Einige der neuen Icons aus dem High-Resolution-Branch des GNOME Icon Themes

Screenshot: Andreas Proschofsky

Im Rahmen einer Präsentation am Gran Canaria Desktop Summit hat das GNOME-Projekt ein aktuelles Update für die eigenen Bestrebungen auf dem Weg zur nächsten Desktop-Generation gegeben. In dem gewohnt locker präsentierten Vortrag zeigte man sich davon überzeugt, dass man den vor einem Jahr ausgegebenen Termin März 2010 einhalten kann, ohne dabei Abstriche bei der anvisierten Funktionalität vornehmen zu müssen.

Status

Den aktuellen Stand präsentierte man in Statusberichten der einzelnen Teilbereich, den Anfang machten dabei die Bemühungen rund um das Aufräumen der Code-Basis. Hier habe es in den letzten Monaten deutliche Fortschritte gegeben, einige der Abhängigkeiten von veralteten Komponenten seien mittlerweile vollständig entfernt worden, bei komplexeren Unterfangen konnte man diese zumindest reduzieren.

Aufräumen

Dabei geht es vor allem um die Entfernung von als "deprecated" gekennzeichneten Bibliotheken, aber auch darum, keine Funktionen aus GTK+ mehr zu verwenden, die mit der Version 3.0 des Toolkit verschwinden werden. Später hielt man dann noch fest, dass man mit GNOME 3.0 keineswegs vom Veröffentlichungstermin von GTK+ 3.0 abhängig sei. Immerhin gehe es aus GNOME-Hinsicht vor allem darum GTK+ 3.0 "ready" zu sein, um so auf diesen Wechsel vorbereitet zu sein.

Probleme

Als problematisch würden sich in dieser Hinsicht vor allem jene Komponenten erweisen, deren Maintenance-Status derzeit ungeklärt ist. Aber auch sonst fordert man die versammelten EntwicklerInnen dazu auf sich aktiv am Cleanup zu beteiligen, oder zumindest "ihre Arbeit zu machen" und die oft bereits verfügbaren Patches einem Review zu unterziehen und in die Code-Basis aufzunehmen.

Barrierefreiheit

Ein für GNOME besonders wichtiger Bereich ist jener der Barrierefreiheit, ist dies doch traditionell eine Stärke des Projekts. Entsprechend unerfreulich, dass gerade die hier enthaltenen Anwendungen massiv mit dem mittlerweile auf Eis gelegten Komponentenmodell Bonobo verwoben sind. Allerdings haben hier vor allem von Sun und Novell gestellte Hacker in den letzten Monaten klare Fortschritte gemacht.

Wichtig sei außerdem, dass die Rendering Engine Webkit mittlerweile massive Verbesserungen aus  einer Accessibility-Perspektive erfahren haben, soll diese doch künftig gleich bei mehreren Desktop-Komponenten - darunter der Browser Epiphany aber auch der Mail-Client Evolution - zum Einsatz kommen. Alles in Allem hofft man nicht nur den Status Quo bei der Barrierefreiheit aufrecht erhalten zu können, sondern sogar einige Verbesserungen vornehmen bzw. mit frischen Anwendungen aufwarten zu können. So denkt man etwa über die Aufnahme eines Tools zur Sound-Visualisierung nach.

Dokumentation

Nicht gerade wenig hat man sich beim Dokumentationsprojekt vorgenommen: Der gesamte User sowie der Accessibility Guide sollen von Grund auf neu geschrieben werden. Nötig wird dies durch den Wechsel auf ein neues Tool zur Erstellung von Dokumentationen: Mallard soll das bisherige Docbook ablösen. In dem Rewrite sieht man aber auch eine Chance, immerhin seien einige Teile der Dokumentation mittlerweile einigermaßen veraltetet, wie man am Rande eingesteht.

Look

Gleichzeitig zeigt man sich aber auch dessen bewusst, dass das visuelle Auftreten eine nicht zu unterschätzende Relevanz für den Erfolg des Desktops hat. Also soll GNOME 3.0 in dieser Hinsicht rundum erneuert werden. Dazu gehört etwa ein neue Generation des eigenen Icon-Themes, die mit hochauflösenden Icons aufwarten kann, sowie ein frisches Widget Theme. Darüber hinaus will man aber auch die Anwendungen nach Layout-Fehlern durchforsten und diese beseitigen. Für einen cleanen Look sei dies mindestens ebenso wichtig wie neue Themes, streicht man heraus.

Neue Komponenten

Die zentralen neuen Komponenten von GNOME 3.0 sollen die GNOME Shell und GNOME Zeitgeist werden. Bei beiden Projekten zeigt man sich davon überzeugt, rechtzeitig die Entwicklung stabilisieren zu können. Bei Zeitgeist will man die Version 1.0 der eigenen Engine in den nächsten Tagen veröffentlichen, auch GNOME Shell soll es in Kürze als Tarballs zum Download geben. Beide Projekte sollen parallel zu GNOME 2.28 als eine Art Preview veröffentlicht werden. Dabei hofft man auch auf die Mitarbeit der Distributionen, damit diese das Testen der neuen Komponenten möglichst einfach machen - und so möglichst viel Feedback noch vor GNOME 3.0 zu erhalten.

Ausblick

Ob GNOME 3.0 tatsächlich im März 2010 erhältlich sein wird, will man in den nächsten zwei bis drei Monaten entscheiden. Ist man bis dahin mit den Fortschritten nicht zufrieden, sei durchaus auch eine Verschiebung um weitere sechs Monate möglich, all zu lange Verzögerungen will man aber verhindern.

Rundherum

Neben den Neuerungen aus Softwaresicht soll sich für GNOME 3.0 noch einiges im zugehörigen Ökosystem ändern. So wird gerade das Marketing auf neue Beine gestellt, auch die Webseite wird momentan von einem eigenen Team vollständig neu gestaltet. Außerdem will man das fixe Release Set etwas aufweichen, und externe Anwendungen stärker in den Vordergrund stellen. (Andreas Proschofsky [@suka_hiroaki auf Twitter] aus Las Palmas / Gran Canaria, derStandard.at, 06.07.2009)