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Foto: Tim Brakemeier, dpa

Read my lips: Finanzminister Pröll wehrt sich beharrlich gegen neue Steuern. Diese würden "den Druck von Verwaltungsreformen nehmen" und den Konsum gefährden.

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Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) sprach sich in der ORF-Pressestunde gegen jegliche neuen Steuern aus. Einzig eine Finanztransaktionssteuer hält er für sinnvoll, um dadurch "genau an der Wurzel des Systems", das die Krise verursacht hat, anzusetzen. Eine höhere Mehrwertsteuer, wie sie von Wirtschaftsforscher Bernhard Felderer angeregt wurde, schließt Pröll aus. Jede Steuer würde "den zarten Aufschwung", mit dem Pröll rechnet, "wieder gefährden".

Reformen statt Steuern

Zur Konsolidierung des Budgets setzt der Finanzminister vielmehr auf Einsparungen in der Verwaltung. In der Gesundheit hoffe er etwa auf rund zwei Milliarden Euro Einsparungspotenzial bis 2013. Vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger und der Ärztekammer sei ein gutes Paket vorgelegt worden, das man aber in vielen Punkten noch prüfen und diskutieren werde müssen.

Zum Vorwurf, die Politik würde Verwaltungsreformen schon seit Jahrzehnten versprechen, sagte Pröll: "Wir haben bei weitem nicht alles erreicht im Zusammenspiel von Bund und Ländern, aber es ist viel passiert." Selbst in der Bildung - wo Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) ja mit dem Versuch, zwei Lehrstunden mehr zu erreichen, gescheitert war - sei dies der Fall, etwa durch jährliche Einsparungen von 80 Millionen Euro aufgrund des Verzichts der Lehrervertreter auf Zusatzzahlungen und Prüfungstaxen.

Appell an die Länder

Der Bund habe mit Banken- und Konjunkturpaketen "die Krise weitgehend allein geschultert", sagte der Vizekanzler, nun fordere er auch Solidarität von den Bundesländern ein. Diesen Appell will er vor allem an sozialdemokratische Landesräte adressiert verstanden wissen.

Auf Frage von STANDARD-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmied, warum im Kassensanierungspaket nicht auch bei den Spitälern angesetzt wurde, räumte Pröll ein, Gespräche mit den Bundesländern über die Spitäler seien "unabdingbar und notwendig". Bei der Pflege könne der Staat nicht auf Dauer hundertprozentiger Träger sein, aber den Betroffenen Unterstützung anbieten. Pröll denkt an einen Fonds oder ähnliches, damit sich der einzelne Bürger "entsprechend rüsten kann".

Geld für Hochwasseropfer

Angesichts des aktuellen Hochwassers betont Pröll, dass der Katastrophenfonds ausreichend dotiert sei, um allen Betroffenen helfen zu können. Außerdem schlägt er vor, jene fünf Millionen Euro, die für eine Inseratenkampagne der Regierung im kommenden Herbst geplant sind, für die Flutopfer zur Verfügung zu stellen.

Womit Pröll die Überleitung zum Thema "Kronen Zeitung" gelang: Wie er mit dem vielen Lob des Kleinformats umgehe, wollte Föderl-Schmied wissen. Pröll lenkte die Diskussion lieber auf den jüngst formulierten Dank von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) an bestimmte ORF-Redakteure, die diesen vor der Nationalratswahl unterstützt hätten. Auf die wiederholte Frage zur "Krone", meinte Pröll, er werde sich "davon nicht ablenken, beeindrucken oder beeinflussen lassen".

Auf einen Bundespräsidentschaftskandidaten Erwin Pröll wollte er sich erwartungsgemäß nicht festlegen, sein Onkel sei aber fähig, jedes Amt in der Republik auszuführen. Die Entscheidung über einen Kandidaten werde die ÖVP "zum letztmöglichen Zeitpunkt im Spätherbst" treffen.

Auch bei der Besetzung des EU-Kommissars sowie anderer möglicher EU-Spitzenposten wollte Pröll keine Namen nennen. Das Amt des Dritten Nationalratspräsidenten sollte man "nicht zum Spielball von Parteipolitik" machen. Falls dieser das Verbotsgesetz verletze, werde man ihn der Justiz ausliefern. Aber, so Pröll abschließend, "Martin Graf ist nicht durch Geschäftsordnungstricks zu besiegen".

Kopfschütteln im Kanzleramt

Im Büro von Bundeskanzler Faymann pocht man keineswegs auf eine Regierungskampagne im Herbst, kann aber auch keinen Zusammenhang mit der Hochwasserhilfe sehen. "Da werden ohnehin alle Mittel zur Verfügung gestellt, dazu ist man nicht auf Geld aus einer Regierungskampagne angewiesen", erklärte seine Sprecherin auf APA-Anfrage. "Eine Regierungskampagne gibt es selbstverständlich nur, wenn beide Parteien das wollen." Parteigeschäftsführer Günther Kräuter vermisste bei Pröll Antworten auf "Gerechtigkeitsfragen".

Für FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zeigt schon das Vorhaben, fünf Millionen Euro für eine Regierungskampagne auszugeben, "wie abgehoben" SPÖ und ÖVP seien. Katastrophenhilfe sei "verdammte Pflicht" der Regierung und kein "Gnadenakt". Pröll gehe "keine Verwaltungsreform und auf der anderen Seite keine Bankenreform an". BZÖ-Chef Josef Bucher vermisste bei Pröll Angebote für Klein- und Mittelbetriebe.

Der Grüne Werner Kogler findet Prölls Vorschläge zur Verwaltungsreform "kurios": Diese tauche "bei Pröll als Rettungsanker auf und verschwindet, sobald ein ÖVP-Landeshauptmann am Tisch sitzt." Die Vorstellung, das Budget via Verwaltungsreform konsolidieren zu können, sei "schlicht illusorisch", befand Kogler. (APA, red, derStandard.at, 28.6.2009)