Der Schenkelklopfer ging nicht ganz auf: „Ah, K 1300 R. A nackerte BMW mit mehr Hubraum heißt, dass sie noch größere und unverhüllte Quasten hat." Bevor mein Bekanntenkreis mit Zitronen bedacht wird, als wäre unser Stammlokal eine Saftbar: Der Kenner weiß: K steht bei BMW für Reihenvierzylinder.

Foto: Wolf-Dieter Grabner

Aber was neben all dem Machotum auffällt: BMW hat sich einen Namen gemacht, von dem andere nur träumen können. Nachteil dabei ist halt, dass Nicht-BMW-Fahrer glauben, dass alle Bayrischen weichgestreichelte Boxermopeds sind.

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Oh welch Irrtum: Die K 1200 R war 2004 die stärkste Serien-Naked. Die neue 1300er hat da jetzt mit ihren 1293 Kubikzentimetern noch Eins draufgesetzt - auch wenn sie den Titel inzwischen abgeben mussten. Antrieb und Fahrwerk wurden von der K 1300 S übernommen und angepasst.

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Das heißt, die R schafft eine Leistung von 173 PS bei 9250 Umdrehungen und ein Drehmoment von 140 Nm bei 8250 Umdrehungen. Und damit die R auch bei den Sprints Zeiten hinlegt, die den technischen Daten entsprechen, hat man die Hinterachsübersetzung im Vergleich zur S verkürzt. Also keine Spur von weichgestreichelt, keine Spur vom Boxermotor.

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Weit weg von weichgestreichelt ist auch das Styling. Wunderschön ist die ganze Heckpartie, mit der Einarmschwinge und der Heckleuchte aus Klarglas. Mächtig schaut der Endtopf aus, und bedrohlich ist die Front. Bemerkenswert ist aber, dass man an jedem Detail sieht, dass sich die Bayern überlegt haben, wie sie jedes Teil in das Motorrad hineindesignen können. Allein die Verkleidung des Vorderradträgers ist sexy wie drei Tage Sonnenschein.

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Unter der Verkleidung hat sich aber auch was getan: Der Radträger wurde überarbeitet, und ein Duolever mit neu gestaltetem, unteren Längslenker verbaut, der jetzt auch einen veränderten Anlenkpunkt hat. Dadurch ist die Vorderradführung flacher geworden, der Radstand gewachsen, und BMW hat die Abstimmung der Gasdruckstoßdämpfer straffer angelegt. Das bringt insgesamt ein besseres Handling, trotzdem versuchte mir in engen, flotten Kurven das Vorderrad manchmal abzupaschen wie die Nachbarskatze, wenn der Boxer von gegenüber Freigang hat.

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Na gut, so schlimm war es nicht, und ich bin mir nicht sicher, ob ich da nicht selber ein bisserl schuld war, weil ich zu hart am Lenker agierte. Weil, nachdem ich in einer derartigen Kurve mit dem Knie in meiner Textil-BMW-Motorradlwäsch aufsetze und mir ungewollt eine Haxenlüftung einbaute, wurde ich ein bisserl unlocker. Ungefähr so, wie der Boxer von gegenüber, wenn er eine Maus sieht.

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Klein ist auch die neue Schaltereinheit bei BMW. Ganz ausgereift dürfte die aber noch nicht sein. Der rechte Blinker ging beim Testfahrzeug nur alle paar Tage einmal. Sehr gut funktioniert allerdings die Sonderausstattung ESA II, das elektronisch verstellbare Fahrwerk. Mit an Board des Pressemotorrades ist auch die optional erhältliche Antischlupfregelung ASC und ABS, das über Stahlflexleitungen, 320er Bremsscheiben vorne und eine 265-Scheibe hinten verzögert.

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Verzögert hat mich auch der Schaltassistent. Die Sonderausstattung ermöglicht das Hochschalten ohne Gaswegnahme und ohne Betätigen der Kupplung. Man drückt einfach den Hebel rauf, und die BMW schaltet. Der Hebel ist übrigens neu und hat einen geänderten Drehpunkt und neue Wälzlager.

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Ein leichter Druck auf den Hebel, und die BMW schaltet rauf. Das ist nix für mich, der ich den Ganghebel vor jedem Schaltvorgang vorbelaste. Kaum denke ich daran, dass ich bald schalten möchte, geht ein Ruckler durch die BMW, als wäre ich gerade über den Boxer von gegenüber gefahren.

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Aber an den Schaltassistenten gewöhnt man sich dann rasch und schaltet halt komfortabel. Auch wenn das dann für die K 1300 R, eine ordentliche Nackerte, mit ordentlichen 243 fahrfertigen Kilogrämmern, um ordentliche 16.550 Euro ordentlich weichgestreichelt ist. (Guido Gluschitsch, Foto: Wolf-Dieter Grabner)

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