Anneliese Rohrer und Reinhard Christl haben mich eingeladen, Ihnen ein paar Sätze mit auf den Weg ins Berufsleben zu geben. Und beide haben mir gesagt, ich soll Sie wenn möglich nicht noch weiter deprimieren, weil Ihnen ohnehin jeder sagt, dass im Journalismus alles ganz schrecklich wird; dass Qualitätsjournalismus keine Chance mehr hat, weil ihn keiner bezahlen will und dass ohnehin niemand mehr Journalisten braucht, weil bei google.news stellt ja auch ein Algorithmus die Nachrichten zusammen. Aber das wissen Sie alles schon - und dass in dieser Branche fixe Anstellungen nach dem Journalisten-Kollektivvertrag mit 15 Monatsgehältern und Quinquenniums-Sprüngen immer rarer werden, das haben Sie ja alle schon in der Praxis erlebt.

Also der eine Auftrag war, Ihnen nicht schon wieder zu sagen, wie schwierig und mühsam alles ist. Und der zweite Auftrag war, Ihnen etwas über den ORF zu erzählen. Das hat mich in ein Dilemma gebracht - was jetzt ... Also habe ich mich entschlossen, Ihnen heute nichts über den ORF zu erzählen ...

Jedenfalls haben mich Rohrer und Christl gebeten, ich solle Sie ein bisschen aufmuntern und motivieren und Ihnen sagen, dass sich Qualität trotz allen Krisengeredes lohnt und dass sich gute Journalisten auf jeden Fall durchsetzen werden, weil man sie in Zukunft mehr brauchen wird, denn je. Und dieser Auftrag trifft sich gut, denn genau das wollte ich Ihnen ohnehin sagen ...

Erst mal muss ich Sie allerdings loben: Die allermeisten von Ihnen haben es in 8 Semestern zum Magister geschafft. Und niemand hat länger als 10 Semester gebraucht, wurde mir gesagt. Das finde ich sehr beeindruckend. Ich habe nämlich für meinen Magister im Hochleistungs-Studium Politikwissenschaft statt der vorgesehenen 8 Semester schlanke 28 gebraucht und bis zur Promotion insgesamt 40. Was können Sie daraus lernen? Dass Sie auch mit nicht ganz planmäßigen Lebensläufen zu einem Job kommen können, der sie ernährt. Dabei hilft es allerdings, wenn sie ein paar Dinge beachten.

Und hier muss ich eine kleine Einschränkung machen: ich muss jetzt ein paar von Ihnen enttäuschen, nämlich all jene, die ihre berufliche Zukunft in der PR oder im Marketing sehen. Davon verstehe ich gar nix und deshalb kann ich Ihnen auch überhaupt nichts Qualifiziertes sagen: Außer, tun Sie den Journalisten hier im Saal und allen anderen einen Gefallen:
Bitte lügen sie nicht!

Sonst habe ich zu diesem Thema nicht viel zu sagen. Ich bin nämlich der festen Überzeugung, dass PR und Marketing und Journalismus zwei ganz verschiedene Berufe sind. Deshalb war ich auch überrascht, dass manche von Ihnen sagen, Sie wollen in die PR gehen, aber auch weiterhin journalistisch arbeiten. Sorry, aber das klingt für mich, als wollten Sie eine Burka tragen und gleichzeitig einem FKK-Klub beitreten ... Oder der FPÖ und den Grünen.

PR und Journalismus haben zwei völlig unterschiedliche, ja sogar gegensätzliche Ziele: PR will etwas verkaufen. Journalismus will aufklären. In der PR geht es um Interessensvertretung, im Journalismus geht es - ich weiß es klingt pathetisch - um die Suche nach der Wahrheit und um das Hinterfragen und Aufdecken von Interessen. Dazu bedient man sich mitunter ähnlicher Mittel, aber der Zweck und das Ziel könnten nicht unterschiedlicher sein.

Jetzt können Sie aber ein durchschnittliches österreichisches Printmagazin aufschlagen - und völlig zu Recht sagen: Das ist ja völlig weltfremd! Was redet der da? Und sie hätten sogar recht. In vielen Magazinen ist der Unterschied zwischen Journalismus und PR nicht mehr erkennbar. Deshalb sollten Sie, wenn Sie wirklich eine berufliche Karriere im Journalismus vorhaben - möglichst schnell eine sehr grundsätzliche Entscheidung treffen: Wollen Sie E-Journalismus machen, U-Journalismus oder K-Journalismus?

