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Überzeugende Wahl: Mit 93 Prozent Zustimmung steigt Katzian zum FSG-Chef auf.

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Der Konsenskanzler gibt sich kämpferisch: Aktien länger besteuern, Gehaltskürzungen nicht hinnehmen. Manche Delegierte hätten sich mehr erwartet.

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Der ehemalige Chef der Fraktion sozialdemokratischer Gewerkschafter Wilhelm Haberzettl fordert die roten Arbeitnehmer auf, sich gegenüber der SPÖ auch Eigenständigkeit zu erlauben.

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Wien - Hohe Prominenz fand sich beim ÖGB-Bundeskongress am Dienstag ein: Neben Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) trat auch Bundespräsident Heinz Fischer vor die Delegierten. Am Abend, zur offiziellen Eröffnung, sprach sich ÖGB-Präsident Erich Foglar neuerlich für eine Vermögensbesteuerung aus. Abgesehen von inhaltlichen Grundsatzreden stellen sich die sozialdemokratischen Gewerkschafter (FSG) auch personell neu auf.

Wolfgang Katzian führt künftig die Fraktion sozialdemokratischer Gewerkschafter an. Der Vorsitzende der Privatangestellten-Gewerkschaft erhielt bei der FSG-Fraktionskonferenz Dienstagnachmittag 93 Prozent der Delegiertenstimmen: ein überraschend starkes Ergebnis für den im ÖGB nicht immer unumstrittenen Stockerauer. Katzian, im Nebenberuf auch Präsident des Fußballklubs Wiener Austria, schaffte es damit als erster Vertreter der Privatangestellten an die Spitze der FSG.

Faymann für längere Spekulationsfristen

Bundeskanzler Faymann sprach sich bei der Konferenz FSG für längere Spekulationsfristen aus. Es sei nicht einzusehen, wieso bei Aktien nur ein Jahr lang eine Steuerpflicht entstehe. Auch sonst gab sich der SPÖ-Chef Mühe, den Bedürfnissen der roten Arbeitnehmer ein wenig entgegenzukommen. Er betonte, dass keiner von Aktien abhängigen Zusatzpensionen bedürfe und wandte sich vehement gegen Nulllohnrunden bzw. Gehaltskürzungen.

Gleichzeitig unterstrich Faymann aber auch, dass nicht alles machbar sei, was wünschenswert wäre. Mit 30 Prozent der Stimmen könne man nicht 100 Prozent der eigenen Politik umsetzen, erinnerte der SPÖ-Chef an die Mehrheitsverhältnisse und konstatierte, dass die Bildung einer Regierung eben auch viel mit Kompromissen zu tun habe.

Umso mehr sei es nötig, dass die SPÖ und die Gewerkschaft zusammenstünden, um kommende Wahlen erfolgreich zu bestreiten. Das derzeitige Verhältnis zwischen Partei und Gewerkschaft sieht Faymann entspannt. Dem Wunsch nach einer Vermögenssteuer kam der Kanzler aber nicht nach, vielmehr erklärte er, gegen eine Steuerdiskussion zu sein, die den Mittelstand belaste. Angepeilt wird vom Regierungschef offenbar eine Senkung der Lohnnebenkosten. Es dürfe ein deutliches Signal der Entlastung der Arbeit und der Belastung des Vermögens von niemandem verwechselt werden.

Kritik am Kanzler

Damit fand Faymann nicht unbedingt überragenden Anklang. In beinahe allen Redebeiträgen der Delegierten wurde Kritik an der Regierungspolitik laut. Vor allem in der Steuerfrage musste sich der SPÖ-Chef einiges anhören. Zwei Delegierte beklagten, dass der steirische Landeshauptmann Franz Voves mit seinem Vorstoß für höhere Vermögenssteuern von der Regierungsspitze Widerstand statt Unterstützung erhalten habe.

