Berlin  - Der Dramatiker Rolf Hochhuth ist im Gerichtsstreit mit Claus Peymann unterlegen und bleibt vorerst vom Berliner Ensemble ausgesperrt. Der 78-jährige Autor ("Der Stellvertreter") ist am Donnerstag vor dem Berliner Landgericht damit gescheitert, per Einstweiliger Verfügung die Aufführung des eigenen Stücks "Sommer 14" in eigener Regie noch während der Theaterferien im August durchzusetzen.

Eine nähere Begründung lag zunächst nicht vor. Unabhängig davon hat Hochhuth am Donnerstag "die Ära Peymann am Berliner Ensemble für beendet erklärt" und den Mietvertrag für das Theater gekündigt. Hochhuth ist über die von ihm gegründete Ilse-Holzapfel-Stiftung Eigentümer der Immobilie des von Peymann geleiteten Theaters am Schiffbauerdamm, das er an das Land Berlin vermietet hat.

Ein Vertrag sichert ihm das Recht zu, alljährlich eine eigene Theaterproduktion im Berliner Ensemble zu zeigen. Peymann und der Anwalt des Landes Berlin, Peter Raue, argumentierten, Hochhuth habe sein Projekt nicht vertragsgemäß angemeldet, außerdem fänden im Theater in den Sommerferien notwendige Umbauarbeiten statt. Eine zuvor vom Richter vorgeschlagene gütliche Einigung war nicht zustande gekommen. Der 78-jährige Dramatiker war selbst vor Gericht erschienen, Peymann ist wegen der Theaterferien noch in Urlaub.

"Ich will keine gütliche Lösung, ich will meinen Vertragspartner kündigen, weil er mich hängen lässt und sich nicht in der Lage sieht, mir die Schlüssel zu meinem Gebäude zu geben", sagte Hochhuth nach der Gerichtsverhandlung vor Journalisten. "Selbstverständlich erhalten die jetzt die fristlose Kündigung und die ist endgültig. Ich habe keine Lust, nächstes Jahr wieder den gleichen Zirkus mitzumachen." Anwalt Raue sieht dagegen keinen Kündigungsgrund vorliegen, "wir haben den Vertrag nicht verletzt". Der Vertrag laufe bis Ende 2012 mit einer Option auf weitere 15 Jahre.

Inzwischen hat der Suhrkamp Verlag entgegen der Ankündigung Hochhuths dementiert, ein eigenes Theater in Berlin zu gründen. Hochhuth hatte vor der Gerichtsverhandlung erklärt, Suhrkamp werde am Schiffbauerdamm zusammen mit dem Rowohlt Verlag ein "Theater der Autoren" gründen. "Davon kann keine Rede sein", sagte eine  Verlagssprecherin am Donnerstag.  Eine Sprecherin von Rowohlt wollte dazu noch keine Stellungnahme abgeben.

Das Theater am Schiffbauerdamm

Zur strittigen Immobilie:  Mit Goethes "Iphigenie auf Tauris" öffnete am 19. November 1892 eines der prächtigsten Theatergebäude in Deutschland, das "Neue Theater" am Schiffbauerdamm in Berlin. Als "Theater am Schiffbauerdamm" ist es seit 1925 bekannt. Der Bau des Architekten Heinrich Seeling steht heute unter Denkmalschutz.

1949 gründeten Bertolt Brecht und Helene Weigel das Berliner Ensemble und zogen im März 1954 in das Theater am Schiffbauerdamm ein. Zahlreiche Intendanten prägten die wechselvolle Geschichte des Ensembles nach Weigels Tod 1971. Im Jänner 2000 begann die Ära des heutigen Intendanten Claus Peymann.

Der Streit um die Sommernutzung des Gebäudes hat eine lange Geschichte. Das Haus gehört der von Rolf Hochhuth gegründeten und nach seiner Mutter benannten Ilse-Holtzapfel-Stiftung, die 1998 einen Mietvertrag über 30 Jahre mit dem Land Berlin abgeschlossen hat. Das Land hat das Gebäude an das Ensemble untervermietet, das heute als GmbH geführt wird. Peymann ist deren einziger Gesellschafter. (APA)