Die Unterscheidung zwischen E- und U-Journalismus habe ich mir aus der Musik ausgeborgt - von der Unterscheidung zwischen E- und U-Musik, also ernster und Unterhaltungs-Musik. Das gibt es auch im Journalismus, glaube ich: Sie können ernsten Journalismus machen oder Unterhaltungs-Journalismus. 

Ich sage ihnen mal ein klassisches Beispiel für U-Journalismus: All das, wo über dem Ressort Society steht oder People oder Lifestyle. So etwas wie die BUNTE oder das SEITENBLICKE-MAGAZIN. Wo Sie über Dinge schreiben, die für den Lauf der Welt gänzlich irrelevant sind, die aber Millionen Leser, Seher und Hörer gerne wissen wollen. Immerhin ist Tratsch eines der wirklichen Urbedürfnisse des Menschen.

E-Journalismus steht für ernster Journalismus: Da geht es um jene Themen, die unser Zusammenleben als Gesellschaft prägen, also um Dinge wie Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur.
Es wird Sie nicht wundern, dass mir persönlich der E-Journalismus etwas näher steht, auch wenn ich in meiner Freizeit jede Menge U-Journalismus konsumiere. Beides kann ja gut und professionell gemacht sein. Aber beides kann auch die Form von K-Journalismus annehmen.
K-Journalismus gibt's in unterschiedlichen Varianten: Als Kommerz-Journalismus und als Kampagnen-Journalismus. 

K-Journalismus, vertritt nicht die Interessen der Leser, Seher oder Hörer - in dem er ihnen hilft, die Welt besser zu verstehen. Sondern das ist etwas, das sich als Journalismus tarnt.
Kommerz-Journalismus ist als Journalismus verkleidete Anzeigen-Keilerei. Kampagnen-Journalismus ist als Journalismus verkleidete Politik. 

Derartigen Kampagnen-Journalismus konnten sie in den letzten Monaten eindrucksvoll beobachten - während des EU-Wahlkampfs. Das findet üblicherweise in Boulevard-Blättern statt und funktioniert ganz klassisch über den Appell an Ressentiments. Mit politischer Aufklärung hat Kampagnen-Journalismus nichts zu tun - es ist geradezu das Gegenteil davon. Eine Sonderform von K-Journalismus ist übrigens Krawall-Journalismus. Auch Boulevard, auch Ressentiment - aber da geht es nicht um Politik sondern um Auflagen-Maximierung mittels Marktschreierei. Leicht zu identifizieren übrigens durch die hochfrequente Verwendung der Wörter „exklusiv" und „Skandal".
Kommerz-Journalismus wiederum kann man ganz einfach definieren: Höflich als verlängerte PR, weniger höflich als Prostitution mit journalistischen Mitteln. Das ist etwas, das sich als Journalismus ausgibt, dass aber in Wahrheit nur Inserenten oder Interessensgruppen befriedigen soll. Wenn ich z. B. den Wirtschaftsteil einer Tageszeitung aufschlage, die so heißt, wie ein Land, das wir alle gut kennen - und ich finde dort Riesenartikel darüber, dass eine Elektrokette ab sechs Uhr früh irgendwelche Sonderangebote verklopft - natürlich redaktionelle Artikel. Und zwei Seiten weiter finde ich, ganz zufällig, das Inserat der Elektrokette. Oder wenn in Lifestyle-Magazinen oder Beilagen vor allem über jene Produkte geschrieben wird, deren Hersteller auch inserieren. Oder wenn sich Ministerien mit großen Inseraten oder ganzen Zeitungsbeilagen wohlwollende Berichterstattung erkaufen können.

Kommerz-Journalismus ein echter Wachstumsbereich - Verleger wollen und müssen ja Geld verdienen. Deshalb gibt es in diesem Bereich auch noch immer Jobs. Ich glaube aber, Sie sollten sich bevor Sie hauptberuflich im Journalismus loslegen, ganz grundsätzlich überlegen, ob Sie das wollen.
Und wenn, dann sollten Sie sich bewusst dazu entschließen. Weil es Ihnen Spaß macht, weil es gut bezahlt ist, weil Sie ein interessantes Angebot haben. Aber es sollte Ihnen auch bewusst sein, dass Sie dann zwar etwas machen, was an der Oberfläche wie Journalismus aussieht, aber kein Journalismus ist, sondern redaktionelle PR. 

