Niemand will sich von Werner Faymann politisch umarmen lassen, außer vielleicht Laura Rudas, das gehört zu ihrem Job als Bundesgeschäftsführerin der SPÖ. Am wenigsten können Journalisten, denen ihre Unabhängigkeit ein wichtiges Anliegen und ihr Kapital ist, etwas mit Faymanns Liebes- und Dankesbezeugungen anfangen. Dass sich Faymann öffentlich bei Krone und ORF-Redakteuren für die "Unterstützung in schweren Wahlkampfzeiten" bedankt, lässt entweder auf ein erschreckendes Medienverständnis schließen oder schlicht auf Instinktlosigkeit am Rande der politischen Dummheit.

Politiker sind bei der Verbreitung ihrer Botschaften und Anliegen auf Medien angewiesen, das ist klar. Das erfordert aber auch eine halbwegs ernsthafte und professionelle Herangehensweise. Die totale Anbiederung ist mit Sicherheit der falsche Weg, auch weil es letztendlich eine Frage der Glaubwürdigkeit ist - und auf deren Ende hinausläuft. Dass manche Zeitungen das Verhältnis zwischen Politik und Medien versauen, weil sie ihre Macht missverstehen und missbrauchen, kann für die Politik keine Ausrede sein.

Es mag für Faymann verwirrend sein, wenn Auftragsschreiber recht flexibel den einen Politiker hochschreiben und den anderen verdammen und der Umschwärmte nicht mehr er selbst, sondern plötzlich Erwin Pröll ist. Mit diesen Launen eines Zeitungszaren muss die Politik umgehen können. Dass Faymann in der Not jetzt die ORF-Kollegen umarmt, haben sich diese aber nicht verdient. (Michael Völker, DER STANDARD, Printausgabe, 27./28.6.2009)