Berlin/Brüssel - Nach der Gewährung eines Staatskredits will das Versandhaus Quelle in den kommenden Monaten sein Überleben sichern. Nun könnten die Winterwaren eingekauft und der Katalog endgültig ausgeliefert werden, sagte ein Quelle-Sprecher am Dienstag in Fürth. Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sagte, Quelle sei durch den Kredit "mitnichten gerettet".
Bund und Länder hatten sich am späten Montagabend auf die Vergabe eines Kredits über 50 Mio. Euro an Quelle geeinigt. Der Bund übernimmt 25 Mio. Euro, Bayern 21 Mio. Euro, weitere vier Mio. Euro trägt Sachsen. Das Darlehen läuft gemäß der Vereinbarung bis Jahresende.
Der Quelle-Sprecher sagte, nun werde das Geschäft wieder "voll auf Fahrt" gebracht. Die Winterware werde eingekauft und eingelagert, um voll lieferfähig zu sein. Auch sollten binnen zwei Wochen sämtliche acht Millionen Kataloge verschickt werden. Das Geschäft im Onlinehandel laufe parallel weiter.
EU genehmigt Hilfe
Die EU-Kommission hat den staatlichen Notkredit für das ums Überleben kämpfende Versandhaus genehmigt. Das Darlehen über 50 Mio. Euro für das Arcandor-Tochterunternehmen erfülle die Kriterien einer Rettungsbeihilfe, erklärte die EU-Kommission am Dienstag in Brüssel. Das Darlehen sei rückzahlbar, auf das erforderliche Minimum und eine Laufzeit von sechs Monaten begrenzt.
Deutschland habe sich verpflichtet, der Kommission spätestens bis Ende des Jahres einen Plan zur Umstrukturierung oder Liquidation der Firma vorzulegen oder die Rückzahlung des Darlehens nachzuweisen.
Die Prüfung des Kredits habe gezeigt, dass die Rettungsbeihilfe des Bundes sowie der Länder Bayern und Sachsen auf das für die Rettung erforderliche Minimum begrenzt sei und die Laufzeit auch nur sechs Monate betrage, erklärte EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes. Die Genehmigung zeige "abermals die Bereitschaft der Kommission, Maßnahmen zur Stützung der Realwirtschaft, die den Wettbewerb nicht übermäßig beeinträchtigen, umgehend zu prüfen".
"Mitnichten gerettet"
Der deutsche Wirtschaftsminister Guttenberg sagte im ZDF, Quelle sei durch den Kredit "mitnichten gerettet". Das Unternehmen habe lediglich eine "faire Chance" bis zum Jahresende bekommen. Der Kredit könne auch für eine geordnete Insolvenz dienen, an deren Ende der Versandhändler abgewickelt werden könnte.
Zugleich verteidigte Guttenberg den Notkredit. Quelle habe das Darlehen nur bekommen, weil sicher sei, "dass die Mittel auch zurückfließen", sagte Guttenberg. Dies sei nun gesichert, weil es sich bei dem Darlehen um einen sogenannten Massekredit handle, der im Falle einer Pleite aus der Insolvenzmasse vorrangig zurückgezahlt werden muss. Eine solche Sicherheit habe es zuvor nicht gegeben, weshalb der Bund zunächst eine Bürgschaft abgelehnt habe.
Deutschlands Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) erklärte, der Kredit sei eine "gute Lösung" für Quelle und die Steuerzahler. Es gebe ausreichende Sicherheiten von Quelle und der Kredit müsse vorrangig zurückgezahlt werden.
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) begrüßte die Zustimmung des Bundes zu der Soforthilfe. Quelle bekomme "in schwieriger Lage endlich eine faire Chance. Das haben das Unternehmen und die 10.000 Familien der Quelle-Mitarbeiter verdient und das ist auch verantwortbar." Die nächsten Wochen und Monate müssten nun allerdings konsequent genutzt werden, erklärte der CSU-Politiker. Quelle habe noch einen schwierigen Weg vor sich. Das Versandhaus hat in Deutschland rund 10.000 Mitarbeiter, 6000 davon in Bayern.
Hängepartie
Die Entscheidung des Bundes über Staatshilfen für Quelle hatte sich in den vergangenen Tagen zur Hängepartie entwickelt. Ursprünglich hatte der Versandhändler eine Rettungsbürgschaft von 50 Mio. Euro beantragt, damit das Unternehmen von seinen Banken wieder Geld bekommt. Dies wurde abgelehnt. Stattdessen prüfte die deutsche Bundesregierung den Notkredit in gleicher Höhe.
Bei Quelle Österreich mit Sitz in Linz herrschte am Dienstag Erleichterung. Man bestreite zwar das "momentan sehr erfolgreiche" operative Geschäft aus eigener Kraft und Liquidität, erklärte Vorstandsvorsitzender Wolfgang Binder in einer Presseaussendung. Es sei aber schwer absehbar, wie lange dazu die eigene Kraft gereicht hätte. (APA/AFP)