Da werden Sie ihr Handwerkszeug, das sie die letzten vier Jahre gelernt haben, gut einsetzen können - aber Debatten über hehre Ideale journalistischer Ethik werden Sie in der Kantine führen und nicht in der Redaktionskonferenz.

Was aber, wenn Sie E-Journalismus interessiert - ernster Journalismus? Das ist ja der, der momentan vermeintlich den Bach hinunter geht, weil es dafür offenbar kein funktionierendes Geschäftsmodell mehr gibt. Das ist tatsächlich ein Problem - auch in Ländern mit besseren Voraussetzungen als in Österreich. Nur als Beispiel: Im Archiv des SPIEGEL arbeiten mehr Journalisten als in der gesamten PROFIL-Redaktion. Was wir in der ZiB2 mit 7 Leuten machen, dafür hat das ZDF-Heute Journal 33. Und bei der New York Times arbeiten fast drei mal so viele Journalisten, wie bei PRESSE, STANDARD, KLEINER ZEITUNG und SALZBURGER NACHRICHTEN zusammen. Und selbst dort werden überall Jobs abgebaut. Das ist natürlich ein enormes Problem. Es gibt in nächster Zeit objektiv weniger Jobs bei ernsthaften Medien. Viel weniger. Das ist die schlechte Nachricht.

Die gute Nachricht ist: Gute junge Journalistinnen und Journalisten sind so gesucht wie Ölquellen. Ich sage Ihnen ein Beispiel: vor ein paar Jahren hat ein junger Mann, von dem kein Mensch in der Branche vorher je gehört hat, begonnen im FALTER Artikel zu schreiben, in denen es meistens um Unregelmäßigkeiten bei der Justiz oder bei der Polizei ging. Diese Artikel hatten alle etwas gemeinsam: sie waren relevant, sie waren exzellent recherchiert und sie waren nirgendwo sonst zu lesen. Der junge Mann war, wie Sie vielleicht wissen, Florian Klenk. Innerhalb weniger Jahre hatte Klenk dann nicht nur jeden wichtigen Journalismus-Preis in diesem Land gewonnen, vom Vorhofer-Preis bis zum „Journalisten des Jahres", sondern er hatte auch Job-Angebote von jedem relevanten Medium in diesem Land, von jeder anständigen Tageszeitung, von PROFIL, vom ORF-Report - er konnte sich aussuchen, wo er arbeiten wollte. Er hat allerdings etwas sehr Vernünftiges gemacht: er ist nach Hamburg gegangen, in die Politik-Redaktion der ZEIT. Von dort ist er vor nicht mal zwei Jahren dann wiedergekommen, als stellvertretender Chefredakteur des FALTER. Aber er hätte auch überall sonst in Österreich arbeiten können.

Was können Sie aus diesem Beispiel lernen? Sehr viel Ermutigendes, finde ich. Sie können sich innerhalb ganz kurzer Zeit mit ein paar, wenigen Geschichten einen Namen machen - und eine journalistische Karriere. Die Voraussetzung ist, dass ihre Geschichten gut sind. Dass es Geschichten sind, die sonst niemand hat. 

Das können im Prinzip zwei Arten von Geschichten sein. Entweder Sie können so brillant schreiben, dass es auffällt - wie Sybille Hamann, Doris Knecht oder Rainer Nikowitz. Aber das ist wahrscheinlich schwierig zu erlernen. Oder sie bringen Geschichten. Das, was im Englischen scoops heißt und bei uns „Aufrisse". Das können Sie lernen, aber erstaunlicherweise versuchen es so wenige junge Journalisten. Dabei garantiere ich Ihnen: wenn Sie ein paar Geschichten veröffentlichen, die auffallen, weil sie gut sind und weil sie sonst niemand hatte, dann werden Sie binnen kürzester Zeit eine gefragte Frau oder ein gefragter Mann sein. Weil alle Redaktionen dieses Landes - bei allen Sparzwängen - solche Leute verzweifelt suchen. 

