Zurückgezogen: Pissarros "Le Quai Malaquais" (1907).

Fotos: Christie's

Alles in allem eine langwierige Angelegenheit: Sowohl die Recherchen zu den während des Naziregimes beschlagnahmten oder später abgepressten Kunstwerken als auch die Verhandlungen zu deren Restitution. Nach der Rückgabe wird die artifizielle Erbmasse - zur gerechten Aufteilung unter der Erbengemeinschaft - meistens verkauft.

Eine öffentliche Auktion sollte auch bei einem aktuellen Beispiel den vorläufigen Schlussakkord setzen. Dazu kam und kommt es aber nicht immer. Vor zwei Jahren stellten Kriminalisten in einem Safe der Zürcher Kantonalbank (siehe der Standard, 20. Juni 2009) fünf Kunstwerke namhafter französischer Impressionisten sicher, darunter Camille Pissarros "Le Quai Malaquais" von 1907. 2008 wurde das Bild an Gisela Bermann restituiert, am 23. Juni sollte es, taxiert auf umgerechnet 1,1 bis 1,7 Millionen Euro bei Christie's im Rahmen des Impressionist & Modern Art Evening Sales den Besitzer wechseln. Eine Stunde vor Auktionsbeginn wurde das Bild offiziell zurückgezogen.

Hintergrund ist ein unter den Erben nach Bermann-Fischer entfachter Streit. Konkret sieht sich ein amerikanischer Zweig der Familie, repräsentiert von Itai Schoffmann, Urenkel Samuel Fischers und Neffe der 80-jährigen Gisela Bermann, übervorteilt. Man hätte wohl erst aus den Medien über den Fund und die geplante Versteigerung des Pissarro erfahren. Die von Schoffmann Anfang vergangener Woche eingeforderte 50:50-Aufteilung des Auktionserlöses lehnte Gisela Bermann vehement ab, er wiederum ihr Angebot einer 20-Prozent-Beteiligung.

Den termingebundenen Zeitdruck versuchten Anspruchsteller auch im Falle eines legendären Picasso-Gemäldes zu nutzen, das vor drei Jahren ebenfalls kurz vor der Versteigerung zurückgezogen werden musste. Das aus der wichtigen blauen Periode stammende "Porträt Angel Fernández de Soto" hatte zu diesem Zeitpunkt bereits 60 Jahre Ausstellungsgeschichte auf dem Buckel, 1995 erwarb es Andrew Lloyd Webber für 26 Millionen Dollar bei Sotheby's und wollte es im November 2006 in New York wieder versteigern lassen.

Bereits ein halbes Jahr zuvor hatte Christie's die Auktion des nunmehr auf 40 bis 60 Millionen Dollar taxierten Werkes angekündigt. Aber erst zehn Tage davor gingen Julius Schoeps bzw. das Berliner Moses-Mendelssohn-Institut mit ihren Forderungen an die Öffentlichkeit. Das New Yorker Bezirksgericht schmetterte den Antrag ab, Schoeps drohte mit dem Gang in die nächste Instanz. Zu heikel, befanden Lloyd Webber und Christie's. Bis heute - auch nicht nach dem Hearing vor dem New Yorker Bezirksgericht am 26. März 2009 - konnte man sich noch nicht einmal über die Zuständigkeit des Gerichts einigen. (Olga Kronsteiner, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 04./05.07.2009)