Tom Tom Club Same/Close To The Bone
Nachdem David Byrne und Jerry Harrison parallel zu den Talking Heads jeweils Soloarbeiten veröffentlichten, beschlossen auch Tina Weymouth und ihr Mann Chris Frantz ein Nebenprojekt in Angriff zu nehmen, den Tom Tom Club. Der zeititgte rhythmuslastige, funky Inselalben. Lee Perry, der es ursprünglich produzieren hätte sollen, tauchte nie auf - schade - aber auch ohne sein Zutun haben diese luftige Popalben den Test der Zeit bestanden und wurde eben auf Vinyl und als Deluxe-CD neu aufgelegt. "Under the Boardwalk" - Hah! - ewig nicht gehört! (Universal)

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Chris Knox: "Songs of You and Me"
Der Beck Neuseelands, der schon ein solcher war, bevor es den blonden Loser-Beck überhaupt gab, hatte unlängst einen Herzinfarkt. Blöd. Dieses Album hier (und alle anderen auch) belegen jedenfalls, welch Verlust es wäre, würde dieser verwegene Low-Fi-Punk-Popper keine Musik mehr veröffentlichen. Zwar nicht ganz so genial wie das Album "Croaker", dafür immer noch erhältlich, empfiehlt sich "Songs of You and Me" bestens als Einstiegsdroge. Wer "Croaker" wo sieht - zuschlagen! - und "Liberal Backlash Angst" anhören. Eine der besten Nummern aller Zeiten! (Flying Nun)

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Sunn O))) / Mika Vainio / Joe Preston: "Che"
Seit, was weiß ich, einem halben Jahr erscheinen in regelmäßigen Abständen Suicide Tribute-EPs, auf denen sich Bands und Künstler wie Primal Scream, Bruce Springsteen, Lydia Lunch und andere vor dem Techno-Punk-Duo verneigen. Allesamt waren bisher eher zum Vergessen, Primal Scream ("Diamond, Fur Coat, Champagne") ging noch. Jetzt aber haben sich die Dröhn-Götter Sunn O))) und Mika Vainio von Pan Sonic zusammen getan, um "Che" zu covern. Quasi die Traveling Wilburys von 2009. Aus dem Gitarren-Wall of Sound, in den Vainio warm blubbernde Beats legt, erhebt Joe Preston, einst Melvins, Thrones, Earth etc., seine Grabesstimme. Sechs Minuten Pracht und Herrlichkeit. Nur auf Vinyl und auf 3000 Kopien limitiert. Bewegt Eure Ärsche! (Die B-Seite kann man getrost vergessen).

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St. Vincent: "Anger"
St. Vincent heißt eigentlich Annie Clark und stand bei Polyphonic Spree ebenso im Dienst wie bei Sufjan Stephens. Als St. Vincent produziert sie verwischte elektronische Popmusik, die knackig genug ist, nicht ins Elfental abzudriften. Anämischen Versuchungen steht hier eine eher fette Produktion gegenüber, die in Richtung Indie-Disco weist, am Weg dorthin aber einige Breaks, verdrehte Lyrics und Verweigerungshaltungen überwinden muss. "Save me from what I want." So. (4AD/Edel)

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Flipper: "Gone Fishin'"
Flipper zählen zu den Helden der Melvins. Die Band aus San Francisco hat bereits zuzeiten des US-Hardcores die Geschwindigkeit zugunsten drückender Langsamkeit und entsprechender Brutalität aus ihren Songs herausgenommen. Die Texte sind drogeninduziert, tendenziell negativ, also beste Zeitdokumente der Reagan-Ära. Nun wurde das Flipper-Frühwerk auf Domino neu verlegt, auf "Gone Fishin'" befindet sich der Song "Sacrifice", bekannt vom Melvins-Meisterwerk "Lysol". Ebenfalls empfehlenswert: "American Grafishy", das Rick Rubin 1992 auf Def American produzierte und veröffentlichte. Leider vergriffen. Damals waren Flipper übrigens live im Wiener Bach zu sehen. Meine Herren! (Domino/Hoanzl)

