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Jugendlicher Leichtsinn kann beim "Zugklettern" leicht tödlich enden

Foto: AP/Martin Meissner

Wien – Für Kinder und Jugendliche, die auf Eisenbahnwaggons klettern, endet dieser Leichtsinn nahezu immer mit schwersten Stromverletzungen oder in vielen Fällen sogar tödlich. Erst Ende Mai starb ein 15-jähriges Mädchen bei einem Stromunfall in Schwechat, nachdem es auf einen abgestellten Waggon geklettert war. "Viele Jugendliche glauben, dass ihnen beim Klettern auf Waggons nichts passieren kann, solange sie die Oberleitung nicht berühren. Ein fataler Irrtum, denn auch ohne direkten Kontakt des Körpers mit der Stromleitung kann ein Funke überspringen, wobei Temperaturen von mehreren tausend Grad entstehen können", warnt Anton Dunzendorfer, Leiter des Bereichs Heim, Freizeit & Sport im Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV).

Schwerste Verbrennungen als Folge

Dass bereits ein Annähern an die 15.000-Volt-Spannung von Zugoberleitungen zu einer Stromübertragung führt, ist den meisten nicht bewusst. Häufigste Folgen: Tiefe und großflächige Verbrennungen und innere Verletzungen Oft gerät bei diesen so genannten Lichtbogenverletzungen die Kleidung der Opfer in Brand, sodass tiefe und großflächige Verbrennungen entstehen. "Im Durchschnitt ziehen sich die Leute dabei Verbrennungen im Ausmaß von 47 Prozent der Körperfläche zu", erklärt Lars Kamolz, Leiter der Intensivstation für Brandverletzte am AKH Wien.

Schäden führen meist zu Amputation

Durch den Stromfluss werden neben der Haut aber auch tiefer liegende Strukturen geschädigt. "Schwerwiegende Schäden der Muskulatur, den Nerven und der inneren Organe sind sehr häufig. Das endgültige Verletzungsausmaß ist von außen aber anfänglich nicht abschätzbar. Sehr oft lässt sich der definitive Gewebeschaden erst im Rahmen der chirurgischen Versorgung bestimmen. Aufgrund des gewaltigen Gewebeschadens müssen leider sehr häufig auch Amputationen vorgenommen werden, was besonders für Kinder und Jugendliche dramatische Auswirkungen hat", erklärt Kamolz.

Schädigungen des Nervengewebes und der Blutgefäße führen oft auch zu massiven Langzeitschäden und körperlichen Einschränkungen. Hinzu kommen schwere Verletzungen durch Stürze aus großer Höhe, wenn die Verletzten durch den Stromschlag vom Dach des Waggons geschleudert werden. "Aufgrund der Vielzahl an Schädigungen sind meist mehrere Operationen durch spezialisierte und erfahrene plastische Chirurgen notwendig", meint Manfred Frey, Leiter der Abteilung für Plastische und Rekonstruktive Chirurgie am AKH Wien. Aufgrund der schwerwiegenden Verletzungen, einer bestehenden Atemlähmung oder von Herzrhythmusstörungen verstirbt der Verletzte häufig noch am Unfallort.

"Jugendliche sind nicht unverwundbar"

Häufige Ursachen, warum Jugendliche auf abgestellte Waggons klettern, sind Übermut, der Wunsch Gleichaltrigen zu imponieren, "cool" sein zu wollen oder ihren Mut unter Beweis zu stellen. Viele Jugendliche glauben, "unverwundbar" zu sein und dass Unfälle nichts anderes als Zufall sind und ihnen selbst nicht zustoßen können, sondern nur anderen passieren, meint Frau Frau Titscher, Psychologin an der Abteilung für Plastische und Rekonstruktive Chirurgie des AKH Wien. "Bereits die Nähe zur Oberleitung auf Eisenbahnwaggons führt aber mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer Stromübertragung, die in den meisten Fällen tödlich endet. Hier ist verstärkt Aufklärung notwendig, um junge Menschen vor einem derartigen Unglück zu bewahren", betont Dunzendorfer.

Wie verhält man sich bei einem Stromunfall?

"Ist ein Stromunfall passiert, heißt es rasch und richtig reagieren. An erster Stelle steht hierbei möglichst rasch professionelle Hilfe zu rufen", empfiehlt Kamolz. Das Bergen eines Verletzten aus der Gefahrenzone sollte aber immer professionellen Hilfskräften überlassen werden, denn der Selbstschutz steht natürlich an erster Stelle. Sollte der Patient außerhalb der Gefahrenzone sein, gelten die Regeln der ersten Hilfe.

Das KfV hat gemeinsam mit der Intensivstation für Brandverletzte am AKH Wien die Broschüre "Verbrennungen: Prävention und Erste Hilfe" herausgegeben, die zu diesem Thema genauere Informationen liefert. (red, derStandard.at)