Berlin - Die Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU im Deutschen Bundestag hat bereits eine Tradition von 60 Jahren: Seit Konstituierung des ersten Deutschen Bundestages im Herbst 1949 pflegen sich die Abgeordneten beider Parteien im Parlament zusammenzuschließen. Bis Ende der 1960er Jahre bedurfte ein solcher Zusammenschluss noch eines Parlamentsbeschlusses. Das wurde erst zu Zeiten der Großen Koalition geändert.

Mit Zustimmung der von Helmut Schmidt geführten SPD-Fraktion hieß es von damals in der Geschäftsordnung, dass Zusammenschlüsse solcher Parteien erlaubt sind, "die aufgrund gleichgerichteter Ziele in keinem Land miteinander im Wettbewerb stehen". Erst wenn von dieser Bedingung abgewichen werde, sei die Zustimmung des Bundestages zu einer parteiübergreifenden Fraktionsbildung notwendig.

1976 hatte der damalige CSU-Chef Franz Josef Strauß mit Aufkündigung der Fraktionsgemeinschaft gedroht. Die Drohung wurde jedoch nicht umgesetzt. Anschließend bekam die CSU-Landesgruppe im Bundestag jedoch ihren Sonderstatus verliehen. In der Vereinbarung, die nach jeder Bundestagswahl erneuert werden muss, ist die politische Eigenständigkeit der CSU garantiert. Außerdem manifestiert sich die Sonderstellung der bayerischen Unionspartei in einer Reihe von Privilegien.

So stellt sie in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion immer den Ersten Stellvertretenden Vorsitzenden und hat eine Art Vetorecht. In wichtigen Fragen dürfen die CSU-Bundestagsabgeordneten von ihren CDU-Kollegen in der Fraktion nicht überstimmt werden. Die Selbstständigkeit beinhaltet zudem eigene Organe, eigene Sitzungen der Landesgruppe, finanzielle Autonomie, eine eigene Pressestelle sowie eine besondere Berücksichtigung bei der Besetzung von Ausschüssen und Gremien sowie der Verteilung der Redezeiten im Bundestag.

Die Union (CDU/CSU) in Deutschland wappnet sich aktuell einem Zeitungsbericht zufolge gegen einen Angriff der SPD auf ihre Fraktionsgemeinschaft im Deutschen Bundestag. Die CSU habe bereits bei einem renommierten Juristen ein Gutachten in Auftrag gegeben, das die Rechtmäßigkeit der Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU im Bundestag feststellen solle, hieß es in Medienberichten. Hintergrund seien Befürchtungen, dass die Sozialdemokraten nach der deutschen Bundestagswahl versuchen könnten, die Unionsfraktion auf juristischem Wege zu spalten.

Einen ähnlichen Vorstoß hatten die Sozialdemokraten bereits 2005 versucht. Die erforderliche Änderung der Geschäftsordnung des Bundestages wurde vom Vorsitzenden Franz Müntefering jedoch verhindert. (APA/AP)