Die knapp 5 Millimeter grosse Neuseeländische Süsswasserschnecke Potamopyrgus antipodarum vermehrt sich in Europa nur asexuell. Dies macht sie Anfälliger für Parasiten.

Foto: Eawag

Dübendorf/Schweiz - Schweizer und US-amerikanische Wissenschafter haben herausgefunden, dass Sex dabei Hilft, sich gegen Parasiten zu wehren - zumindest bei Schnecken. Die sexuelle Vermehrung bringt einer Population langfristig einen Vorteil, um gegen Schädlinge zu bestehen, wie das Wasser-Forschungsinstituts Eawag der Eidgenössischen Technischen Hochschule mitteilte.

"Warum sich große Teile des Tier- und Pflanzenreichs zur Fortpflanzung mit Sex abmühen, ist eine der spannendsten Fragen der Biologie", schreibt das Wasser-Forschungsinstitut. Viele Pflanzen, Mikroben und einige Reptilien vermehrten sich auch ohne Sex, was auf den ersten Blick effizienter scheine, denn so müssten sich nicht erst zwei Individuen finden, von denen dann nur eines Nachwuchs hervorbringe. Trotzdem sei die sexuelle Vermehrung die dominierende Strategie. Und dies, obwohl die asexuelle Fortpflanzung eine doppelt so hohe Vermehrungsrate zulasse und Komplikationen vermeide.

Der Evolutionsbiologe Jukka Jokela vom Eawag hat nun, unterstützt von Forschern der US-Universitäten in Washington und Indiana, dank Studien an Schnecken einen der Vorteile von Sex nachgewiesen. Jokela untersucht seit 20 Jahren Wasserschnecken, darunter die Neuseeländische Deckelschnecke Potamopyrgus antipodarum, die um 1850 mit Fischen nach Europa verschleppt wurde und seither hier lebt. Die nur fünf Millimeter kleine Schnecke vermehrt sich in Neuseeland sowohl sexuell als auch asexuell, in Europa dagegen nur asexuell.

Asexuelle für Parasiten anfälliger

Letzteres heißt, Weibchen bringen Klone ihrer selbst hervor. Jokela und sein Team haben Populationen der kleinen Schnecke mit besonderem Augenmerk auf den Parasitenbefall untersucht. Dabei zeigte sich, dass es bei den sich sexuell vermehrenden Populationen jahrelang zu keinen größeren Schwankungen der Zahl der Tiere kam. Bei den asexuellen Populationen hingegen wurden innerhalb weniger Jahre anfangs häufige Klonlinien von anderen abgelöst: Die anfänglichen Gewinner, die Asexuellen, waren besonders anfällig für Parasiten geworden.

Laut Eawag wurde dieses Muster zwar schon in mathematischen Modellen vorausgesagt. Jokelas Forscherteam sei nun aber erstmals gelungen, dieses Muster in der Natur nachzuweisen. "Sexuelle Fortpflanzung bringt also einen Vorteil in der Evolution, vor allem dort, wo viele Parasiten vorhanden sind", meint Jokela. Dies könnte auch erklären, warum in Europa schon beobachtet wurde, wie die Schneckenart zuerst massenhaft auftauchte und die Population dann plötzlich zusammenbrach. So fanden sich laut Eawag im Bodensee in den 70er Jahren bis zu 100.000 Exemplare pro Quadratmeter. Heute hingegen ist die Schnecke zwar überall präsent, aber nirgends dominant. (red/APA/AP)