Josef Burg war Theodor-Kramer-Preisträger.

F.: Kramer-Gesellschaft

Czernowitz - Wer wie der Autor Josef Burg viermal die Staatsbürgerschaft wechseln musste, um die Fährnisse des 20. Jahrhunderts halbwegs unbeschadet zu überstehen, der mag die letzten Jahre der Donaumonarchie wie einen Vorgriff auf ein "neues" , allseits befriedetes Europa erlebt haben.

Burg, der weise chassidische Erzähler, in dessen jiddischen Texten die "Wälder, die Steine und die Berge" wie unverrückbare Relikte ins Heute herüberragen, war als Ukrainer ein echter "Buko-Wiener" . Er weilte als Student in der Donaumetropole, als die Nazis 1938 die Macht an sich rissen. Der Sohn eines Flößers vom Rande der Karpaten musste nicht nur die Ermordung seiner Familie hinnehmen. Er selbst schwamm wie ein Korkstück auf dem Meer des Elends, das der Stalinismus selbst seinen treuesten Gefolgsleuten bereitete.

Burg, der unerschrockene Erzähler, fand sich nach Usbekistan versetzt, ehe er in seiner Heimatstadt Czernowitz als Deutschlehrer arbeiten musste - und bis 1980 für die Schublade schrieb. Als er später die Tschernowizer bleter herausgab, wurde erst recht fassbar, worin Burgs nobelstes Anliegen bestand: die jiddische Kultur vor dem Vergessen zu erretten. Er tat dies mit der sanften Sprachgewalt einer mythischen Gestalt, vergleichbar vielleicht mit dem großen Aharon Appelfeld, der freilich auf Hebräisch schreibt.

Burg, der Chronist eines furchtbaren Jahrhunderts, ist 97-jährig einem Schlaganfall erlegen. (Ronald Pohl, DER STANDARD/Printausgabe 11.8.2009)