Autohändler Alfred Gramsel vor der Wand, die sein Firmenareal unsichtbar macht: Wenn die Holzbretter, die im Dezember 2008 aufgestellt wurden, nicht abmontiert werden, will er den Klagsweg beschreiten.

Foto: Christian Fischer/Der Standard

Baden - Entlang der A2-Autobahnabfahrt Baden hat die Asfinag im Zuge der Verbreiterung der Fahrbahn eine Holzwand errichtet, um in der Gegend wohnende Bürger vor dem Lärm zu schützen. Der nächste Anrainer, Alfred Gramsel, läuft aber Sturm gegen diese Verbauung. Er besitzt ein Areal, das sich entlang der Auffahrt - und nun auch der Lärmschutzwand - erstreckt. Auf seinem Gewerbegrund steht die Filiale eines Schuhdiskonters und sein Autohaus, das seit 2002 Gramsels Sohn Andreas leitet.

Seit im Dezember 2008 die 2,5 Meter hohe Lärmschutzwand errichtet wurde, kann man den Namen des Schuhgeschäfts von der Autobahnabfahrt aus zwar in Fahrtrichtung Baden noch lesen, zu Gramsels Autos sieht man aber erst, wenn man auf die Bundesstraße abbiegt. „Wir machen seither sicher 20 Prozent weniger Geschäft - und als Vermieter habe ich auch Nachteile", sagt Alfred Gramsel.
So wie die Lärmschutzvorrichtung jetzt dastehe, sei sie zudem gar nicht geplant gewesen. Gramsel verweist auf einen Plan der Bezirkshauptmannschaft, auf dem die Wand nur bis zur Gebäudekante des Schuhgeschäfts verläuft. Aber auch das wäre ihm zu viel Sichtschutz. Der Autoverkäufer will, dass die Wand dort aufhört, wo sein Grundstück beginnt.

Um das zu erreichen, schreckt der Geschäftsmann auch nicht vor einer Klage zurück. „Jetzt gehe ich an die Medien, und wenn das nichts nützt, wird mein Anwalt eine Klage vorbereiten", sagt der Unternehmer. Gegen wen genau, werde man noch eruieren. Aber dass er sich jetzt „wie ein Mensch dritter Klasse" fühlen müsse und man ihn ohne Konsequenzen geschäftsschädigend behandeln könne, das will Gramsel nicht einfach hinnehmen.
Der Lärmschutz sei errichtet worden, ohne dass man ihn eingebunden habe. „Dabei hat mein Vater den Grund bereits 1977 gekauft, als in der Umgebung erst fünf Häuser standen." Dietmar Schalko von der Asfinag verblüfft Gramsels Verhalten: „Dass mir jemand mit dem Anwalt droht, erlebe ich zum ersten Mal", sagt Schalko, der für den Ausbau des Straßenstücks zuständig war. „Es ist alles plan- und bescheidmäßig gebaut worden."
Man sei mit Gramsel sehr wohl in Kontakt gewesen und habe ihm auch angeboten, durchsichtige Platten zu montieren, für die Gramsel allerdings die Mehrkosten übernehmen hätte müssen. „Das wollte er nicht." Sollte Gramsels Kampf bei Gericht zwecklos sein und er sich doch für die anderen Platten entscheiden, müsste er nun auch die Kosten für die Demontage der Holzplatten und die Montage der Glaswände bezahlen - laut Asfinag wären das zirka 15.500 Euro.

Eigenmächtige Demontage

Gramsel ist nicht der einzige Unternehmer an dieser Straßenecke, der mit einer Lärmschutzwand seine Probleme hat. Christian Pallier, Besitzer eines Zweiradzentrums, das auf der gegenüberliegenden Seite der Bundesstraße liegt, hat vor einem Jahr eigenmächtig Platten aus einer Holzwand vor seiner Verkaufshalle entfernt. Die Wand stand bald wieder, doch jetzt ist sie zum Teil abgebaut. Der Weg zur freien Sicht auf sein Geschäft war teuer für Pallier: „Ich habe sicher 20.000 Euro für Lärmschutzgutachten ausgegeben." Pallier baute sein Geschäft so nahe an die Straße, dass das Gebäude Schall von den dahinterliegenden Häusern fernhalten soll.
Lärmschutzmessungen durchführen zu lassen oder die Wand selbst abzubauen kann sich Gramsel nicht vorstellen - außer, jemand anderer übernehme die Kosten. (Gudrun Springer, DER STANDARD Printausgabe, 21.07.2009)