Weniger um Essen als um Pflanzenenergie geht es in Joseph Beuys "Capri-Batterie" (1985).

Foto: Galerie Konzett, Wien

Bei Dieter Roth gibt es immer etwas zu schnuppern - und sich zu wundern: Zum Beispiel, dass seine nackten Schokoladehasen auch nach über 40 Jahren ganze Räume mit dem verführerisch süßen Duft des Glücklichmachers füllen können. In der Ausstellung Mahlzeit - Essen in der Kunst in der Salzburger Galerie im Traklhaus ist es nicht das Odeur von Kakao - sein solitärer Vollmilchschokoladenlöwe vermag keine derartige Intensität zu entwickeln -, sondern unter anderem jener von Zimt, Ingwer, Kreuzkümmel und Nelke. Roth interessierte bei seinen organischen Kunstobjekten der Prozess des allmählichen Zerfalls und ihrer Veränderung. Nicht alle seine Projekte nahmen allerdings so ein appetitliches Schicksal wie seine Gewürztruhe (1971): Das Pigment der zerriebenen Aromen ist inzwischen verblichen, die Luftdichte ihrer Behältnisse flöten gegangen, trotzdem schwindeln sie ihren über die Jahre fast ausgerauchten Duft noch zwischen den Ritzen ihrer gläsernen Gefängnisse hindurch.

Essen ist schon von Anbeginn der Kunst, also seit der Höhlenmalerei, ein Darstellungsthema: Mit den 1960er-Jahren wird das Essen dann aber nicht nur Stilllebenthema in Öl auf Leinwand, sondern selbst zum Material. Vor dem Hintergrund, dass Leben und Kunst zu jener Zeit immer mehr miteinander verschmelzen, ist der Eingang des Essens in die Kunst wenig verwunderlich.

Die öffentliche Tafel, das Essen mit Freunden wurde nun sogar selbst zum Kunstwerk: Daniel Spoerri hielt den gemeinsamen Schmaus in seinen berühmten "Fallenbildern" fest (die Ausstellung zeigt davon mehrere Beispiele) und prägte auch den Begriff der "Eat Art", die ihren Platz in der Kunstgeschichte zwischen Objektkunst und Nouveau Réalisme fand.

Erfunden hat Spoerri die Eat Art jedoch nicht: Als ihr Vorläufer gilt, trotz völlig anderer ideologischer Ansätze, die 1930 von italienischen Vertretern des Futurismus begründete "Cucina Futurista". Sie erklärten öffentliche Festessen zu Kunstwerken.

Neben Schweinegedärm als Tischdecke (Paul Renner), Osterpinzen aus Gips (Jeff Koons) und Erdäpfeln, die sich aufgesprudelt im Aquarium mal so richtig leicht fühlen dürfen (Iris Andraschek), zeigen Beispiele von Herbert Boeckl und Maria Lassnig jedoch, dass das Genre Stillleben auch im 20. Jahrhundert noch lebendig ist. Wunderbar: Valie Exports umgeschnalltes Homometer II (1976) - ein Brotlaib, von dem sie Passanten Scheiben abschneiden ließ.

Die Ausstellung versammelt allerlei Erheiterndes zum leichten und populären Thema, allerdings auch so manches, was nicht so recht zum Stichwort "Mahlzeit" passen will:Joseph Beuys Capri-Batterie suggeriert etwa, dass die vom Pflanzenorganismus umgewandelte Sonnenenergie als elektrischer Strom durch die Glühlampe fließe. (kafe, DER STANDARD/Printausgabe, 29.07.2009)