Ein weiteres Interview, indem das Opfer Kampusch unter Verdacht gestellt wurde, sah man Dienstagabend mit dem Kriminalpsychologen Thomas Müller.

Armin Wolf fragt, warum weitere Täter als fast sicher angenommen werden, wenn Frau Kampusch sagt, sie habe keine bemerkt. Müller darauf mit bedeutsamer Miene: "Das wundert mich auch." Wolf: "Wissen Sie die Antwort?" Müller geheimnisvoll: "Nein, aber vielleicht die Frau Kampusch oder ihr Anwalt." Müller später: "Ich glaube, dass ein Opfer höchstes Interesse daran haben muss, dass sämtliche Fragen geklärt werden. Und würde die Frau Kampusch sagen, ich will nicht, dass sie geklärt werden, dann frage ich mich als Psychologe und Mensch: Warum wohl?"

Aber Kampusch hat so etwas nie gesagt. Ein unsauberer semantischer Trick Müllers. Die "offenen Fragen" zu Mittätern beziehen sich wesentlich darauf, dass einer allein so einen "Planungsaufwand" nicht hätte leisten können. Mag sein. Im Falle des Briefbombers Franz Fuchs, der auch keinen schwachen Planungsaufwand hatte und bei dem Müller auch beteiligt war, wurde jedoch viel weniger nach Mittätern gefahndet. (Hans Rauscher, DER STANDARD Printausgabe, 13.8.2009)