Zeichnung: Andreas Putz

Jetzt geht es wirklich ans Eingemachte. In diesem Juryraum verliert man völlig das Zeitgefühl. Seit dreieinhalb Monaten treffen wir uns jetzt regelmässig, die anderen Juroren und ich, und verbringen die Tage schweigend vor Computerbildschirmen. Es ist wie auf einer riesigen LAN-Party. Kommuniziert wird ausschließlich über twitter. Es gibt Kekse. Manchmal lacht einer hysterisch auf. Das Gefühl dafür, wo unser eigener Körper endet und der Computer beginnt, haben wir völlig verloren. Heute morgen habe ich mir meinen Kaffee auf den USB-Stick geladen. Kaffee mit Ram. Hahahaha. HAHAHAHAHAHAHA! Mit RAM! Haha.

Heute hat das Festival offiziell begonnen, draußen füllt sich die Croisette. Hab ich auf Google Earth gesehen. Weather.com sagt, dass es bewölkt ist, auf Google StreetView scheint allerdings die Sonne. Die sollten Google Streetview wirklich öfter updaten, diese Loser. Hab ihnen ein Hatemail gepostet und aus Protest eine halbe Stunde nur mehr Yahoo benutzt. Dann aber aufgehört damit, weil ich Angst bekommen habe, die aktivieren die Computerkamera, ohne dass ich es merke und filmen mich heimlich und adden das auf secretcamera.com. Will ich dann doch nicht riskieren. Als Versöhnungsangebot google ich "Google is great". Hilft. Fühle mich besser. Bestätigt auch biorhythm online.

Trotzem bin ich müde. Aber einschlafen darf ich nicht. Ich darf nicht einschlafen. Wenn ich die Augen schließe, schaltet sich dieser hässliche Bildschirmschoner ein. Bildschirmschoner sind so 2008. (Von Andreas Putz, Geschäftsführer Jung von Matt/Donau und Mitglied der Cyber-Jury in Cannes, 22.6.2009)