Sie können sich natürlich auch darauf spezialisieren, das, was andere recherchiert haben in eine neue Verpackung umzuschlichten, und möglichst effizient Agenturmeldungen umschreiben oder PR-Texte umformatieren - dann werden Sie auch irgendwie ihr Auskommen finden. Als journalistischer Fließbandarbeiter. Die sind gesucht, aber die gibt's auch im Überfluss und dementsprechend sind sie austauschbar und unterbezahlt.

Wenn sie wirklich E-Journalist werden wollen, dann müssen sie schon mehr können. Aber wie machen Sie das? Dazu möchte ich Ihnen jetzt noch ein paar ganz konkrete Tipps für die nächsten Jahre geben - die Veranstaltung soll ja auch einen gewissen Nutzwert haben:
Einer der wichtigsten Tipps ist: Ein guter Journalist sollte jeden Tag fünf neue Menschen kennenlernen. Pressesprecher und andere Journalisten zählen nicht. Schaffen sie sich ein ordentliches Adressbuch an, egal ob digital oder noch ganz analog auf Papier - und dieses Adressbuch sollte jeden Tag um fünf Namen voller werden. Es können auch mehr sein. Manchmal auch weniger, aber ein Tag ohne neuen Namen ist ein verlorener Tag. 

Schreiben Sie sich bei Menschen, die Sie da eintragen ein paar Notizen dazu, damit Sie in ein paar Monaten noch wissen, wer das war. Fragen Sie nach Handynummern, damit Sie nicht jedesmal über Sekretariate müssen. Und wenn sie gerade nichts zu tun haben, dann rufen Sie die Menschen aus ihrem Adressbuch an und fragen Sie, was es Neues gibt. Jeder Mensch, den Sie anrufen können, ist eine potentielle Quelle. Die uninteressantesten Quellen sind normalerweise Pressesprecher. Um die müssen Sie sich nicht bemühen, die lernen sie zwangsläufig kennen. Deshalb zählen sie auch nicht. Ziemlich uninteressant sind - jedenfalls für den Anfang auch Spitzenpolitiker. Journalisten, die die Telefonnummern von Politikern haben, gibt es schon genug. Viel interessanter sind die Mitarbeiter von Politikern und Spitzenbeamte und Experten. Menschen, die Ihnen Geschichten erzählen können, aber die ihnen nicht unbedingt was verkaufen wollen. Das große Kapital von Florian Klenk sind seine unglaublichen Kontakte im Justiz- und im Polizeibereich. Wann immer sich dort etwas tut - die Wahrscheinlichkeit ist relativ groß, dass Klenk es erfährt. Und zwar lange bevor es in der APA steht. Oder um andere Beispiele zu nennen: Michael Nikbaksh im Banken- und Finanzbereich. Oder Renate Graber. Oder Harald Fidler im Medienbereich. 

Gehen Sie auf Konferenzen, auf Veranstaltungen, auf Podiumsdiskussionen - wo immer interessante Leute auf einem Haufen sind, können sie neue Informanten finden. Viele Journalisten kennen vor allem andere Journalisten. Da werden Sie keine Aufrisse machen.

Natürlich müssen sie mit dem, was ihnen die Leute aus Ihrem Adressbuch erzählen, auch etwas anfangen können. Ein guter Journalist muss also nicht nur neugierig sein und möglichst kein Autist - er muss Informationen auch einschätzen, bewerten und einordnen können. Das heißt, machen Sie sich kundig. Reden Sie mit Leuten, die sich auskennen und lesen Sie. Vor allem - lesen Sie nicht nur österreichische Zeitungen. Bücher schaden auch nicht.

Nächster Tipp: Seien sie skeptisch. Die uninteressantesten Journalisten sind die, die immer mit der Meinung ihres letzten Gesprächspartners in die Redaktion zurückkehren. Viele Menschen, die mit Ihnen als Journalist sprechen, haben dabei ein Interesse. Nicht immer ist es das Interesse an der reinen Wahrheit. Um skeptisch sein zu können hilft es, wenn sie eine Ahnung haben, wovon sie reden und worüber sie schreiben. Auch hier bleibt das alte Diktum ewig gültig wonach ein Gramm Wissen schwerer wiegt als eine Tonne Meinung.

