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Ivo Sanader mit dem damaligen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer beim EM-Match Österreich-Kroatien

Foto: APA/EPA/Schlager

Zagreb - Völlig überraschend hat sich der kroatische Ministerpräsident Ivo Sanader (56) am Mittwoch aus allen politischen Ämtern zurückgezogen. Gelang es dem Reformer, Kroatien in die NATO zu führen, so bleibt ihm sein großes Ziel, auch die Beitrittsverhandlungen Kroatiens mit der EU erfolgreich zu Ende zu führen, damit verwehrt. Nach dem Sieg seiner HDZ (Kroatische Demokratische Gemeinschaft) bei den Parlamentswahlen 2007 sah es für Sanader so aus, als habe er alle Trümpfe in der Hand. Dazwischengekommen ist Sanader der nach wie vor ungelöste Streit mit Slowenien über die Grenzziehung zwischen den beiden ex-jugoslawischen Teilrepubliken.

Im Mai 2009 war seine HDZ auch bei Lokalwahlen recht erfolgreich: Die HDZ und ihre Koalitionspartner, die Sozial-Liberalen (HSLS) und die konservative Bauernpartei (HSS), gewannen in 13 der 20 Gespanschaften.

"Klares Dankeschön"

Nachdem die EU im Herbst 2005 grünes Licht für Verhandlungen mit Zagreb gegeben hatte, schickte Premier Sanader ein "klares Dankeschön" an den damaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Außenministerin Ursula Plassnik (beide V). "Österreich hat die ganze Zeit hindurch die Aufnahme Kroatiens in die EU unterstützt." Zuvor hatte UNO-Chefanklägerin Carla Del Ponte Zagreb bescheinigt, voll mit dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag (ICTY) zusammenzuarbeiten, obwohl der vom UNO-Tribunal gesuchte Ex-General Ante Gotovina damals noch nicht gefasst war.

Mit Österreich ist Sanader schon seit seiner Studentenzeit verbunden. Mehrere Jahre verbrachte der in der dalmatinischen Hafenstadt Split geborene Politiker in Innsbruck. Hier studierte er vergleichende Literaturwissenschaften und Romanistik. Nach seiner Promotion in Innsbruck 1982 - die Dissertation schrieb er über Jean Anouilh - kehrte Sanader 1983 nach Kroatien zurück, wo er bis 1987 als Redakteur beim Verlag Logos in Split und dem Journal "Mogucnosti" (Chancen) tätig war. Danach zog es ihn wieder in die Tiroler Hauptstadt, um vier Jahre als Unternehmer tätig zu sein. 1990 gründete er auch ein Parteibüro der rechtsnationalen HDZ. 1991 wurde er vom Kroatischen Volkstheater in Split zum Intendanten ernannt.

Erst 1992 entschloss sich Sanader, Berufspolitiker zu werden. Im selben Jahr übernahm er das Amt des Wissenschafts- und Technologieministers und wurde ein Jahr später bis 1995 Vize-Außenminister. Nach dem Krieg (1991-1995) leitete er für ein Jahr die Präsidentschaftskanzlei von Franjo Tudjman, der im Dezember 1999 verstarb. Zwischen 1996 und 2000 bekleidete Sanader erneut das Amt des Vize-Außenministers.

Nachdem die von Ex-Präsident und Staatsgründer Tudjman als nationalistische Sammelbewegung gegründete Partei Anfang 2000 nach fast zehnjähriger Herrschaft die Macht an eine Sechs-Parteien-Koalition unter dem mittlerweile verstorbenen sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Ivica Racan (SDP) abgeben musste, übernahm Sanader im April 2000 die HDZ.

Er arbeitete hart an einer Reform der Partei und entschuldigte sich auch bei allen Bürgern, die Probleme hatten, als die HDZ in den 90er Jahren an der Macht war. In einem Interview mit der APA sah Sanader seine Partei "in dem Spektrum angesiedelt, wo die ÖVP, die CDU/CSU oder die spanische Volkspartei stehen". Kritiker warfen der HDZ freilich vor, weiterhin auch das nationalistische Spektrum bedienen zu wollen und zu wenig gegen Korruption zu tun.

Auffallend war bei Sanader trotzdem: Er benützte keine Hardliner-Rhetorik mehr, die für HDZ-Politiker oft üblich war. Auf dem Parteitag 2002 wurde er zum zweiten Mal zum Parteichef gewählt. Dabei gab es eine heftige Auseinandersetzung mit seinem größten Konkurrenten, den Rechtsaußen Ivic Pasalic, der kurz darauf die Partei verließ und den extremistischen Kroatischen Block (HB) gründete.

Sanader ist verheiratet und hat zwei Töchter. Sein größtes Hobby ist neben dem Fußball das Theater, obwohl er in den vergangenen vier Jahren auch selbst auf der internationalen Bühne eine gute Figur machte. Neben Deutsch hat er auch noch Französisch, Englisch und Italienisch in seinem Fremdsprachenfundus parat. Einer seiner jüngsten außenpolitischen Erfolge ist die Aufnahme Kroatien als nichtständiges Mitglied im Sicherheitsrat der UNO für die Periode 2008/09. Als außenpolitischer Misserfolg wird dagegen die Verzögerung des EU-Beitritts seines Landes in Erinnerung bleiben, nachdem Slowenien auf die von Zagreb in Brüssel eingereichten Unterlagen mit einem Veto reagierte. (APA)