Ein Trommelschlag, der nicht der eigenen Ambition gilt: Jaycee Chan und Angelica Lee.

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Wien - Der Rhythmus von Trommelschlägen begleitete Sid, einen jugendlichen Herumtreiber in Hongkong, schon im Bauch seiner Mutter - damals besorgte das Klopfen noch ein Organ. Vielleicht wurde er deshalb Schlagzeuger, wenngleich das rasante Pochen seines eigenen Herzens auf kein klares Ziel gerichtet ist: Der Sohn eines lokalen Gangsters streunt vielmehr durch ein unstetes Leben. Pure Energie treibt ihn an und lässt ihn immer wieder mit Autoritäten in Konflikt geraten.

In Die Reise des chinesischen Trommlers vom jungen Hongkong-Regisseur Kenneth Bi reibt sich zu Beginn der Gangsterfilm am Drama eines romantischen Draufgängers, der die Etikette der Welt seiner Väter nicht akzeptieren will. Sid jüngste Eroberung heißt Carmen, die Mätresse eines mächtigen Triadenchefs - eine Frau, mit der man sich besser nicht im Bett erwischen lässt. Genau dies wird allerdings zu Sids Verhängnis: Der alte Gangsterchef ist erbost über den aufmüpfigen Liebhaber und verlangt als Genugtuung seine abgetrennten Hände.

An dieser Stelle macht das Gangstergenre einmal Pause. Mithilfe seines Vaters gelingt Sid die Flucht nach Taiwan, wo er unter strenge Aufsicht gestellt wird. Versteckt in den grünen Bergen der Insel, entdeckt der Heißsporn aus der Stadt eine neue Berufung: Er begegnet einer Truppe von Zen-Mönchen, die ihn mit ihrem Getrommel magisch anziehen. Sid schließt sich ihnen an, obgleich sein Teamgeist noch unterentwickelt ist. Und er ist auch einigermaßen überrascht darüber, dass er kaum zum Trommeln kommt. Stattdessen lässt man das neue Mitglied subalterne Dienste verrichten: Er muss Wasser holen oder einen Sack voll Steine vom Fluss herbeischleppen.

Der Schauplatz der Zen-Gemeinde wirkt in Die Reise des chinesischen Trommlers wie das Zugeständnis an ein anderes Publikum. Die Truppe des U Theatre, das auch auf westlichen Theaterfestivals reüssierte, erhält Gelegenheit, seine präzise choreografierten Trommeltänze darzubieten, in denen der Einzelne stets im Kollektiv aufgeht. Die Geschichte eines Abweichlers, der in dieser Runde allmählich Disziplin erfährt und zum sozialen Wesen reift, bietet sich an. Anders gesagt: Überraschungen werden hier keine geboten.

Mit seiner Zusammenführung von traditionellem Hongkong-Kinohandwerk und noch traditionelleren chinesischen Körper- und Geistbeherrschungsstrategien ist Die Reise des chinesischen Trommlers das typisches Produkt eines global ausgerichteten Arthouse-Kinos, das gleich mehrere Interessen und Märkte zugleich bedient. Wobei der spezifische Gehalt solch hybrider Erzählweisen - man denke an Frühling, Sommer, Herbst, Winter ... und Frühling des koreanischen Regisseurs Kim Ki-duk - meist einer universellen und damit oft auch klischierten Darstellung geopfert wird.

Die Hauptrolle des Sid spielt übrigens Jaycee Chan, Sohn des Martial-Arts-Superstars Jackie Chan, der in Hongkong mittlerweile selbst als Popstar und Schauspieler zu einigem Ruhm gelangt ist. Im Film entschließt er sich zwar nicht dazu, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Aber er ist auch nicht bereit, das Feld kampflos einem Verräter zu überlassen. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD/Printausgabe, 29.07.2009)