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Beim Aufnahmetest im Austria Center Anfang Juli waren Frauen noch in der Überzahl. Unter den Studierenden sind sie die Minderheit.

Foto: APA/Gindl

Wien - Die besten zwei in Wien sind Frauen. Doch die Masse dahinter dominieren die Männer. Wieder einmal schnitten die Anwärterinnen bei den jährlichen Aufnahmetests, bei denen die begehrten Plätze an Österreichs Medizin-Universitäten vergeben werden, verhältnismäßig schlecht ab.

Das illustrieren die Resultate an den einzelnen Hochschulen. In Wien waren die Bewerberinnen mit 56,3 Prozent in der Überzahl - doch sie ergatterten aufgrund mäßigen Testerfolgs nur 43,5 Prozent der 740 Studienplätze. Ähnlich ungleich das Verhältnis an der Medizin-Uni Graz: Unter den Kandidaten waren die Frauen mit 57,9 Prozent noch in der Mehrheit, unter den 365 Studierenden werden sie mit 46,3 Prozent in der Minderheit sein. Aus Innsbruck liegen die Ergebnisse noch nicht offiziell vor. Dem Vernehmen nach sind aber auch die Studentinnen im Westen nicht aus der Reihe getanzt.

Die Resultate sind ein herber Rückschlag, hatte es im Vorjahr doch nach einer Trendwende ausgesehen. In Wien schafften die Frauen mit 48,9 Prozent immerhin fast die Hälfte der Plätze. Nun sackten die Ärztinnen in spe wieder auf ein ähnlich schwaches Niveau wie 2007 (41 Prozent) ab.
Ähnlich, wenn auch nicht ganz so dramatisch der Abfall in Graz, wo die Frauen 2008 auf eine Quote von 49 Prozent kamen. „Heuer zeigt sich der Unterschied deutlicher", bedauert Gilbert Reibnegger, zuständiger Vizerektor an der Grazer Medizin-Universität.

"Im Wesentlichen zeigt sich Jahr für Jahr das gleiche Bild", sagt Nina Hoppe, Sprecherin der Medizin-Uni Wien, die für den positiven Ausreißer im Vorjahr nicht wirklich eine Erklärung hat. Eines ist für sie aber klar: An schlechten Tests, die eventuell auf Männer zugeschneidert seien, liege es nicht: „In Graz wird ein anderer Test verwendet als in Wien, trotzdem ist das Problem das gleiche."

Die Lösung müsse man wohl früher suchen, meint Hoppe und verweist auf eine Studie der Bildungspsychologin Christiane Spiel, die den Fehler bereits in der Schulzeit ortet. Mädchen bekämen oft suggeriert, dass Mathematik und Naturwissenschaften für sie beruflich nicht so wichtig seien, so die Erkenntnis - und würden dementsprechend weniger gefördert.

Schwache Maturantinnen

Auch der Grazer Vizerektor Gilbert Reibnegger plädiert dafür, in den Schulen anzusetzen - was ja auch bereits geschehen sei: Die Grazer Uni habe sich gerade heuer "sehr bemüht, vor allem in den steirischen Schulen zu informieren". Bei der Auswertung der Tests, erklärt Reibnegger im Gespräch mit dem _Standard, habe man nämlich festgestellt, „dass der zeitliche Abstand zwischen Matura und Test eine relativ große Rolle spielt". Weil Männer oft erst Bundesheer oder Zivildienst absolvieren, sind drei Viertel der Kandidaten, die gleich nach dem Schulabschluss zum Aufnahmeverfahren antreten, Frauen. Das sei genau jene Gruppe, die sich beim Test schwertut - und letztendlich das für Frauen schlechte Gesamtergebnis verursache. Bei jenen Anwärtern, die sich der Auswahl ein Jahr nach der Matura stellen, gebe es punkto Erfolg keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern. Nur: Da seien bereits mehr als die Hälfte Männer. „Wir müssen den Zeitfaktor genau analysieren", sagt Reibnegger.

Lässt sich der Trend nicht stoppen, wird sich das Geschlechterverhältnis in den Spitälern und Arztpraxen über kurz oder lang umdrehen. Bislang, vor Einführung der Tests, waren gut 60 Prozent der Medizin-AbsolventInnen Frauen. (Gerald John, Peter Mayr, DER STANDARD, Print, 11.8.2009)