Ab Mittwoch, kann die Post bei den geplanten Postamtsschließungen weitermachen. Denn am 30. Juni endet das vom damaligen Verkehrsminister Werner Faymann verordnete sechsmonatige De-facto-Schließungsverbot. Die Post wird dieses Zeitfenster nützen, erfuhr der Standard aus hohen Post-Kreisen, und ihr im Herbst nach Protesten abgebrochenes Schließungsprogramm abarbeiten. Verkehrsministerin Doris Bures hat keine Handhabe dagegen. Sie will heute mit dem Post-Vorstand über die Schließung von Postämtern sprechen. Überzeugen will sie dabei mit "vielen guten Argumenten", beschrieb Bures vor dem Ministerrat am Dienstag ihre "Druckmittel". Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und sein Vize Josef Pröll (ÖVP) wollen zunächst die Gespräche zwischen Bures mit Postmanagement und der ÖIAG abwarten, wie sie einhellig nach dem Ministerrat am Dienstag sagten.

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Wien - Am Mittwoch geht ein neues Zeitfenster auf. Und das wird die Post nützen. Das vom damaligen Verkehrsminister Werner Faymann verhängte Defacto-Schließungsverbot für Postämter vom Dezember 2008 läuft mit 30. Juni aus und bis zum Inkrafttreten des umstrittenen Postmarktgesetzes wird mindestens ein halbes Jahr vergehen. Genug Zeit also für die mehrheitlich staatliche Österreichische Post AG, sich von bis zu 300 unrentablen Postämtern zu trennen.

Zumindest bei 120 bis 150 Post-Filialen könnte es schnell gehen. Für sie habe der für Postämter zuständige Post-Vorstandsdirektor Herbert Götz bereits unterschriftsreife Verträge in der Tasche, die den Ersatz durch so genannte Post-Partner schaffen.

Bei 25 bis 40 weiteren Filialen in Stadtgebieten (wie zum Beispiel fünf in Graz, sechs in Wien) könnte es sogar noch schneller gehen, erfuhr DER STANDARD aus hohen Post-Kreisen. Sie könnten jetzt endlich ersatzlos zugesperrt werden, weil durch ihre Auflassung der Versorgungsauftrag, zu dem die Post im Rahmen des Universaldienstauftrags verpflichtet ist, nicht beeinträchtigt wird. "Die 40 werden wohl bald angegangen werden müssen. Das ist geplant , heißt es in der Post kryptisch. Auch ein Ersatz in Form eines Nahversorgers, einer Tankstelle, einer Trafik oder falls unvermeidlich in einem Gemeindeamt - muss nicht organisiert werden.

Unangenehm

Politisch ist der bevorstehende Schnitt alles andere als angenehm, vor allem für die für den Postmarkt zuständige Verkehrsministerin Doris Bures. In Oberösterreich, wo Postamtsschließungen traditionell besonders große Aufregung hervorruft, stehen Landtagswahlen ins Haus - und die Postministerin kann die Post nicht stoppen, sondern lediglich bitten, Konsultations- und Anstandsfristen für die betroffenen Bürgermeister einzuhalten. Schuld ist das Verwaltungsrecht, es lässt eine Verlängerung der Halbjahresfrist ihres Vorgängers nicht zu.

Der gesichtswahrende Ausweg: Oberösterreich wird bei den Schließungen zunächst verschont und muss erst nach der Landeshauptmannwahl Federn lassen.

Was das Postmarktgesetz betrifft, das Faymann und Bures binnen Halbjahresfrist beschlussreif haben wollten, steht derzeit noch einiges in den Sternen. Man warte auf die Änderungswünsche der ÖVP, drängt man im Verkehrsministerium. Die werde man einarbeiten und den - in der Begutachtung von diversen Interessengruppen nach Strich und Faden zerlegten - Entwurf ins Parlament bringen. Dass Schließungen von der schriftlichen Erlaubnis betroffener Bürgermeister abhängig sind, wird wohl nicht mehr im Gesetz stehen. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Printausgabe, 30.6.2009)