Neue Geldquellen anzapfen: Unternehmen und Privatpersonen sind die Basis von Forschungsfundraising.

Illustration: Gsöllpointner

Das Ansehen eines Landes gründet sich auf seine Leistungen, die Errungenschaften, die eine Nation in Wissenschaft und Forschung hervorbringt, sind einer von vielen wichtigen Gradmessern für den Status quo des wirtschaftlichen Potenzials und dessen Perspektiven für die Zukunft. In vielen Ländern Europas wurde Forschung über viele Jahrhunderte als Aufgabe des Staates betrachtet. Der Staat als Betreiber aller Universitäten hatte direkten Einfluss darauf, welchen Universitätsinstituten und welchen Projekten Gelder zur Verfügung gestellt wurden.

Doch in Zeiten der Krise haben sich die finanziellen Rahmenbedingungen verändert, und jetzt, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, kürzt die öffentliche Hand auch ihre Budgets für die Forschung. Viele Projekte sind durch die Geldknappheit bedroht. "Wir haben für das kommende Jahr mehrere Millionen Euro weniger zur Verfügung", sagt Nina Hoppe, von der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit, Fundraising, Sponsoring der Medizinischen Universität Wien, wo nicht erst seit der Wirtschaftskrise private Spenden ein Thema sind.

Mit dem Universitätsgesetz 2002 wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen, seit 2004 kommt durch Fundraising Geld in die Kassen. Machte das Drittmittelbudget 2006 noch 60 Millionen Euro aus, waren es 2008 schon 71 Millionen. Der Anteil an Privatpersonen, die die Med-Uni Wien unterstützen, stieg in diesem Zeitraum von einem auf fünf Prozent. "2009 sind 30 Prozent dieses Budgets weggefallen, die Jobs vieler Angestellter der Med-Uni Wien sind damit in Gefahr", sagt Hoppe.

Die Spenden kommen aus drei großen Bereichen: Die finanzstärksten Unterstützungen kommen von Unternehmen, die Gelder im Rahmen von Corporate-Social-Responsability-Aktionen zur Verfügung stellen, zum anderen sind es zunehmend auch private Personen, die der Universität Geld spenden - derzeit sind es rund 50 kleinere Investoren, die Summen zwischen 5000 und 50.000 Euro im Jahr lockermachen.

Die dritte Gruppe kommt aus dem Alumni-Club der Med-Uni Wien und funktioniert sehr stark nach amerikanischem Vorbild: Ehemalige Absolventen bilden so wie in Harvard oder Stanford Absolventen-Communitys und unterstützen ihre Alma Mater ein Leben lang: durch Know-how, Kontakte oder Engagement bei der Suche von Geldquellen.

Für den guten Zweck

In den USA hat diese Form des Geldspendens für gemeinnützige Zwecke eine lange Tradition und ist eine Selbstverständlichkeit. "Fundraising ist bei uns nicht kulturell verankert, es wäre wichtig, dass die Politik zum Beispiel die entsprechenden steuerlichen Rahmenbedingungen schafft, die Spenden in Österreich auch finanziell attraktiver macht," sagt Georg Casari, administrativer Direktor des Centers für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (CEMM) und dort für das Fundraising verantwortlich. Was im kulturellen und karitativen Bereich in Österreich bereits geschafft ist, müsse sich in der Wissenschaft erst einmal etablieren, meint Casari.

Klar sei, dass Menschen, die Geld spenden, immer wissen und begreifen wollen, in welchem Projekt sie sich finanziell engagieren. "Der Kampf gegen Krebs oder gegen Infektionskrankheiten hätte gegenüber anderen Forschungsgebieten Vorteile, weil die Menschen eine Vorstellung davon haben, worum es geht", sagt Casari. Sie spricht damit eine in der europäischen Wissenschaftscommunity umstrittene, aber nach wie vor verbreitete Ansicht an: die Arbeit der Wissenschafter im Elfenbeinturm, so abgehoben, dass sie Nichtwissenschafter gar nicht begreifen können. "Es ist eine Herausforderung an unsere Kommunikationskompetenz, mit der wir unsere Arbeit auch Laien transparent machen müssen. Das ist der Grund dafür, dass wir für diese Wissensvermittlung eine eigene Position im CEMM geschaffen haben," sagt Casari.

Engagement zeigen

Aber auch der Aufbau einer Spender-Community ist Knochenarbeit. Am Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) ist das die Aufgabe von Sabina Tandari, Leiterin der Abteilung Fundraising. Dort setzt man vor allem auf Aufklärung, persönliche Kontakte mit Investoren und das Aufspüren neuer potenzieller Unterstützer. "Die Ursache von Krankheiten zu erforschen und sie damit behandelbar zu machen ist ein wichtiger, faszinierender Prozess. Viele wissen nicht, dass sie daran teilhaben können," erklärt Tandari.

Und was bekommen Menschen, die Forschungsinstitute unterstützen? "In erster Linie natürlich Anerkennung und kontinuierliche Updates darüber, was mit dem Geld passiert", erklärt Hoppe - ab einem gewissen Betrag gibt es die Möglichkeit, Labore, Hörsäle oder auch Stipendien nach dem Namen der Spender zu benennen.

"Viele Spender wollen allerdings vollständig im Hintergrund bleiben", weiß Tandari. Die IMBA sei offen für jede Art von Spenderwunsch. Am CEMM wiederum wird derzeit die Fassade renoviert, private Spender sind eingeladen, auch hier zu partizipieren. "Der Startschuss für Fundraising ist gefallen, wir kennen die Instrumentarien, worum es jetzt geht, ist, Bewusstsein zu schaffen. An Wissenschaft kann jeder einzelne teilhaben", sagt Casari. (Karin Pollack/DER STANDARD, Printausgabe, 05.08.2009)