Sieht so ein "Neuanfang" aus? Die grüne Parteichefin Eva Glawischnig kündigte an, dass Bundesgeschäftsführerin Michaela Sburny mit Jahresende aufhört und neben Maria Vassilakou ein zweiter Stellvertreter bestellt wird. Wer, das wollte Glawischnig nicht sagen - bevor sie sich bis September in die Babypause verabschiedete.

Ähnlich konkret auch die Aussagen der Parteichefin zur "programmatischen Neuorientierung der Grünen" : Konkret wolle man mit der Zivilgesellschaft in Dialog treten, sich öffnen und verbreitern und einen "Zukunftspakt" mit Gerechtigkeit im Mittelpunkt schließen. Herauskommen sollen dabei Vorschläge zum Steuersystem, für Kleinunternehmer, zur sozialen Absicherung sowie zur Bildung.

Es scheint, als ob die Grünen kurz vor der Sommerpause aus dem Winterschlaf erwacht wären und erstaunt feststellen: Hoppla, es gibt ja eine Welt, die sich verändert, und Menschen, die an eine Partei den Anspruch stellen, Konzepte zu haben und Personen, die sie vertreten.

Warum gehen die Grünen diese Fragen erst jetzt an? In den vergangenen Wochen und Monaten waren die Grünen mit sich selbst beschäftigt, aber nicht mit ihrer Umwelt: Alternative Vorschläge in Zeiten der Wirtschaftskrise? Fehlanzeige! Dafür jede Menge interner Streit und keine klaren Positionen. Das schlechte Abschneiden der Grünen bei der Europawahl in Österreich war deshalb nicht überraschend, wohl aber das Ausmaß: Es war der größte Verlust auf Bundesebene seit Bestehen der Partei, die sechste Schlappe bei Wahlen in Folge - und die dritte unter Parteichefin Glawischnig.

Statt der Ankündigung, Taten folgen zu lassen, tauchen die Grünen gleich wieder ins Sommerloch ab. Die Präsentation des zweiten Stellvertreters erfolgt erst nach der Geburt des Babys der Parteichefin. Warum eigentlich? Damit sich die Spannung weiter aufbaut? Oder will Glawischnig nicht mehr? Es würde auch jeder verstehen, wenn sich Glawischnig auf die Partei- oder die Fraktionsführung beschränkt. Allerdings sind Zweifel angebracht, ob die Wienerin Vassilakou die Partei führen könnte, deren Landesorganisationen in Salzburg, Tirol und Kärnten manchmal offene Renitenz zeigen.

Dass jetzt weitere Monate ins Land ziehen, bevor Klarheit herrscht, überrascht umso mehr, als im September Landtagswahlen in Vorarlberg und Oberösterreich anstehen. Im Land ob der Enns waren die Grünen in den vergangenen Jahren sogar in der Regierung. Rudolf Anschobers pragmatische Politik wird neben der ÖVP kaum wahrgenommen.

Das ist eines der Hauptprobleme der Grünen: Sie haben derzeit weder Themen noch Personen, mit denen sie auffallen. Glawischnig ist seit ihrer Bestellung vor einem halben Jahr kaum präsent. Ihre Kompetenz in Umweltfragen ist nicht das erste Kriterium politischer Wahrnehmbarkeit. Die Themen Gentechnik und Atom besetzt ÖVP-Umweltminister Nikolaus Berlakovich genauso, den Kampf gegen Rechts erwartet man von den Grünen.

Dabei haben die Grünen unterforderte Köpfe, die sie aber ins Abseits gestellt haben: Van der Bellens Kompetenz in Wirtschaftsfragen ist genauso wenig von der neuen Parteiführung gefordert und gefragt wie die unbestrittene Europakompetenz von Johannes Voggenhuber. Es war ein Fehler, auf ein Kaliber wie Voggenhuber zu verzichten und im EU-Wahlkampf einen Schlingerkurs einzuschlagen: einerseits auf die Attac-Anhänger zu schielen, sich andererseits doch als Europapartei zu gerieren.

Wenn man nicht weiß, wofür die Grünen stehen, dann wissen selbst Sympathisanten nicht, warum sie dieser Partei eigentlich ihre Stimme geben sollten. (Alexandra Föderl-Schmid/DER STANDARD-Printausgabe, 27./28. Juni 2009)