"Der Toni ist dankbar für jede Form der Anerkennung" , sagt ein Weggefährte. Nun hat Ex-Abgeordneter Gaal mehr Prominenz als ihm lieb ist. Schuld sind Kontakte zu einem kasachischen Agenten.

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Wien - Der Wiener Zungenschlag passte nicht zum ländlichen Ambiente. Vor einem Herrgottswinkel präsentierte sich Anton Gaal, SPÖ-Chef im Arbeiterbezirk Favoriten, der Öffentlichkeit. Es war nicht die einzige Unstimmigkeit bei Gaals Auftritt am Dienstagabend in der ZiB 2 des ORF.

Unangenehme Fragen muss sich der 69-Jährige, bis vor zwei Jahren noch im Nationalrat, gefallen lassen - und viele seiner Antworten klingen nicht gerade bestechend. Zur Debatte steht, was Gaal mit dem mutmaßlichen kasachischen Agenten Ildar A. zu schaffen hatte. Der Politiker hat Ildar A., der wegen versuchter Verschleppung kasachischer Regimefeinde angeklagt ist, mit einem befreundeten Privatdetektiv und Ex-Heeresagenten zusammengebracht. Dieser soll für seinen Klienten laut Falter in der Folge Adressen ausgeforscht haben, an denen später tatsächlich Entführungsversuche stattfanden.

Vom Rechercheauftrag habe er nichts bemerkt, versichert Gaal: Er habe sich in dem Favoritener Lokal mehr "mit den Kellnern unterhalten" . Den Detektiv habe er, Kraft seines Amtes als Präsident des Zivilschutzverbandes, nur deshalb an Ildar A. vermittelt, weil Letzterer sich eine Sicherheitsberatung gegen Einbruch und anderes Ungemach gewünscht habe. Aus ähnlich banalem Anlass sei er dem Kasachen überhaupt über den Weg gelaufen: Ildar A., quasi ein Nachbar am Laaer Berg, habe ihm sein Haus verkaufen wollen.

"Ich wollte immer ein Diener des Volkes sein" , beteuert Gaal und hofft, "dass das nicht zu theatralisch klingt" . Dass er nun, in der Pension, "in aller Munde" ist, sei im gar nicht recht: "Das wäre mir in der aktiven Zeit lieber gewesen."

Gaals Karriere war lang, aber unauffällig. "Ausgeprägter Gerechtigkeitssinnn" brachte den gebürtigen Niederösterreicher laut Selbsteinschätzung zur Wiener Polizei, "die Freude, mit Menschen zu arbeiten" , in die Politik. Erst Bezirksrat, danach Landtagsabgeordneter, landete er 1990 im Nationalrat, wo er sich als Wehrsprecher etablierte. Einmal ein für die SPÖ untypisch freundliches Wort für die Nato, dann eine Stichelei gegen Ex-Innenminister Caspar Einem - ansonsten fiel der skandalfreie Gaal öffentlich kaum auf. Er habe so gut wie nie die Linie vorgegeben, sondern sie solidarisch mitgetragen, urteilt ein Genosse: "Zu seinem Gewicht als Parlamentarier hat die mächtige Favoritener SPÖ mehr beigetragen als er selbst."

"Dankbar für Anerkennung"

Und dennoch: Nach 17 Jahren im Hohen Haus hat Gaal zweifellos viele Kontakte, wohl auch zu den Heeresgeheimdiensten. Erlag der "Toni" , wie sie ihn in der SPÖ nennen, der Versuchung, Insiderwissen an einen Geheimdienstler zu verkaufen? Ehemaligen Weggefährten fällt schwer, das zu glauben. "Der Toni Gaal ist dankbar für jede Form der Anerkennung, er hat aus Gutmütigkeit und Liebenswürdigkeit sicher einiges getan" , meint ein Ex-Kollege aus dem Nationalrat: "Aber dass groß gecasht wurde, kann ich mir nicht vorstellen."

Andere Aussagen rücken Gaals Rolle in zweifelhaftes Licht: Ex-Innenminister Karl Blecha erzählt, Gaal habe ihm Ildar A. vorgestellt und wissen wollen, warum Österreich Ex-Botschafter Rakhat Alijew, den prominentesten kasachischen Abtrünnigen, nicht an dessen Heimatland ausliefere.

Gaal bestreitet, jemals Geld genommen zu haben. Wenn an den Vorwürfen was dran wäre, argumentiert er, hätten ihn die Behörden wohl angeklagt. Als er über die Ermittlungen gegen Ildar A. informiert wurde, habe er den Kontakt abgebrochen - und sei überdies aus allen Wolken gefallen. So unscheinbar sei der Kasache aufgetreten, dass er sich nicht einmal mehr an dessen Haarfarbe erinnern könne, sagt Gaal: "So stell' ich mir keinen Geheimdienstmann vor." (Gerald John, DER STANDARD, Printausgabe, 23.7.2009)