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Sabine Ladstätter wird Institutschefin.

Foto: APA/Jäger

Ein Gespräch über den Generationswechsel und ihre Zukunftspläne.

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Standard: Sie übernehmen die Direktorenstelle am Österreichischen Archäologischen Institut (ÖA I) ab 1. Oktober. Da werden Sie wohl weniger Zeit für Ausgrabungen haben?

Ladstätter: Ja, ich werde nicht mehr zu 150 Prozent forschen können. Aber diese Umstellung hat für mich schon begonnen, als ich hier in Ephesos leitende Aufgaben übernommen habe. Erst wenn man lange in der Wissenschaft ist, merkt man wie wichtig es ist zu gestalten.

Standard: Was heißt für Sie Gestalten?

Ladstätter: Das Österreichische Archäologische Institut ist ein kleines Institut, wir sind kein Global Player. Wir müssen jetzt den Anschluss an die internationale Archäologie finden und uns auch noch besser in europäische Netzwerke einbringen.

Standard: Wie wollen Sie das erreichen?

Ladstätter: Ich werde die einzelnen Projekte des ÖAI evaluieren. Wie steht es um den Input und den Output, gerade auch was die internationale Resonanz angeht? Dann werden wir reihen: Hier lohnt sich ein Ausbau, dort können wir Input für internationale Netzwerke leisten. Weniger erfolgreiche Projekte wird man zu Ende bringen müssen.

Standard: Wie stehen Sie zum Thema Öffentlichkeit? Der Menüpunkt "Öffentlichkeit" auf der ÖAI-Homepage führt ins Leere. Warum?

Ladstätter: Ja, da haben wir ein Defizit. Wir als Archäologen sind ja privilegiert, wir haben eine Bilderwelt, wir können etwas zeigen. Ich spüre aber gewisse Hemmungen bei meinen Kollegen, an die Öffentlichkeit zu gehen. Öffentlichkeitsarbeit ist aber nicht nur wichtig für das Fundraising, sondern auch in Hinblick auf die Bevölkerung, der wir es schuldig sind, unsere Arbeit verständlich zu erklären. Denn ihr Interesse ist sehr groß, das spüre ich bei allen Vorträgen.

Standard: Auch in Ephesos? Fühlen sich die Türken da nicht kolonialisiert?

Ladstätter: Für die Türken ist Ephesos ein Teil der nationalen Identität. Und sie fragen sich: Warum graben die Österreicher und andere Nationen hier - und nicht wir? Auch hier ist vieles auf Defizite in der Informationsarbeit zurückzuführen. Wir haben aber durch eine enorme Arbeitsanstrengung viel Vertrauen zurückgewonnen.

Standard: Sind bei Ihnen auch türkische Archäologen im Team?

Ladstätter: Wir haben eine österreichische Lizenz, aber letztes Jahr haben bei uns Forscher aus zwölf Ländern mitgearbeitet, darunter auch viele Türken, zum Teil in wichtigen Positionen. Das kulturelle Erbe ist ein internationales Erbe, so sollte es erforscht werden.

Standard: Das Institut wurde 1898 gegründet. Sie sind die erste Frau an seiner Spitze ...

Ladstätter: Ja. Was man die gläserne Decke nennt, habe ich sehr stark gespürt. Das war, um es neutral zu formulieren, eine sehr interessante Erfahrung. So sehr man als Forscherin auch geschätzt wird, es bezieht sich nur auf die Ausführung einer bestimmten Aufgabe. Was meine Bestellung betrifft: Es gab den Wunsch nach einem Generationswechsel, wohl auch vonseiten der Politik. Das war wohl wichtiger als mein Geschlecht. (Oliver Hochadel/DER STANDARD, Printausgabe, 2. 7. 2009)