Wien - Die umstrittene Neuregelung der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), die neben der Übernahme von EU-Recht im Wesentlichen Bestimmungen zur Verfahrensbeschleunigung enthält, ist heute, Freitag, im Wirtschaftsausschuss mit den Stimmen der Regierungsparteien ÖVP und SPÖ beschlossen worden. Die Oppositionsparteien, die bereits am Dienstag aus dem Ausschuss ausgezogen waren, blieben bei ihrem Protest und haben auch heute nicht teilgenommen. Die Grünen gaben ein Gastspiel, deponierten laut Parlamentskorrespondenz ihre Kritik und zogen wieder aus dem Ausschuss aus. FPÖ und BZÖ waren zur Sitzung nicht erschienen.

Kritik

Nach Ansicht von Opposition und Umweltparteien gehört die Novelle zum UVP-Gesetz in den Umweltausschuss und nicht in den Wirtschaftsausschuss. Die Grünen kritisierten heute das Tempo, mit dem das neue Gesetz derzeit durchgeschleust werden soll. "Es gab überhaupt keine Parteienverhandlungen, die Regierung will das Gesetz einfach durchpeitschen", sagte die Umweltsprecherin der Grünen, Christiane Brunner zur APA. Vor der Sommerpause gebe es noch drei Plenartage, an denen die UVP behandelt wird. "Und wir werden da sicher noch heftig debattieren", so Brunner. Das Umweltverträglichkeitsgesetz sei ein "Wirtschaftsverträglichkeitsgesetz". Bemängelt wird unter anderem, dass Energieeffizienz für die UVP keine Rolle spiele.

Kritik kommt auch von Umweltorganisationen: Mit der Behandlung der UVP-Novelle im Wirtschaftsausschuss werde der "Bock zum Gärtner gemacht", denn dieser sei weder kompetent noch zuständig, Umweltfragen zu lösen, so WWF, Global 2000 und VIRUS in einer gemeinsamen Pressemitteilung.

Inhaltlich ist die Novelle laut Parlamentskorrespondenz zunächst eine Reaktion auf die UVP-Richtlinie der EU. Darin ist vorgesehen, dass bei der Festlegung der Vorhaben, die einer UVP zu unterziehen sind, die Sensibilität des Standorts zu berücksichtigen ist. In diesem Sinne lege die geplante Gesetzesänderung nun niedrigere Schwellenwerte für die UVP-Pflicht für bestimmte Projekttypen in schutzwürdigen Gebieten fest. Weiters verankert der Entwurf u.a. die Verpflichtung, in der Umweltverträglichkeitserklärung auch ein Energiekonzept vorzulegen. Außerdem sind detaillierte Bestimmungen zur Verfahrensbeschleunigung enthalten.

Zeitgewinn für wichtige Projekte

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (VP) rechnet durch die Beschlussfassung noch vor dem Sommer mit einem Zeitgewinn für wichtige Projekte, die Österreich aus Sicht der Konjunktur und der Versorgungssicherheit braucht. Umweltminister Nikolaus Berlakovich (VP) betonte, es sei gelungen, das Verfahren zu beschleunigen, ohne dabei die Interessen des Umweltschutzes und der Anrainerrechte zu beeinträchtigen. Diese Novelle ermögliche wirtschaftliche Entwicklung bei gleichzeitiger Sicherung der hohen Qualität von Umweltschutz, Wasserschutz und Klimaschutz.

SP-Umweltsprecherin Petra Bayr und SP-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter bedauern das erneute Fernbleiben der Opposition im Wirtschaftsausschuss heute im Parlament. Die inhaltliche Diskussion sei wichtiger als eine erneute Geschäftsordnungsdebatte, selbst wenn das UVP-Gesetz thematisch im Wirtschaftsausschuss nur als die "Second-best-Variante" angesehen werden könne, so Bayr am Freitag gegenüber dem SPÖ-Pressedienst.

Bei der gestrigen Verhandlung zwischen den Umweltsprechern der Regierungsparteien im Parlament sei man übereingekommen, in einer zweiten Lesung im Plenum zur UVP-G-Novelle noch selbstverständlich positive Änderungen zu ergänzen. Dies betreffe vor allem Maßnahmen zur Reduktion von klimarelevanten Treibhausgasen, Beiträge zu Transparenz und Dauer der Daten im Internet und die Vertretung der Umweltanwälte und NGOs im Umweltrat. Die Beteiligungsmöglichkeiten von Bürgerinitiativen und Umwelt-NGOs sei in künftigen Novellen aber besonders im vereinfachten Verfahren durchaus noch verbesserungsfähig, so Matznetter und Bayr.

Positive Reaktionen aus der Wirtschaft

Heftige Kritik kommt auch von den beiden Oppositionsparteien BZÖ und FPÖ. Positive Reaktionen auf den heutigen Beschluss des Wirtschaftsausschusses gab von Wirtschaftsvertretern.

Die wichtige Materie werde im falschen Ausschuss behandelt, und das auch noch geschäftsordnungswidrig, kritisierte BZÖ-Energiesprecher Rainer Widmann in einer Pressemitteilung. Er appelliert, diese Novelle endlich im Umweltausschuss in einem ordnungsgemäßen parlamentarischen Verfahren zu behandeln.

Die Novelle zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz werde am Umweltausschuss vorbeigeschummelt, kritisierte FPÖ-Abgeordneter, Wirtschaftsausschuss-Abgeordneter Alois Gradauer. Unter dem Deckmantel einer vermeintlichen Verfahrensverkürzung würden die Bürgerrechte und Mitbestimmungsrechte, also der Kern des UVP-Verfahrens massiv beschnitten. Energieeffizienz stelle in dieser Novelle kein Genehmigungskriterium dar, das schade letztendlich der Versorgungssicherheit.

Erfreut über den UVP-Beschluss des Wirtschaftsausschusses sich ÖVP-Klubobmann-Stellvertreter und Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner: "Wir haben einen ausgewogenen Kompromiss zwischen Wirtschafts- und Umweltinteressen beschlossen." Für die erneute Abwesenheit der Oppositionsparteien im Wirtschaftsausschuss habe er kein Verständnis. Mit dem heutigen Beschluss des neuen UVP-Gesetzes im Ausschuss könnten Investitionen in der Höhe von über 13 Mrd. Euro bis 2020 auf den Weg gebracht werden, was rund 100.000 Arbeitsplätze sichern und schaffen werde.

Die Industriellenvereinigung (IV) drängt auf eine ehestmögliche Umsetzung der Novelle und hofft auf eine rasche Realisierung der notwendigen Investitionen. Man habe sich zwar eine stärkere Verankerung des öffentlichen Interesses an der Versorgungssicherheit in der UVP gewünscht, die nun beschlossene Novelle enthalte aber doch dringend notwendige Verfahrensbeschleunigungen und -vereinfachungen. Dabei würden weder Bürgerrechte beschnitten noch der Umweltschutz eingeschränkt", betonte IV-Vize-Generalsekretär Peter Koren. (APA)