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Rebekah Wade wird zur mächtigsten britischen Zeitungsmacherin

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Wie viele haben heute früh den Daily Mirror gelesen und die Kündigung eingereicht?" Mit solchen Rundmails motiviert Sun-Chefredakteurin Rebekah Wade ihre Mitarbeiter beim britischen Boulevardblatt, wenn sie eine Story verschlafen haben.

Wades Verteiler erweitert sich mit September deutlich: Rupert Murdoch macht die 41-Jährige mit September zur Vorstandschefin all seiner britischen Zeitungen. Vom Qualitätsblatt The Times über das kostenlose thelondonpaper bis zum meistgelesenen Massenblatt The Sun und ihrer News of the World. Bei diesem Sonntagsboulevardblatt hat Wade 1989 als Reporterin angefangen. Als Sekretärin hatte sie sich davor bei dem kurzlebigen Londoner Boulevardblatt The Post versucht. "In dem Job nutzlos, weil sie dauernd damit beschäftigt war, Journalisten über die Schulter zu schauen, wie sie arbeiten", zitierte der Independent Kollegen.

Wade "hat sich mit einer Energie und einem Enthusiasmus in unserem Konzern hochgearbeitet, die wahre Leidenschaft für Zeitungen belegen - und die Einsicht in die Schlüsselrolle von unabhängigem Journalismus für die Gesellschaft": So kommentierte ihr 78-jähriger Boss Murdoch ihre Beförderung.

Der Guardian beschreibt die Beziehung von Wade und Murdoch als "enger denn jene von Eigentümer und Chefredakteur". Wade werde beschrieben als "Tochter, die Murdoch nie hatte". Keine seiner vier Töchter hat offenbar Wades Energie.

"Große Kampagnenjournalistin" nennt Murdoch die neue Kommandeurin seiner Britblätter. Schon als Chefredakteurin der News of the World erregte Wade Aufsehen mit ihrer Kampagne, Namen und Bilder Pädophiler zu veröffentlichen. Sie ließ seitenweise Polizeibilder - auch unschuldig - Verdächtiger abdrucken. Leser griffen zur Selbstjustiz. Mit 34 machte Murdoch Wade zur Chefin seines Boulevardriesen Sun. Wade kampagnisierte weiter, etwa gegen illegale Einwanderung.

Nicht nur Zeilen schlägt sie: Ein Disput mit dem TV-Serienstar an ihrer Seite brachte diesem einen Cut ein und sie aufs Kommissariat. Die Story wäre ein Fressen gewesen für ihre Sun.

Anfang Juni heiratete die Frau mit den markanten roten Locken ihren zweiten Mann. Charlie Brooks betrieb einen Sexversand, war Amateur-Jockey, schreibt Thriller. Dem Tatler bot er Einblick ins Privatleben der medienscheuen, aber prominentest vernetzten Wade: sonntags zum Lunch in Harry's Bar in Venedig jetten. Der Guardian süffisant: "Nun hat Wade den Job, der zu ihrem Lebensstil passt."  (Harald Fidler, DER STANDARD; Printausgabe, 26.6.2009)