Das waren noch Zeiten: rauchende Musiker! Die fiesen Flipper aus San Francisco.

 

Foto: Hoanzl

Wenn man Flipper hört, denkt man im Normalfall an den Meeressäuger mit dem Loch im Kopf. Schlimmstenfalls an die deutsche Combo Die Flippers (Sha La La, I Love You). Doch der hier behandelte Flipper hat weder mit dem freundlichen Delfin noch mit deutschem Schlager zu tun. Es geht um die gleichnamige Band aus San Francisco. Gegründet 1979, veröffentlichte dieser Vierer 1982 und 1984 zwei Studioalben, einige Livealben, dazu Kompilationen - und blieb bis heute weitgehend unbekannt.

Nun wurden beim Label Domino Generic Flipper (1982), Gone Fishion (1984), Public Flipper Limited Live 1980-1985 (1986) sowie die Kompilation Sex Bomb Baby! (1988) neu ediert. Und: Und am Freitag, 17.7., erscheint auch ihr seit 17 Jahren erstes Studioalbum, Love benannt, in Europa - bislang ohne Österreichvertrieb.

Im Gegensatz zum US-Underground, in dem sich Anfang der 1980er die Ära des Postpunk in Richtung Geschwindigkeit, Hardcore oder New Wave entwickelte, bauten Flipper auf vergleichsweise langsame Musik. Kritiker meinten, das liege vor allem an den mangelnden Fähigkeiten der Band, schneller zu spielen. Dabei wurde übersehen, dass diese doppelte Verneinung gerade den Reiz der Band ausmachte. Wobei Reiz hier vor allem auch aggressive Reaktionen meint: Die Mitglieder von Flipper genossen nämlich zu jeder Zeit den Ruf, gewaltige Hinterausgänge zu sein.

Diese Reputation korrespondierte nicht nur bestens mit den negativen, drogeninduzierten Texten des zweiten Sängers Will Shatter, der 1987 an einer Überdosis sterben sollte, sie führte immer wieder zu Schlägereien während Konzerten der Band. So was taugt der Jugend. Zu den größten Fans der Band zählt bis heute Zeitzeuge King Buzzo von den Melvins, der in den Liner Notes zu den Wiederveröffentlichungen den schönen Satz notiert: "In 1980 Sex Bomb became the new Smoke On The Water."

Damit meint er den "Hit" des späteren Flipper-Debüts, ein durchgeknalltes, achtminütiges Punkrock-, Sex- und Drogenmanifest. Weitere Liner Notes stammen von Prominenz wie Henry Rollins und Krist Novoselic von Nirvana, der aktuell bei Flipper den Live-Bass spielt. Der zähe, brutale Punkrock und dessen infantiler Humor, der sich in Stücken wie Ha Ha Ha drastisch äußert, zeitigt immer noch seine Wirkung. Blödheit vergeht nicht. Das bestätigt die Band in ihrem Tun, schließlich war sie einst mit dem Ansatz angetreten, "the badest" zu sein.

Da gilt es, Sympathien zu vermeiden, selbst wenn das gleichzeitig welche schafft. Etwa bei Produzenten-Gottheit Rick Rubin, der 1992 für sein Label Def American das bisher beste Album der Band produzierte und veröffentlichte: American Grafishy, das mit Songs wie So Fucked Up Once Again klarmachte, dass sich manche Dinge im verwahrlosten Hause Flipper nie ändern werden. Stumpf ist Trumpf. Laut, langsam, böse. Erhabene Blödheit und tiefe Schmähs. Pädagogisch wertlos bis bedenklich. Grober Unfug. Punkrock in seiner Essenz.

Nach einer Absage im vergangenen Jahr sind Flipper im Herbst für ein Konzert in Wien angekündigt: Ha Ha Ha! (Karl Fluch / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.7.2009)