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Wallbangers: "Kick The Drugs"
Unter dem Namen Wallbangers bestreiten Mick Harvey, einst Bad Seeds, sowie Tex Perkins, Chef-Psycho bei den Beasts of Bourbon, ein launiges Wochenend-Unternehmen, das buchstäblich gut im Saft steht. Die Resultate auf dieser 2007 erschienen EP erinnern frappant an die Queens of the Stone Age bzw. das artverwandte Unternehmen Eagles Of Death Metal - nur eben australisch, also eine Spur mehr in Richtung Selbstbeschädigung gedreht. Sehr super! (Spooky Rec)

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Panama! 2: "Latin Sounds, Cumba Tropical & Calypso Funk on the Isthmus 1967-77"
Zwanzig heiße musikalische Postkarten aus dem Land mit dem chirurgischen Schnitt quer durch bietet "Panama! 2". Der Zweier bedeutet, dass es eine "1" da draußen auch noch gibt, dem wird demnächst nachgegangen, denn dieser Sampler fährt mit einer fiebrigen Mischung aus karibischen und südamerikanischen Sounds ins System die ihresgleichen sucht. Rachitische Bläser, brüchige Stimmen, zerdetsche Quetschen - alles steuert auf den Dancefloor. Dazu reicht man mittelamerikanische Sichtungen von US-amerikanischen Klassikern wie "Ain't No Sunshine" von Brother Witters - fantastisch! (Sound Way/Hoanzl)

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Jim Ford: "The Unissued Paramount/Capitol Album"
File under: Vergessener Held. Jim Fords scharfe Mischung aus Country und Soul hat nicht nur Aretha Franklin oder Bobby Womack begeistert, für Nick Lowe war er überhaupt die Inspiration seines Lebens. Lowe wollte für den lange drogenkrank gewesenen und in einem Trailerpark lebenden Ford im Vorjahr dann auch eine Charity-Show organisieren und mit ihm gemeinsam auftreten. Doch Ford starb ein halbes Jahr davor in seinem Wohnwagen. Bear Family Records hat nun zwei nie veröffentlichte Alben dieses unbedankten Großmeisters veröffentlicht: Das beseelte "The Unissued Captitol Album" sowie das mit fettem Funk versehene "Unissued Paramount Album". Er hat nichts mehr davon, wir dürfen uns an diesem Bastard aus Dr. John und Van Morrison delektieren. (Bear Family)

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Shantel: "Planet Paprika"
Stephan Hantel, der als Shantel im Wiener Wuk einen zweiten Wohnsitz gefunden hat, in dem er öfter als drei Mal im Jahr zur Eksatse bitte, legt in Sachen Osteuropa-Import wieder eins nach: "Planet Paprika" heißt das neue Album, das in der Zielgruppe einschlagen dürfte wie eine Konfetti-Bombe. Das Leben ist eine Balkandisco! Nichts Neues unter der Sonne, aber wozu auch alte Familienrezepte verändern? Eben. (Essay Rec./Universal)

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Kitty, Daisy & Lewis
Auf ihrem titellosen Debütalbum lädt dieses britische Familienunternehmen auf eine Zeitreise ein. Der Blues eines Muddy Waters hat es diesen Jungspunden ebenso angetan wie Louis Prima oder die Andrew Sisters. Live schiebt das auf alten Instrumenten extrem an, und da kommen auch die authentischen Bühnenklamotten extrakühl daher. Die Schwestern schauen aus wie zwei leicht verruchte Italoamerikanerinnen zu Beginn der 50er, auf den Straßen in downtown New York oder Chicago. Am Weg zum samstäglichen Bluesclub, zum Aufriss, zum Absturz. Hot shit! (Sunday Best Rec.)

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