Roland M. Kreutzer, Tripple Internet.

Kleine Zielgruppen, enge Branchen - aber viel Enthusiasmus und eine feine, homogene Leserschaft mit gut definierten Interessen. Das zeichnet die vielen kleinen Medien aus, die offline (etwa Branchenmagazine, größere Vereinszeitungen) und online (ein breites Feld an oft aus Privatinteresse entstandenen und daraus erwachsenen Medien) aktiv sind. Sie sind durchaus erfolgreich, oft Marktführer in ihrem eigenen Segment und mit rund 5 bis 15 Tausend Lesern gar nicht mal so klein. Einige haben den Schwung der ersten Web-Jahre sogar für den Sprung in die Oberliga genutzt.

Dass die wegbrechende Offlinewerbung diese Gruppe von kleineren Medien trifft, ist angesichts der immer mehr eingestellten und umgewandelten Titel offensichtlich. Mich interessiert hier aber vorwiegend der Online-Bereich, der zwar insgesamt weiter steigende Umsätze bringt, von denen kleinere Medien aber immer weniger abbekommen. Ist das Modell der Nische online zum Scheitern verurteilt?

Probleme in der Nische

Probleme macht sicher die "Unterentwicklung" von Kunden auf der anderen Seite: Den kleinen Medien stehen kaum kleine Werbekunden gegenüber. Die wenigen, die da sind verpulvern viel Geld in Übersee (etwa im Search-Bereich) und erkennen lokale Medien nicht als Potential. Sowohl Anzahl als auch Erfahrung und Lokalbezug sind in Österreich hier noch weit ausbaufähig.

Ein böses Szenario für die vielen Nischen-Medien ist auch die immer breiter gestreute Werbung. Früher war ein TKP von 50 Euro (d.h. mit 10000 Einblendungen konnte man 500 Euro lukrieren) für gute Medien der Sorte machbar, heute sind solche Kunden selten. Immer mehr Kampagnen gehen den Weg über größeren Streuverlust bei noch größeren Preisreduktionen. Netzwerkbuchungen ab TKP 3 Euro sind nicht untypisch, was selbst bei Vollauslastung kleiner Medien im Monat nur im dreistelligen Umsatzbereich landet. Ganz zu Schweigen von anderen Abrechnungsmodellen im CPx-Bereich. Machen kleine Medien hier jedoch nicht mit, entgeht ihnen auch dieses Segment.

Wo vergleichbare Produkte im Print-Bereich vor einigen Jahren zumindest drei Mitarbeiter finanzieren konnten (und mussten) wird online vermehrt zur Liebhaberei, die nicht einmal den Webmaster bezahlt. Gibt es also noch Zukunft in dem Medien-Segment? Ich meine: Ja!

Zukunft im Long-Tail!

Kleine Medien sind näher an der Zielgruppe, sind authentischer, flexibler und in der Summe auch noch reichweitenstärker als große. Sie haben beide Vorteile im Netzwerk, wie Vermarkter wissen: Gute Zielgruppen und gemeinsam große Reichweite. Zweiteres wird bereits gut genutzt, ersteres muss erst wieder an Fahrt gewinnen. Aus der "Nähe zur Zielgruppe" wird auch eine "Nähe zum Auftraggeber", wenn man ihn einbindet und er erfahrener mit dem Web wird. Eine Frage der Zeit also.

Neue Werbeformen (von Video über Handy bis zu Speziellem) sind überhaupt ein Thema für Innovatoren, die gerade bei kleinen Medien vertreten sind. Ich glaube fest an das stärkere Wachstum im lokalen KMU-Umfeld in den nächsten Jahren. Und dann wäre noch das weite Feld an Zusatzgeschäften rund um eine Publikation, das noch unerschlossen ist - vom angeschlossenen Shop über sinnvolle Kooperationen bis hin zu Offline-Aktivitäten. Die Durststrecke kleinerer Medien wird nicht ewig dauern, sie müssen sich ihren Platz in der neuen Medienlandschaft aber erst erkämpfen. Bleibt zu hoffen, dass die Marktverzerrung durch Förderungen und staatlichen Mitbewerb nicht zusätzliche Hürden für die feinen Kleinen schafft. (Roland M. Kreutzer, derStandard.at, 7.7.2009)