Andreas Kammerzelt bei einer seiner zahlreichen Tätigkeiten als Sprecher: "Ich habe das Glück gehabt, immer ein Engagement zu haben"

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Andreas Kammerzelt ist vielseitig einsetzbar. Schauspiel, Musical und Oper. Der 29-jährige Wiener hat sich seinen Traum erfüllt und arbeitet auf der Bühne und im Tonstudio. Jungstar ist er keiner, trotzdem hat er regelmäßig Arbeit und immer neue Stellenangebote. Das ist mehr als viele andere Künstler in seinem Alter. Wie er das geschafft hat, erzählte er derStandard.at im Gespräch.

Kammerzelt tourte schon mit Musicals durch Deutschland, Schweiz, Österreich und Japan. Er spielte die Hauptrollen in vielen kleinen Produktionen und Nebenrollen am Volkstheater und Raimundtheater. Bei den Vereinigten Bühnen Wien ist er angestellt. Im Sommer ist er ab 6. Juli bei den Stockerauer Festspielen in "La Cage aux Folles" zu sehen.

Die meisten Österreicher kennen nur seine Stimme. Als Sprecher habe Kammerzelt schon so viele Werbungen gesprochen, dass er schon längst den Überblick verloren habe, wie viele das waren. Durch seine Arbeit als Sprecher war Kammerzelt immer ein halbwegs geregeltes Einkommen. Aber auch auf der Bühne war er nie arbeitslos. "Ich habe das Glück gehabt, immer ein Engagement zu haben", sagt er.

Drang zum Spielen

Dabei hat er früher gar nicht damit gerechnet, tatsächlich Schauspieler werden zu können. "Ich komme aus keiner Künstlerfamilie. Wirklich daran geglaubt, es auf eine Bühne zu schaffen, habe ich eigentlich nicht." Der Spieldrang war aber schon als Kind da. Mit Schulfreunden hat er Filmszenen nachgespielt und Fernsehdokumentationen nachgesprochen. Auch seine Schulklasse hat er mit seinem Blick für die Menschen unterhalten. "Unsere Lehrer habe ich zur Freude meiner Mitschüler immer mit ein paar Posen darstellen können."

Das konkrete Ziel Schauspieler zu werden reifte aber erst während seiner Zeit beim Zivildienst. "Ich hatte damals einen Bürojob, von Montag bis Freitag. Da hab ich mir gedacht: Das kann es doch nicht sein, ich muss es wenigstens versuchen." Also bewarb er sich beim Konservatorium in der Sparte Musical; und wurde abgelehnt. Erst im darauf folgenden Jahr hat er es in die Bühnenausbildung geschafft. "Hätten mich das Konservatorium nicht angenommen, wäre aus mir etwas ganz anderes geworden. Ich habe ein Jahr lang nur auf diese eine Prüfung hingearbeitet."

Motivation durch Krise

Dafür arbeitet er heute noch jeden Tag. Besonders in Zeiten der Wirtschaftskrise. "Nicht nur Talent und Können entscheiden. Das Wichtigste ist, immer präsent zu sein und an sich selber zu arbeiten: Am Körper, an der Stimme, an der Technik, am Repertoire." Regelmäßig sendet er neue Demos an Tonstudios, besucht Castings, geht zu Vorsingen - oft auch erfolglos. "Aber nur dasitzen und warten bis Hollywood anruft, funktioniert nicht."

Freunde und Kollegen in seinem Alter haben phasenweise monatelang kein Engagement. "Das hat zwar viel mit Glück und Pech zu tun, aber auch mit der Bereitschaft, sich ganz auf den Beruf einzulassen." Besonders spürt Kammerzelt die Krise bei seiner Tätigkeit als Sprecher. "Es gibt viel weniger Angebote aus der Werbebranche, dort merkt man das ganz extrem."

Subventionen federn ab

Bei Rollenangeboten habe sich die Krise laut Kammerzelt noch nicht so stark ausgewirkt. "In Österreich und besonders in Wien haben wir natürlich Glück, weil Kultur bei uns stark subventioniert wird. Das federt einiges ab. Aber es ist gut möglich, dass es bald zu Einschnitten kommen wird."

Zukunftsängste plagen Kammerzelt nicht. "Mein Beruf ist ein Privileg, und dafür werde ich weiter täglich arbeiten." Die Tücken seines Berufes kann er auch schnell nennen. "Als Schauspieler lebt man in einer abgeschlossenen Kaste, das lässt sich gar nicht vermeiden. Beinahe mein ganzes Umfeld besteht aus Künstlern." Daher sei es wichtig, sich dessen bewusst zu sein und offen für alles zu bleiben. "Jeden Tag Zeitung lesen, nie das Interesse an der Gesellschaft verlieren und sich nicht der Welt verschließen." (Christoph Böhmdorfer, derStandard.at, 07.07.2008)