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Flugs werden bei den Instituten die einen oder anderen Gebühren aus den Hüten gezaubert.

Foto: AP/Tarantino

Wien - Es war ein Anruf seiner Bank, der Herrn L. aus der Fassung gebracht hat. L. ist Unternehmer und hat bei seiner Bank einen Kredit von knapp 100.000 Euro aufgenommen. Der Vertrag weist eine Zinsvereinbarung von 5,5 Prozent auf, die an den 6-Monat-Euribor gebunden ist - plus Aufschlag von 1,75 Prozent. "Und plötzlich will die Bank den Aufschlag erhöhen, obwohl ich noch nie zu spät mit einer Rate dran war und sich auch sonst an meiner finanziellen Lage nichts verschlimmert hat", empört sich Herr L. im Gespräch mit dem Standard.

Worte ohne Widerhall

Die Bank habe ihm erklärt, dass die Refinanzierungskosten für Geldinstitute gestiegen seien und auf Paragraf 45 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) verwiesen. Was dort steht: "Das Kreditinstitut kann gegenüber Unternehmern Entgelte für Dauerleistungen (Zinsen, Kontoführungsgebühr etc.) unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände (insbesondere Veränderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen, Veränderungen auf dem Geld- oder Kapitalmarkt, Veränderungen der Refinanzierungskosten, Veränderungen des Personal- und Sachaufwandes, des Verbraucherpreisindex etc.) nach billigem Ermessen ändern."

Die Gegenargumentation von Herrn L., dass Banken mit Staatsgeld ausgestattet wurden und die Europäische Zentralbank den Instituten Geld zur Refinanzierung sehr günstig zur Verfügung stellt, fand keinen Widerhall. "Die Bank wollte mir die Zinsen noch am selben Tag um 0,75 bis ein Prozent erhöhen", klagt Herr L. Er sei aber in der "glücklichen Lage" gewesen, gerade ein Haus verkauft zu haben, "also habe ich den Kredit getilgt und suche mir jetzt eine andere Bank". Einem befreundeten Unternehmer fehle dieses Glück: "Der muss jetzt schauen, wie er über die Runden kommt."

Dass die Banken die gesunkenen Zinsen (der EZB-Leitzins steht derzeit bei einem Rekordtief von einem Prozent) nicht - oder nur eingeschränkt - an ihre Kunden weitergeben bzw. Kredite ob der gestiegenen Ausfallsrisiken bzw. Refinanzierungskosten verteuern, sichert den Instituten hohe Zinserträge - was sich auch in den Bilanzen widerspiegelt, die in den vergangenen Tagen vorgelegt wurden.

Diese offenbar gängige Praxis in Banken prangert nun die Arbeiterkammer Niederösterreich (AKNÖ) an. Dort weiß man von Fällen zu berichten, in denen Banken - vor allem kleinere Regionalbanken - auch den Privatverbrauchern die Kreditkosten erhöhen wollen.

Verstoß gegen das Gesetz

Das aber verstößt laut Ernst Hafranek, Bankexperte der AKNÖ, dem Konsumentenschutzgesetz. Laut Hafranek dürften Banken die ihnen entstehenden Mehrkosten (etwa durch erhöhte Refinanzierungskosten) nicht auf den privaten Kreditnehmer abwälzen. "Auch dann nicht, wenn die Bank eine entsprechende Klausel in den AGB verankert hat", wie der Bankexperte festhält. Denn das stelle eine "nicht objektiv nachvollziehbare, einseitige Verschlechterung der Konditionen dar".

Auch beim Verein für Konsumenteninformation (VKI) häufen sich derzeit Anfragen zu Kreditverträgen. VKI-Rechtsexperte Peter Kolba hält die Praxis der Aufschlagserhöhung bei Verbraucherkrediten ebenfalls für unzulässig, "es gibt keinen Grund dafür, dass Banken das machen dürfen". Es sei jedoch in jedem Fall zu prüfen, wie die Konditionen vereinbart worden sind. Bei Unternehmen sei es laut VKI ein Streitfall, ob und wie Banken an den Kreditkonditionen schrauben dürfen, im Verbraucherbereich hält man das für "unzulässig" und erkennt darin "einen Versuch der Banken, die Zinsgleitklausel auszuhebeln".

Bei der Erfindung von Gebühren sind die Institute auch recht kreativ. Beim VKI wurde jüngst ein Vertrag für einen Verbraucherkredit vorgelegt, der neben dem Euribor-Zinssatz auch "anfallende Refinanzierungskosten" in den Kreditkonditionen angibt. Dazu eine VKI-Beratungsexpertin: "Der Kunde wird mit solchen Formulierungen im Dunkel gelassen, was ihn das kosten kann, weil diese Refinanzierungskosten nicht definiert sind."

Schlupflöcher für Gebühren

Auch bei der Einhebung von Gebühren zeigen sich Banken erfinderisch. So wird neuerdings eine Bearbeitungsgebühr verlangt für die - per Gesetz vorgeschriebene - Erstellung einer Jahreskontomitteilung für Kreditkunden. Der Grund: Weil der Gesetzgeber nicht auf die Unentgeltlichkeit hingewiesen hat, müssten Kunden jetzt dafür in die Tasche greifen. AKNÖ-Präsident Hermann Haneder fordert Politik und Gesetzgeber daher auf, solche "Schlupflöcher im Bankwesengesetz schnellstens zu schließen". (Bettina Pfluger, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6.8.2009)