Karin Leeb

Foto: Hochschober

Ein Chinaturm auf 1750 Meter Seehöhe: Das Hotel Hochschober auf der Kärntner Seite der Turracher Höhe versteht es immer wieder, sich von der Konkurrenz abzuheben.

Foto: Hochschober

Die Wirtschaftskrise mache Schwächen im Sommertourismus offenkundig. Umso wichtiger sei es, dass ein Betrieb auf begeisterte Mitarbeiter zurückgreifen könne, sagt die Chefin des Hotels Hochschober, Karin Leeb, auf Fragen von Günther Strobl.

STANDARD: Lange schien es, als wäre die Krise auf Urlaub. Österreichs Tourismus wurde vom Platzen der Dotcom-Blase und anderen Ereignissen kaum tangiert. Ändert sich das jetzt?

Leeb: Das ist Kaffeesudleserei. Die Österreich Werbung sagt, jetzt sei die Zeit des Inlandstourismus angebrochen und dass es schöne Zuwachsraten geben wird. Wir merken davon noch nichts. Was wir aber sehen, ist, dass es vieler zusätzlicher Aktivitäten bedarf, um das Niveau der Vorjahre zu halten.

STANDARD: Das Problem ist der Sommer, weniger der Winter?

Leeb: Wir müssen viel mehr in den Sommer investieren. Der Winter ist noch immer ein Selbstläufer, da ist Österreich für viele Gäste Ersturlaubsland. Im Sommer sind wir hingegen Zweit-, Dritt- oder Vierturlaubsdestination. Den großen Urlaub machen viele woanders. Die Strukturkrise, die es im österreichischen Sommertourismus immer schon gegeben hat, wird von der Wirtschaftskrise verstärkt.

STANDARD: Manche behaupten, der klassische Haupturlaub ist in Krise?

Leeb: Ich gehöre nicht dazu. Je höher die Anforderungen in der Gesellschaft sind, desto mehr sind wir als Hoteliers gefragt. Wir bieten Urlaub von der Krise. Im Hochschober versuchen wir, Sachen vorwegzunehmen, von denen die Menschen noch gar nicht wissen, dass sie es brauchen könnten.

STANDARD: Das Hotel liegt in 1750 Meter Höhe – ein Refugium für Manager, die im Tal Produktionen zurückfahren, Werke schließen und sich zurückziehen möchten?

Leeb: Das wäre zu einfach gedacht. Ich bin aber überzeugt, dass wir die Krise meistern werden. Wir haben die Mitarbeiter ins Boot geholt, zeigen ihnen unsere Wertschätzung. Das kommt zurück und erlaubt uns, eine Art von Gastfreundschaft zu pflegen, die jetzt noch mehr verlangt wird.

STANDARD: In Zeiten, wo in vielen Betrieben Verzicht gepredigt wird, ist Unauffälligkeit gefragt?

Leeb: Das kann durchaus sein. Die Turracher Höhe und der Hochschober haben eine Tradition im Understatement. Erstens ist die Destination nicht klingend, zweitens ist auch das Haus subtiler im Luxus als viele andere Hotels. In Lech oder Kitzbühel möchte man zeigen, was man hat. Wie die Gäste tatsächlich entscheiden, wird man sehen.

STANDARD: Der Hochschober ist ein Leitbetrieb in Österreich. Was empfehlen Sie Ihren Kollegen, die angesichts der schlechten Prognosen sorgenvoll in die Zukunft blicken?

Leeb: Seid offen, sprecht mit euren Mitarbeitern. Es gibt Ängste. Jeder hat von Kurzarbeit gehört, von Stellenstreichungen. Das sollte man thematisieren. Am Produkt kann kurzfristig nichts geändert werden. In schwierigen Zeiten muss man bei der Leistung noch eins draufsetzen. Das geht nur mit motivierten Mitarbeitern.

STANDARD: Wann haben Sie realisiert, dass es die Krise gibt?

Leeb: Ende Oktober 2008, auf einer Messe in London. Da wollten mein Mann und ich etwas erfahren über Design. Es wurde nur gejammert. Alle CEOs der großen Hotelketten wie Hilton, Intercontinental oder Starwood sind dort gesessen und haben Prognosen abgegeben – eine düsterer als die andere. Da haben wir begriffen, dass die Krise auch uns treffen wird.

STANDARD: Wie haben Sie reagiert?

Leeb: Ende 2008 haben wir überlegt, was wir im Sommer machen und wie wir die Mitarbeiter miteinbeziehen. Wir haben begonnen, auch die Kosten zu durchleuchten.

STANDARD: Sie sind mit vielen Innovationen in den Sommer gestartet, von Alphornwanderungen über Naturerlebnisse mit Five-Finger-Shoes bis zu Schatzkisten am Berg, in denen Ihre Gäste auf Wanderungen kalte Getränke finden. Wie erspüren Sie, was verlangt wird?

Leeb: Durch ständiges Hinterfragen, was gut ist und was besser gemacht werden kann, aber auch durch Beobachtung, was Kollegen von uns machen. Wir reisen in der Welt herum, schauen uns neue Entwicklungen an. Man kann auch aus anderen Branchen super Inputs holen. Und es sind auch die Mitarbeiter, die viel beitragen.

STANDARD: Wie viel Prozent ist dabei Intuition, wie viel Transpiration?

Leeb: Rund 40 Prozent ist die Idee, etwa 60 Prozent die Umsetzung. Die Widerstände, die es zu überwinden gilt, sind oft enorm. (DER STANDARD, Printausgabe, 22.7.2009)