Seien Sie fleissig. Wenn Sie vor allem interessiert, wann Redaktionsschluss ist, damit Sie ihre Freunde treffen können, ist vielleicht Magistratsbeamter ein besserer Beruf für Sie. Oder Maurer. Journalismus ist ein Job ohne geregelte Arbeitszeiten - und Redaktionsschluss gibt es bei Online-Medien ohnehin keinen.

Sie sollten schnell sein. Journalismus ist nicht Wissenschaft. Die besten Geschichten, sagt ein erfahrener Kollege von mir oft, die besten Geschichten sind die, die auch erscheinen.

Seien Sie fair. Da habe ich eine etwas privilegierte Position. Wenn sie öfter im Fernsehen auftreten, wird aus irgendwelchen Gründen auch über Sie geschrieben. Und dabei lernen Sie sehr viel über unseren Beruf. Auch hier gilt die Goldene Regel: Gehen Sie mit den Menschen, über die Sie schreiben, so um, wie Sie es auch für Sie selber fair finden würden.

Fürchten Sie sich nicht. Sie müssen in Österreich nicht mutig sein für diesen Beruf. Journalisten in Russland, im Irak oder in Kolumbien müssen mutig sein. Aber in Österreich wird Sie niemand für ihre Arbeit einsperren, niemand wird sie foltern und niemand wird sie umbringen. Das gefährlichste, das Ihnen hierzulande als Journalist passieren kann, ist dass Sie einer am Telefon fünf Minuten lang anbrüllt. Wenn Sie das nicht aushalten, werden Sie lieber doch nicht Journalist. Sondern zum Beispiel Pathologe. Möglicherweise werden Sie auch mal geklagt. Wenn sie ihre Arbeit ordentlich gemacht hat, kann Ihnen das völlig egal sein - sie werden gewinnen. Also: fürchten Sie sich nicht.

Wenn Sie die Gelegenheit dazu haben und es sich für Ihr Leben vorstellen können - Gehen Sie ins Ausland. Die allermeisten von Ihnen haben das schon im Studium gemacht. Aber versuchen Sie im Ausland zu arbeiten. Es erweitert den Horizont ungemein. Ich habe nirgendwo so viel über unseren Beruf gelernt wie in dem Jahr, das ich in den USA, in Washington verbracht habe.

Und dann habe ich nur noch einen Rat für sie - aber vielleicht den wichtigsten: Wenn sie in diesem Beruf erfolgreich sein wollen, dann müssen Sie etwas wollen. Ehrgeiz ist ja ein ziemlich ambivalent besetztes Wort. Ich meine aber nicht Ehrgeiz als den ellbogen-bewehrten Kampf um ganz bestimmte Posten. Sondern Ehrgeiz im Sinn von „Ich will das, was ich mache, so gut wie irgendwie möglich machen" und „Ich möchte meine Arbeit morgen besser machen als heute". Es geht also um den Willen, nie gleich zufrieden zu sein mit dem was man kann, sondern dazu zu lernen und besser zu werden. Das hat auch sehr viel mit Leidenschaft zu tun. Ich möchte fast behaupten, dass Sie etwas, das Sie nicht mit Leidenschaft machen, nie wirklich gut machen werden. Jedenfalls nicht besser als andere.

Das wären also meine Ratschläge an Sie. Ich muss zugeben - leicht altklug und etwas onkelhaft. Ich bin aber sicher: Wenn ich all das auch selber beachtet hätte, wäre aus mir ein ziemlich ordentlicher und erfolgreicher Journalist geworden. So hatte ich vor allem eine Menge Glück und war oft durch einen glücklichen Zufall zur richtigen Zeit am richtigen Platz. Also mit Glück geht's natürlich auch. Nur sollten Sie sich darauf nicht verlassen - dazu sind die Zeiten in unserer Branche derzeit doch ein bisschen zu hart. Trotzdem wünsche ich Ihnen - zusätzlich zu all Ihren vielen Talenten - natürlich auch noch viel Glück für ihre Karrieren. Und falls Sie mal mein Chef oder meine Chefin werden sollten: Bitte seien Sie nett zu mir! (Armin Wolf)