Savion Glover und seine Hoofers steppen im Haupthof und in der Halle E des Wiener Museumsquartiers.

Foto: Savion Glover Productions

Wenn Savion Glover "open air" im Museumquartier das Impulstanz-Festival 2009 offiziell eröffnet, dann unter dem Vorzeichen einer anderen Performance: Vexations: Wir nennen es Arbeit (we call it work). 21 Stunden nonstop Erik Satie - siehe unten auf dieser Seite - sind das Präfix für den Auftritt eines Mannes, der den Tap-Dance so erfolgreich mit zeitgenössischer Musikkultur verbunden hat, dass man ihn heute als "Legende" feiert.

Wer Impulstanz kennt, weiß, dass das Festival stets erst eine Lunte zündet, bevor das Feuerwerk losgeht. Und wer den zeitgenössischen Tanz ein wenig unter die Lupe nimmt, erkennt sehr schnell, mit welch differenzierten ästhetischen Mitteln er sich mitteilt.

Auch in diesem Sommer wieder ist das zu den größten Veranstaltungen seiner Art zählende Festival eine Einladung an seine Besucher, den eigenen Kunstgeschmack zu überprüfen.

Im Multiversum des Körpers

Tanz ist, und das wird unter anderem zwischen Neuem Tap (Glover), Konzeptualismus (Xavier Le Roy), Lounge (Chris Haring & Jin Xing), Tanz-Action (Wim Vandekeybus), Minimalismus (Eszter Salamon), Song-Choreografie (Mark Tompkins) und Postklassizismus à la Jiøí Kylián deutlich, ein diskursives Multiversum. Explizite politische Inhalte wie bei Jan Fabre und Tiefenbohrungen in die Schwachstellen unserer Gesellschaft wie bei Davis Freeman überschneiden sich mit künstlerischen Denkmodellen (Jennifer Lacey) und prozesshaften Allegorien (Anne Teresa De Keersmaeker).

Zeitgenössische Choreografie stellt oft auch - wie in Alice Chauchats Love Piece - knisternde Situationen zwischen Performern und Publikum her. Insgesamt ergibt dieses breite Spektrum an künstlerischen Mitteln ein starkes Statement gegen die Eintönigkeit der Entertainment-Spekulation.

In Österreich ist Kunst immer ein Politikum, das Leidenschaften weckt. Gerade ein Festival wie Impulstanz mit seiner komprimierten Dramaturgie kann die Vielfalt seines leidenschaftlichen Publikums gut sichtbar machen und zeigen, dass sich der Gegenwartstanz immer an alle Publikumsschichten wendet. Dementsprechend wird im zeitgenössischen Tanz das Experiment auf Augenhöhe mit der populären Form präsentiert, eine Unterscheidung zwischen "E" und "U" gibt es nicht, es zählt nur die - begründbare - Qualität.

Savion Glovers cooler Stepptanz braucht keine Ideologie, um Black Power zu repräsentieren. Seine legere Virtuosität, seine Direktheit und Hintergründigkeit sprechen mit einer deutlichen Stimme, die auch schon bei Bill Clinton im Weißen Haus willkommen war. Glover tritt auch in der Halle E mit seinem Programm Bare Soundz auf. (Helmut Ploebst, DER STANDARD/Printausgabe, 14.07.2009)