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Grafik: APA

Wien/Bratislava - Die Billigfluglinie SkyEurope mit Sitz in Bratislava hat am Montag in der Slowakei Insolvenz für ihre operativ tätige Tochter SkyEurope airlines a.s. angemeldet. Man wolle unter dem Gläubigerschutz weiterfliegen und dabei alle Destinationen unverändert bedienen, sagte Finanzvorstand Nick Manoudakis am Montag in einer Telefonkonferenz. 

KPMG bezweifelt Fortführung

Genau das glaubt man aber beim Wirtschaftsprüfer KPMG unter Verweis auf die nackten Zahlen nicht. SkyEurope hat im Geschäftsbericht 2007/08 (bis 30. September) Verbindlichkeiten von 176,6 Mio. Euro ausgewiesen, davon 49,7 Mio. Euro langfristig und 127 Mio. Euro kurzfristig. Außerdem weist das Unternehmen bei einem Verlustvortrag von 189 Mio. Euro ein negatives Eigenkapital von 63,6 Mio. Euro aus. "Zum heutigen Zeitpunkt bestehen wesentliche Unsicherheiten hinsichtlich der Fähigkeit des Konzerns, seine kurz- und mittelfristig fälligen Verbindlichkeiten erfüllen zu können", hielt man im "Versagungsvermerk" fest.

Zwar habe der SkyEurope-Vorstand einen Geschäftsplan aufgestellt, wonach der operative Betrieb aufrecht erhalten bleiben könne. Der Plan umfasse Maßnahmen zur Überbrückung vorübergehender Liquiditätsengpässe und zur Verbesserung der operativen Erträge, aber "die Realisierbarkeit dieses Plans wurde unseres Erachtens nicht in ausreichendem Maß nachgewiesen", so KPMG. Man habe den Bestätigungsvermerk schließlich "aufgrund der vom Vorstand ungerechtfertigt angenommenen Unternehmensfortführung" verweigert.

58 Millionen Euro Verlust im Gesamtjahr

Laut dem Geschäftsbericht beträgt der Betriebsverlust im SkyEurope hat laut Geschäftsbericht im Geschäftsjahr 2007/08 58,1 Millionen Euro, etwas mehr als im November in den vorläufigen Zahlen angenommen worden war (56,1 Mio. Euro). Parallel dazu fiel das Eigenkapital mit 63,6 Mio. Euro um gut zwei Millionen schlechter aus als laut vorläufigen Zahlen (61,3 Mio. Euro). Befördert wurden 3,76 Millionen Passagiere, um 13,6 Prozent mehr als im Jahr davor. Der operative Umsatz stieg um 10,5 Prozent auf 260,9 Mio. Euro. Die Zahl der Mitarbeiter fiel von 927 auf 697.

Im Februar 2009 gewährte die slowakische Luftfahrtbehörde eine bis zum 25. Oktober 2009 befristete Betriebslizenz, heißt es im Geschäftsbericht weiter. Die Lizenz ist von einer Finanzüberprüfung des slowakischen Ministeriums für Transport abhängig. Danach erhofft sich das Unternehmen eine "langfristige Lizenz".

90 Tage Zeit

Manoudakis sagte am Montag, er habe nun nach slowakischem Recht 90 Tage Zeit für die Restrukturierung des Unternehmens und die Suche nach einem neuen Investor. Wenn nötig, könne die Frist um zwei Monate verlängert werden. Für alle, die schon ein Ticket haben, werde sich nichts verändern, bemühte er sich um Beruhigung.

Bis zum 29. Juni will SkyEurope die vorläufigen Zahlen ohne substanzielle Veränderungen als endgültige Zahlen veröffentlichen, sagte Manoudakis. Der Gläubigerschutz verhindere, dass aktuelle Kreditgeber gegen das Unternehmen vorgehen. Der Hauptinvestor York, der mehrmals seine Kreditlinie verlängert hat, unterstütze diese Maßnahme, sagte Manoudakis. Von anderen Investoren "hoffe" er es, aber "die erzählen uns das nicht".

Sonst gab sich Manoudakis bei Zahlen bedeckt. Es werde mit einem Finanzinvestor verhandelt, die Höhe des nötigen Kapitals sei "attraktiv". Zu den Schulden gegenüber Investoren oder dem Flughafen Wien sagte Manoudakis nichts. Kerosin werde wie in der Branche üblich im Voraus gezahlt, aber nicht etwa von Piloten in bar, sondern "aus dem Büro" über Rechnungen. Falls kein neuer Investor gefunden werde, "müssen wir nachdenken, wie wir in Zukunft weitermachen können", aber das sei "nicht notwendigerweise das Ende".

"Werden eher noch billiger"

Unverändert wolle man auch in Wien und Warschau an der Börse bleiben. Die wegen Insolvenz unter Gläubigerschutz gestellte Gesellschaft sei eine Tochter des börsenotierten Unternehmens, erinnerte Manoudakis. Auch das Geschäftsmodell eines Billigfliegers bleibt, SkyEurope werde eher "noch billiger".

Die Aktie, die an der Wiener Börse notiert, wurde bis 10 Uhr vom Handel ausgesetzt. Nach dessen Wiederaufnahme stürzten die Titel um 17,4 Prozent auf 0,19 Euro ab.

Restrukturierungsverfahren

Das beim zuständigen slowakischen Gericht eröffnete Restrukturierungsverfahren für die Tochtergesellschaft sei dem US-amerikanischen Chapter-11 Verfahren ähnlich, hieß es Montagfrüh in einer Aussendung des Unternehmens. Es gebe dazu ein "von einem Sachwalter erstelltes Restrukturierungsgutachten", und dieses sei "positiv ausgefallen".

Ende vergangener Woche hatte die sich schon seit Längerem in finanziellen Turbulenzen befindliche Fluglinie erneut einen Monat Zahlungsaufschub für zwei Kredite erhalten. Zudem hat die in Wien und Warschau börsenotierte slowakische Gesellschaft einen Kapitalschnitt im Verhältnis 5:1 vorgenommen.

Investor-Suche

Airline-Chef Jason Bitter sagte Anfang Juni, man sei derzeit auf Investorensuche. Mit drei Investoren-Gruppen werde verhandelt, die Gespräche sollten bis Jahresende finalisiert werden. Der SkyEurope-Großaktionär York Global Finance hat der Airline wie berichtet mehrmals einen Aufschub für die Rückzahlung von
Gesellschafterdarlehen in zweistelliger Millionenhöhe gewährt. (APA/red)