Es wäre zu schön gewesen: Die Insel der Seligen macht ihre Gewinne nur mit redlicher Arbeit (im so lange benachteiligten Osteuropa) und hat sich gar nicht durch die Verheißungen der Finanzwirtschaft - ewiges Wachstum, höchste Zinsen, null Risiko - narkotisieren lassen.

Von wegen. Auch Österreich hat mitgezockt. Die aus dem Finanzministerium ausgegliederte, jenem aber noch direkt unterstehende Bundesfinanzierungsagentur mutierte zur Bundesspekulationsagentur. Jeder zweite Euro aus dem Cash-Bestand der Republik wurde in hochspekulative Wertpapiere gesteckt, deren Hintergrund niemand so richtig kannte. Die Ratingagenturen priesen die Papiere mit den besten Noten. Grund genug, sich mit "Commercial Papers" bei "Firmen" einzudecken, die an vertrauenswürdigen Orten wie den Cayman Islands registriert waren. Zeitweise hatte das kleine Österreich einen beachtlichen Anteil von 1,8 Prozent am weltweiten Asset-backed-Securities-Markt. Die Zockereien liefen fast zehn Jahre und wurden im Sommer 2007 abrupt beendet, laut Rechnungshof zu spät. Derzeit sind noch mindestens 377 Millionen Euro vom Ausfall bedroht.

Man muss die Sache aber auch aus dem Geist der damaligen Zeit sehen. Finanzminister war 2000 bis 2007 schließlich ein Apologet des Finanzkapitalismus, der mit Champagner in die Kameras prostete, wenn die Börsen in die Höhe schossen. Per Saldo könnte die Republik nun schlimmstenfalls mit einer schwarzen Null aussteigen. Nix is g'schehen? Zumindest auf Lerngewinn ist zu hoffen. (Leo Szemeliker, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.7.2009)