Aber auch andere Dinge stießen den Delegierten sauer auf, etwa dass die Manager bei den ÖBB mit riesigen Abfertigungen abgefunden worden seien oder dass der Staat bei der Gewährung des Bankenpakets nicht einmal die Managergehälter eingegrenzt habe. Schließlich wurde noch eine stärkere Fokussierung auf das Ausländer-Thema von Faymann eingefordert.

Der Kanzler ergriff dann außer Programm noch einmal das Wort und warb wiederum um Verständnis und wiederholte, eine Vermögenssteuer dürfe nicht dazu führen, dass der Mittelstand sich zusätzlich belastet fühle.

Katzian pro Arbeitszeitverkürzung

Seinem Votum entsprechend legte Katzian seine Antrittsrede resolut an. Er versprach den Delegierten der sozialdemokratischen Fraktionskonferenz dafür zu kämpfen, "dass die sozialdemokratische Handschrift in der österreichischen Politik stärker sichtbar wird". Es gelinge in der aktuellen Krise nicht, deutlich zu machen, wie das gesellschaftspolitische Gegenkonzept "zum Wahnsinn der Neoliberalen" aussehe, donnerte Katzian.

Nach den vergangenen Wahlniederlagen der Sozialdemokratie verordnete er: "Wir dürfen in den kommenden Wochen und Monaten nicht locker lassen und müssen immer wieder die Verteilungsdebatte führen." In Sachen Arbeitnehmerrechte brachte er konkret das Thema Arbeitszeitverkürzung ins Spiel. In einer Aussendung am Nachmittag forderte die FSG dezidiert "eine dauerhafte Arbeitszeitverkürzung".

Foglar vs. "Diskussionsverbot"

Der designierte ÖGB-Präsident Erich Foglar hat zur offiziellen Eröffnung des ÖGB-Bundeskongresses am Dienstagabend die Diskussion um die Vermögensbesteuerung weiter vorangetrieben. "Soziale Gerechtigkeit heißt für uns mehr Verteilungsgerechtigkeit", sprach er eine angebliche "Schieflage" im Abgabensystem an. Foglar verbat sich bei diesem Thema ein "Diskussionsverbot" sowie "einseitige Festlegungen", denn: "Arbeit gehört entlastet." Zwei Drittel der Steueraufkommen würden aus Lohn- und Umsatzsteuern kommen, so Foglar.

Haberzettl empfiehlt Kuschel-Schluss

Der bisherige Chef der Fraktion sozialdemokratischer Gewerkschafter Wilhelm Haberzettl fordert die roten Arbeitnehmer auf, sich gegenüber der SPÖ auch Eigenständigkeit zu erlauben. Bei der Bundesfraktionskonferenz der FSG im Vorfeld des ÖGB-Bundeskongresses meinte der scheidende Vorsitzende, man dürfe nicht außer Acht lassen, dass es zwischen Gewerkschaft und Partei nicht immer Übereinstimmung geben könne. So empfehle er der FSG, gerade in der Frage der Vermögenssteuer einen "sehr klaren Kurs" zu formulieren.

Schärfer war Haberzettl in einem zugespielten Video, in dem er ebenfalls Bilanz über seine rund drei Jahre an der FSG-Spitze zog. Da empfahl er ein entschlossenes soziales Auftreten der Sozialdemokraten, das den "eher erfolglosen Kuschelkurs, der derzeit gefahren wird", ersetzen könnte.

Bei seiner Rede vor den Delegierten hielt sich der FSG-Chef dann eher zurück. Wer sich von ihm eine Abrechnung erwarte, werde enttäuscht sein, dämpfte Haberzettl schon zu Beginn seines kurzen Vortrages allzu große Erwartungen. So gab es dann auch keinerlei direkte Kritik an Bundeskanzler Werner Faymann. Ganz im Gegenteil hob er hervor, dass es seit dessen Wahl zum SPÖ-Chef wieder ein Verhältnis zwischen Partei und Gewerkschaft gebe, das von Achtung getragen sei. (APA)