Shinichi Sawada: Ohne Titel, 2005/2006, Ton und Email

 

Foto: Kunsthaus Wien / Collection de l’Art Brut, Lausanne / Nobuo Onishi

Wien - Art Brut aus Japan, "rohe" und unakademische Kunst, zeigt eine neue, von der Collection de l'Art Brut Lausanne entwickelt Ausstellung im Kunst Haus Wien. Bis 18. Oktober sind Grafiken, Bilder, Tonarbeiten, aber auch zahlreiche kurze, extra für die Schau produzierte Dokumentarfilme zu sehen, die die Arbeitsweisen der am Rande der japanischen Gesellschaft lebenden 15 autodidaktischen Künstlerinnen und Künstler vorstellen.

"Die japanische Kunstszene weiß mit diesen Dingen leider eher wenig anzufangen", berichtete Kengo Kitaoka, Präsident des Borderless Art Museum NO-MA in Shiga am Mittwoch bei der Presseführung. Ausgehend von medizinischen Aspekten beschäftigt er sich seit 16 Jahren mit dem Schaffen dieser Künstler und kam erst vor vier Jahren in Kontakt mit dem renommierten Art Brut Zentrum in Lausanne. Lucienne Peiry, seit 2001 Leiterin der auf den französischen Maler und Bildhauer Jean Dubuffet (1901-1985) zurückgehenden Institution, zeigte sich sofort interessiert und bereiste Japan: "Ich war überrascht von Reichtum und Vielfalt der Werke der dortigen Art Brut Künstler."

"Sie erfinden ihre eigenen Welten."

Peiry hat die nun in Wien im Rahmen des Österreich-Japan Jahres 2009 gezeigte Schau im Vorjahr für Lausanne kuratiert. "Dort mussten wir die Ausstellung aufgrund des großen Publikumsinteresse verlängern." Zu sehen sind etwa großformatige, mit Filzstift gezeichnete Stadtpanoramen von Yuji Tsuji (geb. 1977), in dicht gedrängten Reihen angeordnete und stets aus der immer gleichen Frontalperspektive dargestellte Miniatur-Eisenbahnwaggons von Hidenori Motooka (geb. 1978), mit japanischen Schriftzeichen großflächig überzogene Blätter von Moriya Kishaba (geb. 1979) und mit Stacheln bewehrte, gebrannte Tonskulpturen von Shinichi Sawada (geb. 1982).

So auffällig die Bezüge zu den österreichischen Gugging-Künstlern sind, bei denen der Horror vacui häufig ebenso einen zentralen Aspekt ihres Schaffens bildet wie die Verbindung von Text- und Bildelementen oder stete, nur leicht variierte Wiederholung desselben Sujets, so verwundert das weitgehende Fehlen spezifischer Elemente japanischer Kunsttradition. "Die japanische Kultur hat auf sie tatsächlich nur wenig Einfluss ausgeübt", meinte Perry, "Sie erfinden ihre eigenen Welten."

Im Borderless Art Museum in Shiga hat Kengo Kitaoka in den vergangenen Jahren eine Sammlung mit Werken von über 200 Art Brut Künstlern zusammengetragen. Die wachsende internationale Anerkennung soll auf Japan zurückwirken, sagte er in Wien: "Ich hoffe, dass mit Ausstellungen wie dieser auch in Japan das Verständnis für diese Kunst weiter wachsen wird." (APA)