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Der Prozess gegen etwa hundert Teilnehmer der regierungskritischen Proteste haben am Samstag begonnen.

Foto: AP/Fars News Agency, Hossein Salehi Ara

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Ex-Präsident Khatami kritisiert das Verfahren als verfassungwidrig und bezeichnete die Geständnisse als ungültig.

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Teheran - Der frühere iranische Präsident Mohammad Khatami hat den Prozess gegen etwa hundert Teilnehmer der regierungskritischen Proteste scharf kritisiert. Seinen Informationen zufolge verstoße der am Samstag eröffnete Prozess vor dem Revolutionsgericht in Teheran "gegen die Verfassung, geltende Gesetze und Bürgerrechte", sagte der Reformpolitiker laut einer Erklärung seines Büros von Sonntag vor politischen Aktivisten und Abgeordneten.

Das Gericht stütze sich auf "Geständnisse, die unter gewissen Umständen erreicht wurden, die nicht gültig sind". "Diese Art von Inszenierung läuft vor allem den Interessen der Führung zuwider und beschädigt das Vertrauen der Öffentlichkeit", kritisierte der Ex-Präsident.

Verteidiger nicht über Inhalt informiert

Khatami beklagte den Angaben zufolge schwerwiegende Verfahrensmängel: "Das größte Problem mit dem Prozessablauf ist, dass er nicht in öffentlicher Sitzung stattfand." Außerdem seien die Verteidiger der Angeklagten vor Prozessbeginn nicht über den Inhalt der Klagen informiert worden. Den etwa hundert Angeklagten wurden Angriffe auf die nationale Sicherheit, Störung der öffentlichen Ordnung und Vandalismus vorgeworfen.

Auch der immer noch einflussreiche Ex-Präsident Akbar Hashemi Rafsanjani äußerte sich kritisch zu dem ersten Prozess nach den Massenprotesten gegen die umstrittene die Wiederwahl von Präsident Mahmoud Ahmadinejad Mitte Juni. Den Angeklagten werden Aufruhr, Vergehen gegen die nationale Sicherheit sowie Verschwörung gegen das herrschende System vorgeworfen. Vergehen gegen die nationale Sicherheit können im Iran mit dem Tod geahndet werden.

Moussavi: Geständnisse durch "mittelalterliche Foltermethoden"

Der iranische Oppositionsführer Mir-Hossein Moussavi hat der Justiz seines Landes ebenfalls vorgeworfen, die Aussagen der vor Gericht stehenden regierungskritischen Demonstranten durch Folter erzwungen zu haben. Geständnisse der Angeklagten bei dem Prozess vor einem Revolutionsgericht in Teheran seien durch "mittelalterliche Foltermethoden" zustandegekommen, erklärte Moussavi am Sonntag auf seiner Website Ghalam News.

Die Justiz behaupte, die Angeklagten hätten am Samstag zugegeben, Verbindungen zu Feinden unterhalten zu haben und die Islamische Revolution umkehren zu wollen, schreibt Moussavi auf seiner Website. Nach allem, was er gehört habe, habe es sich bei den Aussagen aber um nichts anderes gehandelt als um ein "Stöhnen" nach all dem, was die Angeklagten in den vergangenen 50 Tagen hätten erdulden müssen.

Was sich derzeit in Teheran abspiele, sei eine unbeholfene Vorbereitung des bevorstehenden Amtsantritts der zehnten Regierung, kritisierte Moussavi: "Sie erwarten, dass das Gericht - das selbst betrügerisch ist - beweist, dass es bei der Wahl keinen Betrug gab", fügte er hinzu. Moussavi war Amtsinhaber Mahmoud Ahmadinejad bei der Präsidentenwahl am 12. Juni nach offiziellen Angaben unterlegen.

"Feindde Gottes"

Während des Verfahrens hatten nach Angaben der iranischen Nachrichtenagentur Fars mehrere Angeklagte die Betrugsvorwürfe zurückgewiesen, die während der niedergeschlagenen Massenproteste der vergangenen Wochen angesichts der Wiederwahl von Präsident Mahmoud Ahmadinejad erhoben worden waren. Auch Mohammed Ali Abtahi, der während Khatamis Präsidentschaft (1998-2005) Vize-Präsident war, hatte sich deutlich von den Vorwürfen distanziert. Sollten die Protestteilnehmer vom Revolutionsgericht als "Mohareb", als "Feinde Gottes", eingestuft werden, droht ihnen laut Fars die Todesstrafe. Ansonsten sei mit fünfjährigen Gefängnisstrafen zu rechnen.

Iranischer Abgeordneter: Kein Gefangener wurde gefoltert

Nach Angaben des Berichterstatters eines Sonderausschusses des iranischen Parlaments ist keiner der von dessen Mitgliedern besuchten inhaftierten Demonstranten gefoltert oder misshandelt worden. Kazem Jalali erklärte am Sonntag nach einem Bericht der halbamtlichen Nachrichtenagentur FARS, bei dem Treffen mit den Gefangenen "hat niemand von ihnen über Misshandlungen oder Folter gesprochen".

Die Gefangenen hätten im Gegenteil ihre "Zufriedenheit über das gute Verhalten der Wächter im Evin-Gefängnis zum Ausdruck gebracht", fügte Jalali hinzu, der auch den Außen- und Sicherheitspolitischen Ausschuss des Parlaments leitet. Nach Angaben von Oppositionellen und Menschenrechtsvertretern gilt das Evin-Gefängnis dagegen als eines der schlimmsten Haftanstalten nicht nur des Iran, wo Häftlinge systematisch misshandelt und gefoltert werden. Außerdem würden dort Hinrichtungen stattfinden.

Jalali brachte seine "Besorgnis" über ausländische Medienberichte zum Ausdruck, in denen "Gerüchte" über die Folterungen von Gefangenen verbreitet würden, mit denen diese zu falschen Geständnissen gezwungen werden sollten. Er habe darüber auch mit dem amtierenden Geheimdienstminister gesprochen, sagte der prominente Abgeordnete. Jalali kündigte weitere Treffen mit inhaftierten Demonstranten an. (red/APA)