nach seinem Tod landeten sie auf Wunsch seines Sohnes im Museum Carolino Augusteum, dem heutigen Salzburg Museum. (Anne Katrin Feßler / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14./15./16.8.2009)