Helene Jarmer (Grüne) ist die erste gehörlose Politikerin, die als Abgeordnete im österreichischen Nationalrat sitzt. Mit ihr zieht auch die Gebärdensprache ins Parlament ein - und führt dazu, dass sich viele Politiker, Fernsehzuseher und JournalistInnen erstmals ausführlich mit dem Thema Gehörlosigkeit befassen.

derStandard.at hat Helene Jarmer gebeten, einige wichtige Gebärden für innenpolitische Begriffe, Personen und Parteien zu zeigen und zu erklären.

Fotos: derStandard.at/Zielina

Jarmer bedient sich der Österreichischen Gebärdensprache. Ihre Reden werden von einem Gebärdensprachdolmetscher übersetzt.

Eine Gebärde steht im Normalfall für ein Wort, bekannte Politiker bekommen auch eigene Gebärdennamen. Wer (noch) keinen Gebärdennamen hat, dessen Name wird buchstabiert - so etwa bei Bundeskanzler Werner Faymann.

Nachdem die Gebärdensprache ein lebendiges Gebilde ist, entwickelt sie sich ständig weiter und neue Namen kommen andauernd dazu.

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Wie Gebärden entstehen, warum in der Politik ein Dolmetscher unerlässlich ist und warum man keinem Politiker einen Gebärdennamen geben kann, mit dem dieser nicht einverstanden ist: Siehe derStandard.at-Hintergrundartikel.

derStandard.at bringt auf den folgenden Seiten ein kleines innenpolitisches Wörterbuch als Ansichtssache.

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SPÖ

Die Gebärde, die die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) darstellt, sind ausgetreckte Finger, die seitlich nach unten deuten. Das symbolisiert einerseits die Nelke im Knopfloch, die das Symbol der SPÖ ist, andererseits die drei Pfeile, das Kampfabzeichen der Sozialdemokratie darstellen.

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ÖVP

Eine der Erklärungen für die Gebärde für ÖVP ist, dass damit der Buchstabe "Ö" dargestellt wird. Das Gesicht repräsentiert das "O", die zwei Pünktchen für das Ö werden durch die Hände dargestellt.

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FPÖ

Die Gebärde für FPÖ leitet sich von der Handform ab, die den Buchstaben F darstellt.

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Grüne

Die Grünen haben sich ja ihren Parteinamen als Programm für ihren Einsatz für den Erhalt der Natur gegeben. "Grüne" wird daher auch einfach mit der Bezeichnung für "grün", also der Parteifarbe, gebärdet.

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BZÖ

Die Gebärde für das BZÖ stellt eine Orange dar -  und orientiert sich damit an der Parteifarbe, die sich das BZÖ gegeben hat.

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Abgeordneter

Die Gebärde für den Abgeordneten/die Abgeordnete ist die einer klopfenden Faust. Das symbolisiert den Brauch, nach Vorlesungen oder Reden auf einen Tisch zu klopfen.

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Integration

Das Zeichen Für Integration: Eine Hand "überlagert" die andere. Allein das sei schon diskriminierend, so Jarmer - die einen sind "oben", die anderen "unten". Daher gibt es ein Zeichen, das sie lieber verwendet, nämlich...

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Doppelintegration

Die zwei Hände liegen nicht übereinander, sondern nebeneinander. Das würde etwa symbolisieren, wenn hörende und gehörlose Kinder gemeinsam unterrichtet werden und so voneinander profitieren - ein wechselseitiges Geben und Nehmen, ohne dass eine Seite "besser" als die andere ist.

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Parlament

Die Abgeordneten sitzen im Österreichischen Parlament in Halbkreisform. Die Hände zeigen diese Halbkreisform der Sitzreihen.

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Politik

Zwei Fäuste, die sich bewegen: Das ist die Gebärde für Politik. Sie bedeutet: Steuerung des Landes durch Gesetzgebung.

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Gebärdensprache

Auch in der Gebärdensprache gibt es zusammengesetzte Worte. Dann müssen auch beide Wörter gebärdet werden. Daher: Die Handbewegung für "gebärden" geht in die Gebärde für "Sprache" über.

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Zwischenruf

Eine logische Gebärde ist die für einen (parlamentarischen) Zwischenruf. Sie wird mit einer Hand symbolisiert, die vor dem Mund zum Sprachrohr geformt ist - und von einer rufenden Mimik begleitet.

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Glawischnig

Der Gebärdennamen der grünen Chefin Eva Glawischnig wird mit einem Finger, der mit einer Haarlocke spielt, gedeutet. Eine typische Glawischnig-Geste, erklärt Jarmer. Somit ein Paradebeispiel dafür, dass Namen oft durch charakteristische Verhaltensweisen einer Person dargestellt werden.

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Huainigg

Der Grundsatz, dass mit Gebärdennamen auch die Namensträgern einverstanden sein müssen, wird oft vergessen. So wurde Franz-Joseph Huainigg (ÖVP), der im Rollstuhl sitzt, bisher mit der Gebärde für Rollstuhl bezeichnet - was ihm nicht besonders gefiel.

Jarmer gab ihm dann den Namen Schildkröte - was Huainigg sehr gefiel, weil er sich selber als so beharrlich wie eine Schildkröte sieht.

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Fischer

Bundespräsident Heinz Fischers Name wird mit der aufgestellten Handfläche gebärdet, die sich wellenförmig bewegt - das Symbol eines Fisches also. Auch in dieser Form werden Gebärdennamen vergeben.

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Jarmer

Helene Jarmers Name stammt aus einer Zeit, als sie noch schulterlange Haare hatte.

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Schüssel

Wolfgang Schüssels Gebärdenname ist ein Symbol, das jahrelang mit ihm untrennbar verbunden war: Das Mascherl. Ein Beispiel dafür, dass Äußerlichkeiten oft herangezogen werden, um Namen zu geben.

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Van der Bellen

Alexander Van der Bellens Name hat mit einem seiner Markenzeichen, dem Drei-Tages-Bart, zu tun.

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Prammer

Bei Nationalratspräsidentin Barbara Prammer ist, ebenso wie bei Wolfgang Schüssel, ein Accessoire ausschlaggebend für den Namen. Barbara Prammer trägt meist eine Perlenkette.

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Obama

Während die Namen österreichischer Politiker nicht international universell verständlich sind, wird Barack Obama überall gleich gebärdet. Sein Name besteht aus einer Aufeinanderfolge von zwei Gesten. Er wird dargestellt durch den Anfangsbuchstaben O, der übergeht in die Gebärde für die wehende amerikanische Flagge.

(Anita Zielina, Marijana Miljkovic, derStandard.at, 20. Juli. 2009)

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